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Schwesterherz

Zarte Bande


Info
Musikrichtung: Deutscher Schlager / Deutscher Country-Pop

VÖ: 04.05.2007

(Sony-BMG)

Gesamtspielzeit: 38:35

Internet:

http://www.schwesterherz.info


Es war einmal eine Mutter, die hatte drei wunderschöne Töchter. Alle konnten sie so schön singen, dass sie unter dem Namen „Margitta und ihre Töchter“ das volkstümliche Musikgenre durchaus bereicherten, und nicht nur der Rezensent fragte sich bereits vor Jahren, ob sich der Nachwuchs nicht einmal auf eigene musikalische Füße stellen will, denn das gesangliche Potenzial der blonden Carina, der dunkelhaarigen Anja und von Nesthäkchen Maria war einfach unüberhörbar. So war es also auch kein Wunder, als man immer öfter aufhorchte, wenn in der deutschen Radiolandschaft herrlicher Harmoniegesang ertönte, verbunden mit der Ansage, dass es sich hierbei um das Trio Schwesterherz handelt. Nun liegt also das Debüt-Album Zarte Bande vor und wartet auf Kommentare. Kein Problem, los geht´s!

Der Opener „Der Richtige“ ist aus dem Radio schon bestens bekannt und hat bereits dort für Begeisterung gesorgt, denn schon die ersten Worte „Weiberabend auf dem Sofa“ charakterisieren nicht nur den ersten Song. Drei Mädels (sorry: junge Frauen) sitzen beisammen und trinken auf ihre jeweilig favorisierten Männertypen und auch auf die entsprechenden Looser. Die Idee ist schon nicht schlecht gewählt, aber die gesangliche Umsetzung (hier wird der Begriff „Harmoniegesang“ neu definiert) und die musikalische Begleitung (ist das etwa Country???) scheinen in dieser Kombination bisher nicht da gewesen zu sein. Die Wurzel dessen ist aber schnell entdeckt, denn Christoph Leis Bendorf, Rudi Müssig und Frank Ramond, die für Text und Musik dieses Albums verantwortlich zeichnen, sind schon seit Jahren für „Truck Stop“ aktiv und können somit dem Begriff „Country“ schon so einiges abgewinnen. Und wenn Truck Stop-Gitarrist Dirk Schlag und Pedal-Steel-Legende Nils Tuxen auch bei den Schwesterherzen in die Saiten greifen, kommt Nashville direkt ins Haus.

„Jede Menge Mann“ beschreibt das nicht einfache Leben des Sohns einer allein erziehenden Mutter, der den Alltag zu managen hat und daher schon so viel mehr „Mann“ ist als alle anderen. Eine hervorragende – wenn auch ein wenig rührselige – Geschichte, die musikalisch perfekt umgesetzt wurde. „Nur weil zwei Menschen sich verlieben“ mit dem gedachten Untertitel „Wenn Opa damals Oma nicht kennen gelernt hätte, ...“ beginnt mit einer stilechten Country-Fiddle und lässt eine wunderbare Ballade folgen, die – garniert mit Gitarre und Pedal-Steel – auch in den Country-Billboard-Charts ihre Erfolge feiern könnte, denn man hat immer öfter das Gefühl, den deutschen „Dixie Chicks“ zuzuhören, wobei die Harmonien bei der deutschen Ausgabe noch feiner und dezenter ausfallen als bei der amerikanischen Variante. Der Gesang bewegt wie sich wie auf einem stramm gespannten Zwirnsfaden, absolut sauber und gradlinig, ohne dabei steril zu wirken. Bei „Küss mich“ erwartet man die Stimme von Keith Urban, denn die flott groovende Mandoline-Drums-Kombination kennt man aus den amerikanischen Charts, doch dann sind Carina, Anja und Maria wieder da und zeigen, wo die neue Hoffnung des deutschen Schlagers (oder ist das schon Country-Pop?) liegt. Ganz gleich, ob Ballade oder wie in diesem Fall ein flotter Uptempo-Song: Es stimmt alles, und die Gänsehaut gibt es gratis dazu.

Bei „Papa wollte Jungs“ wird dem „armen“ Vater des Geschwistertrios ein Lied gewidmet, da er sich angeblich immer einen Jungen gewünscht hat, und doch nur Mädels bekommen hat. Der satte Groove, die knackige Gitarre und der Wortwitz machen dies Lied zu einem Highlight des Albums. Und dem Vater kann man nur bestätigen: Gut gemacht! Weiter geht es zum nächsten Gänsehauttitel: „Dieser Tag ist für immer“, eine Ballade, die im Background nur durch eine dezente Gitarre und eine gelegentliche Geige getragen wird, die ein irisch-schottisches Feeling entstehen lassen. Das Thema „Trennungsschmerzbewältigung“ prägt den Titel „Mädels müssen tun (was Mädels tun müssen)“, der damit auch die Frauenpower in sich trägt, die man bereits der ersten Hälfte des Albums angenehm angehört hat, und sich auch bei „Irgendwann“ fortsetzt.

„Bye bye, Kinderzimmer“ geht mit knackigen Drums und Gitarren voran und erzählt die Geschichte des Auszugs aus dem Elternhaus mit all den Emotionen und Impressionen, die eine solche Trennung mit sich bringt. Man kann sich herrlich in die junge Dame hereinversetzen, die ihre Erinnerungen mitteilt, aber gleichzeitig die Freude auf den neuen Lebensabschnitt spürt. Als Trost für die Eltern bleibt die Ankündigung, am Sonntag wieder da zu sein. Schöne Geschichte, locker erzählt und musikalisch super aufbereitet. Wie gut Schwestern zusammenhalten, wird in „Schwesterherzen“ erzählt, und hier wird nun die bisher brillant gezeigte musikalische Harmonie mit den emotionalen Fäden bestückt, und – wie es zum Thema passt – ist mal wieder alles aus einem Guss. Bei „Hey Mond“ wird wieder Gas gegeben, denn die jungen Damen sind verliebt und auf der Suche nach dem Objekt ihrer Begierde. Neben den markanten Drum-Grooves gibt das Akkordeon von Werner Becker dem Song ein stabiles und flottes Gerüst, auf dem die Ladys herumturnen dürfen. „Auch wenn wir jetzt gehn“ ist die Fortsetzung von „Bye bye, Kinderzimmer“ auf einer anderen Ebene, denn diese traumhaft schöne Ballade ist der musikalische Abschied von „Margitta und ihre Töchter“ und die Hinwendung zu Schwesterherz und wird bei vielen Zuhörern eine Gänsehaut hinterlassen. Als Bonustrack bildet „Wo bist du?“ den Schluss von Zarte Bande und ist dem Mann gewidmet, den sie zwar noch nicht kennen, der aber bei den Dreamgirls sicher nicht allzu lange auf sich warten lassen dürfte.

Fazit:

Schön, dass es so etwas gibt. Das hat der deutschen Schlagerlandschaft bisher gefehlt: brillanter Harmoniegesang im modernen Stil, gepaart mit Country- und Folk-Elementen, die nicht verdeutscht und versimpelt, sondern mit Original-Sounds und –Grooves daherkommen. Dazu Texte, die man den drei Schönheiten durchaus abnimmt und die authentisch klingen, denn Carina, Anja und Maria haben bei jedem Song entschieden, ob der Titel zu ihnen passt oder nicht und ob er auf das Album kommt. Heraus kam eine CD mit locker geschriebenen Texten, die perfekt zum blitzsauberen Gesangsstil des Trios passen. Wenn die Damen und Herren Radiomoderatoren ein wenig Geschmack beweisen dürfen, werden wir in Zukunft sicher noch so einiges von Schwesterherz zu hören bekommen. Und das ist gut so! In meine Radiosendungen hab ich sie jedenfalls bereits fest eingeplant! Man hört sich!

Lothar Heising







Trackliste
1Der Richtige3:23
2Jede Menge Mann3:27
3Nur weil zwei Menschen sich verlieben3:52
4Küss mich3:42
5Papa wollte Jungs3:19
6Dieser Tag ist für immer3:16
7Mädels müssen tun3:11
8Irgendwann3:29
9Bye bye Kinderzimmer3:22
10Schwesterherzen3:47
11Hey Mond3:23
12Auch wenn wir jetzt gehen3:21
13Wo bist du?3:46

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