Musik an sich


Editorial

„Wie bewertest du eigentlich?“, wurde ich kürzlich von einem Freund gefragt, nachdem er sich bei MAS umgesehen hatte. Ja, wie eigentlich? Eines sei dazu gesagt: Die Bewertung ist für mich, und ich glaube nicht nur für mich, das Schwierigste überhaupt beim Schreiben der Rezensionen. Wo setzt man die Messlatte an? Würden alle Redakteure und Redakteurinnen ein- und dieselbe CD gleich bewerten? Wohl nicht. Jeder Mensch wird da im Laufe der Zeit seine ganz persönlichen Vorlieben entwickelt haben.

Vielleicht sollte man CDs überhaupt erst dann bewerten, wenn man sie monatelang im Schrank stehen hatte und sie oft gehört hat?! Und dann abschätzen, wie oft man „Lust“ auf die CD hatte? Möglicherweise wäre das der Königsweg. Geht aber aus nachvollziehbaren Gründen nicht.

Zurück zum Thema „Wie bewertet Andreas W. Fieseler?“. Zunächst mal dies: Es gibt für mich kaum wirklich schlechte Musik. Höchstens mal absolut überflüssige. Mir ist wichtig, dass mich die Musik „anspringt“, dass ich aufhorche, dass ich die Anlage lauter drehe um nichts zu überhören. Das wären dann schon mal zehn Punkte. Dann darf bei mir nicht das Gefühl aufkommen, dies alles schon mal gehört zu haben. Das sind dann noch mal bis zu fünf Punkte. Die restlichen Punkte oder Punktabzüge vergebe ich dann mehr unter technischen Gesichtspunkten. Wie klingen die Instrumente und Stimmen? Spielen sie zusammen, oder bekämpfen sie sich? Stehen sie klar im Raum oder klingt alles gequetscht und künstlich?

Manche Tontechniker neigen ja bekanntlich dazu, spielerisches Unvermögen z.B. mit einem dröhnenden Bassteppich zu kaschieren. Letztendlich bewerte ich nicht nur die Musiker, sondern in erster Linie einen Tonträger! Und „bewerten“ kann ich nur, was ich höre. Auch textlich sollte da etwas, wenigstens ein klitzekleines Etwas, rüberkommen. So passiert es eben, dass ein völlig unbekannter Bänkelsänger von mir doppelt so viele Punkte bekommt, wie eine bekannte Band mit einer absolut indiskutablen und damit überflüssigen CD.

Deswegen kann ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, nur empfehlen: Lesen Sie die Rezensionen. Die Redakteurinnen und Redakteure geben sich alle die größte Mühe, die CDs genauestens zu beschreiben und ihnen ihre ganz persönlichen Ansichten zu vermitteln. Achten sie nicht nur auf die finalen Punktevergaben.

In diesem Sinne: „Schlechte Musik gibt es nicht“.

Andreas W. Fieseler