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Musik an sich
 
Johann Gottlieb Naumann - Aci e Galatea
18.10.2002 (Orfeo)
Klassik
 

Geller, Homrich, Barockorchester Stuttgart, F. Bernius

Johann Gottlieb Naumann gehört zu den zu Unrecht vergessenen Komponisten, aus deren Schaffen noch viel interessantes Material der Entdeckung harrt. Außer seinem "Vater unser" und der von dem gebürtigen Sachsen komponierten schwedischen Nationaloper "Gustaf Wasa" ist kaum etwas von ihm in Erinnerung geblieben. Zuletzt hat sich René Jacobs 2001 mit einer konzertanten Aufführung von "Cora und Alonzo" in Halle und Dresden (MAS berichtete) darum verdient gemacht, Naumanns Musik zu ihrem Recht zu verhelfen.

Gleiches versucht nunmehr auch Frieder Bernius mit dieser Einspielung. Und, um es vorweg zu nehmen: Es gelingt auch ihm vortrefflich.

"Aci e Galatea" ist die letzte Oper, die Naumann vollendet hat. In ihr kulminieren all seine Fähigkeiten und Erfahrungen, werden die überkommenen Konventionen überwunden, so dass eine lebendige Charakterisierung der Personen gelingt, übergreifende Strukturen an die Stelle der bloßen "Nummernrevue" treten, eine differenzierte Orchesterbehandlung zu Tage tritt, die in dieser Epoche so noch keineswegs selbstverständlich war.

Das Libretto lieferte G. Foppa, der auf einen mythologischen Stoff zurückgriff: Der Zyklop Polifemos beäugt eifersüchtig die Liebe zwischen dem Hirten Aci und der schönen Nymphe Galatea. Nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen gelingt es ihm letztlich mit Hilfe eines Hinweises seines Kompagnons Oronte, Aci zu töten. Doch Galatea will lieber diesem in den Tod folgen, als ihm untreu zu werden oder ohne ihn zu leben. Diese Standhaftigkeit erweicht ihren Vater Neptun, der als deus ex machina das Paar wieder unversehrt zusammenführt.

Diese Geschichte bot Naumann ausreichend Gelegenheit sowohl für tonmalerische Natur- und Geschehensschilderungen, wie für Liebesarien, Klagelieder und musikalische Wutausbrüche, kurz, für knapp 2 Stunden äußerst unterhaltsame Musik.

Dass diese zur Geltung kommt, ist in allererster Linie Frieder Bernius zu verdanken, der das Ensemble kundig und erfahren leitet und dafür sorgt, das der musikalische Fluß in keinem Moment erlahmt. Er legt dabei ein eher straffes Tempo vor und arbeitet die Akzentuierungen und Kontraste deutlich heraus. Auf diese Weise bringt das kraftvoll spielende Orchester den Farbenreichtum der Partitur optimal zum Leuchten. Der Kammerchor Stuttgart brilliert bei seinen nicht eben seltenen Einsätzen mit scharfer Artikulation und exakter Intonation (besonders gelungen: Der Chor der Zyklopen jeweils zum Anfang der beiden Akte.).

An die Solisten stellt Naumanns Werk beträchtliche Anforderungen, denen sich indes fast alle Mitwirkenden gewachsen zeigen. Hervorzuheben sind dabei Brigitte Geller als Galatea und Klaus Häger als Polifemo. Brigitte Geller gibt der Nymphe mit ihrer auch in der Höhe noch weich und geschmeidig wirkenden Stimme einen romantisch-verträumten Stimmcharakter, während Klaus Häger mit Erfolg bemüht ist, den Zyklopen furchterregend zu zeichnen, wobei ihm eine ungeheuer bewegliche, vielseitige Baritonstimme zu Gebote steht.

Mit ähnlich viel Spielwitz und gelungener Charakterisierung wartet der renommierte Ulf Bästlein als Orgonte auf. Christiane Libor und Marcus Ullmann gefallen als paralles Paar (das "Dienerpaar") Dorinda und Lisia, wobei man von Ullmanns ausgezeichnetem Tenor gerne mehr hören würde, als seine Partie zuläßt.

Dies um so mehr, als der eigentliche Tenor Martin Homrich in der Rolle des Aci nicht ganz zu überzeugen vermag. Sein Gesang wirkt, sobald das Mittelband verlassen ist, zu druckvoll und angestrengt, mit den Verzierungen zeigt er sich teilweise überfordert. Sein Hirt wird zu einem verkümmerten Tenor-Helden bzw. Heldentenor, wie ihn erst die Oper des 19. Jahrhunderts hervorgebracht hat und der in diesem Sujet deplaziert erscheint.

Weil aber die Stimme des jungen Siegeners als solche durchaus angenehm ist, vermag dieses Manko den positiven Gesamteindruck der Aufnahme nicht ernsthaft zu gefährden.

Die Tonqualität erreicht nicht ganz das Optimum und läßt manchmal glauben, es handele sich um einen - wenn auch guten - Live-Mitschnitt. Das Booklet enthält einen informativen Begleittext, sowie das Libretto in Original und Übersetzung.

18 von 20 Punkte

Sven Kerkhoff

Bezugsquellen:
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