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Musik an sich
 
Rhapsody
 

Wer wie ich seine Italienkenntnisse hauptsächlich aus Bud Spencer und Terence Hill-Filmen speist, stellt sich die Gründung dieser Aufgeblasene Backen-Vereinigung um Chefzuckerbäcker Luca Turilli irgendwie romantisch vor. So mit ordentlich Hauerei, viel zu Essen und so. Aber es war ganz anders.

Tatort Mailand, Opernhaus, irgendwann um 1995 herum. Der insgesamt als unzuverlässig geltende Hausmeister Alfredo G. zischt während der laufenden 20.00 Uhr-Vorstellung den elften Ramazotti. Sein Deutscher Schäferhund Alfred liegt gelangweilt neben ihm im Abstellraum, wo beide wenig pompös residieren. Nur eine Tür trennt sie vom Orchestergraben, in dem wie üblich klassisch musiziert wird. Alfredo tut sich weiter an seinem Ramazotti-Vorrat gütlich und schaut auf einem kleinen Fernseher AC Berlusconi gegen Juventus Fiat. Da plötzlich fällt die Glotze aus. Wutentbrannt tritt er dreimal gegen das eckige Plastik, aber die Röhre bleibt kalt. "Dann muss ich mir halt auf anderem Wege Unterhaltung verschaffen", denkt sich ein benebelter Alfredo und erfüllt sich einen lang gehegten Wunsch. Kurzentschlossen öffnet er die Tür, um Schäferhund Alfred auf die lärmenden Frackträger zu hetzen. Dieser erledigt seinen Job gehorsam, weil er a) ein Deutscher Schäferhund ist und b) von Haus aus lieber Marschmusik hört. Es gibt ein zünftiges Durcheinander, alles kreischt, Oboen und Harfen fliegen durch die Gegend. Die Zuschauer verlassen laut schimpfend den Saal, nur hinten links, auf den ganz billigen Plätzen, sitzt ein blasser junger Mann mit Zottelmähne und grinst sich eins. "Diesen Sound möchte ich mit meiner E-Gitarre in die Welt tragen", denkt sich Luca Turilli. Wenige Monate später ist ein neuer Metalstil-Stern am Firmament aufgegangen, den sein Erfinder Epic Hollywood Brad Pitt Bombast Metal oder so ähnlich tauft. Der Banger-Nachwuchs ist aus unerfindlichen Gründen begeistert, die Auskenner kriegen Lach- oder Heul- oder Magenkrämpfe. Ich hingegen halte fest: Es reicht, eine CD von Vivaldi und eine von Beethoven gegeneinander anspielen zu lassen und das ganze mit Zick-Zack-Riffs zu unterlegen, um als neuer Held gefeiert zu werden. Eine ernüchternde Erkenntnis.

Kleiner Nachtrag für jene, die sich für die Story hinter der Story interessieren: Hausmeister Alfredo G. wurde festgenommen und zur Strafe von einem dicken Kommissar mit Vollbart zünftig verhauen (na endlich). Diese Prozedur beinhaltete unter anderem die klassische Backpfeife mit einem Ausholradius von zwei Metern und das gern genommene Kopf-gegen-die-Wand-krachen lassen. Alfredo konnte ebenfalls einen Treffer setzen, erntete mit seinem Schlag in die Magengrube des Dicken aber nur ein Augenrollen und die nächste Backpfeife. Des weiteren war ein dünner blonder Kollege anwesend, der die Schläge des Fettsacks mehr oder weniger lustig kommentierte. Nach dieser Behandlung musste Alfredo beiden Unmengen von Spagetti kochen und wurde dann als gebrochener Mann entlassen.

Schäferhund Alfred sollte verschont werden, bat aber um eine standesrechtliche Erschießung. Diesem Wunsch wurde nach drei Jahren, sieben Bestechungsaffären und vierundzwanzig Gerichtsreformen entsprochen. Alfreds letzte Worte waren keine Worte, sonder ein zackiger Gruß.

Till Burgwächter

Mehr von Till gibt's auf seiner Homepage www.adam-und-till.de

 

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