Musik an sich


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Haydn, J. (Christie)

Die Schöpfung


Info
Musikrichtung: Klassik Oratorium

VÖ: 23.11.2007

Virgin Classics / EMI
2 CD (AD DDD 2007) / Best. Nr. 00946 3952352


Gesamtspielzeit: 104:00



VOLLENDETE SCHÖPFUNG

Joseph Haydns Erfolgsoratorium Die Schöpfung liegt in derart vielen Einspielungen vor, dass man eine weitere Produktion nicht gerade sehnsüchtig erwartet. Auch scheint das interpretatorische Spektrum zwischen traditionell-romantisierend und postmodern-historisierend weitgehend ausgereizt.
Les Arts Florissants punkten in ihrer Produktion denn auch nicht mit einer bisherige Hörgewohnheiten umstürzenden Neufassung. Aber diese historisch informierte Einspielung ist im Ganzen so ausgezeichnet gelungen, dass sie ohne Vorbehalte empfohlen werden kann. Für die geplante LAF-Schöpfungs-Tournée im Dezember 2007 ist sie ein verheißungsvoller Auftakt.
Was dem Ensemble unter William Christie wie kaum einem anderen gelingt, ist die Verbindung von Präzision und Eleganz, ja Anmut. Natürlich gibt es auch hier den strahlenden C-Dur-Urknall der Lichtschöpfung. Natürlich steigt auch hier die Sonne mit grandioser Pracht im Orchesterklang empor. Die Tiere und Elementargewalten kommen vernehmlich zu Wort, wie Haydn sich das so gedacht hat: mit Lust am klangfarblichen Fabulieren und großer Liebe zu den Wundern der Natur.
Aber Christies Interpretation haftet dabei so gar nichts Vordergründiges oder Angestrengtes an. Verblendende Virtuosität ist seine Sache nicht. Obwohl die Darbietung organisch und wie aus einem Guss ist, entfaltet sich die Musik bei den Ausführenden doch ganz ungezwungen. Die innere Spannung kommt ganz aus der Musik selbst. Christie lässt den Klängen Raum zum atmen. Er hastet nicht und er überzieht die Effekte nicht. So gibt es immer wieder Gelegenheiten, die Textur der Musik artikulatorisch und dynamisch zu differenzieren und schöne Details herauszuarbeiten. Auch vermeintlich naive Wendungen wahren so ihren unschuldigen Charme.
Das Erzengel-Trio ist mit Genia Kühmeier, Toby Spence und Dietrich Henschel klangvoll besetzt, auch wenn mir Henschels knurriger Bassbariton bei den Soli nicht ganz zusagt. Nur leicht macht sich bei Spence ein britischer Akzent bemerkbar, ansonsten wird auch im französischen Chor ein ausgesprochen klares Deutsch gesungen. Sophie Karthäuser gibt mit dem Adam von Markus Werba ein im Duett berührend inniges Menschen-Paar ab. Die Freude an einer in jeder Hinsicht vollendeten (musikalischen) Schöpfung überträgt sich in dieser Produktion auf den Hörer.



Georg Henkel



Besetzung

Genia Kühmeier - Sophie Karthäuser, Sopran
Toby Spence, Tenor
Markus Werba, Bariton
Dietrich Henschel, Bassbariton

Chor und Orchester Les Arts Florissants

Ltg. William Christie


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