Musik an sich


 
Inhalt
News
Reviews
Leserbriefe
Links
Impressum
 
Musik an sich

 
Interview mit Saviour Machine -
Ein wenig Licht in einen ziemlich schwarzen Markt hineintragen

 

Saviour Machine haben große Ambitionen - die sogar über ein 5-Stunden-Werk hinausgehen.

Neben Mortification und Narnia ist Saviour Machine eine der ganz wenigen christlich-missionarischen Bands, denen es gelungen ist, sich bei einem säkularen Label und auf dem säkularen Markt zu etablieren und mittlerweile seit fast zehn Jahren zu behaupten. Mit den beiden spektakulären Alben "I" und "II" und ihren Liveauftritten, die auf der CD "Live in Germany" dokumentiert sind, erarbeiten sie sich den Ruf einer extrem fesselnden und charismatischen Band im Gothic-Rock-Bereich - mit großem Ausrufezeichen hinter dem Wort "Rock". Nicht zuletzt dem pathetischen Auftreten und der düster-melancholischen Stimme von Sänger und Bandkopf Eric Clayton ist es zu verdanken, dass ihre Konzerte gelegentlich den Eindruck (schwarzer) Messen hervorriefen.

Seit 1995 arbeiten Saviour Machine an einem Mammutprojekt. "Legend" lautet der Titel einer musikalischen Umsetzung der biblischen Offenbarung. Mit Legend "III:1", ist soeben die dritte von vier jeweils knapp 80-minütigen CDs erschienen. Nach Vollendung des Legend-Projektes ist die Auflösung von Saviour Machine angekündigt.

Wir haben das zum Anlass genommen, Eric Clayton zu fragen, wo er sich einordnet zwischen den klassischen Komponisten biblischer Monumentalwerke, den "bösen" Metalbands des 20. Jahrhunderts und seinen Geschwistern im Glauben.

MAS:
Eric, als wir das letzte Mal miteinander gesprochen haben (1996 anlässlich der Deutschandtournee gemeinsam mit Veni Domine und den Soul Cages), wart ihr gerade dabei, euer Album "II" live vorzustellen. Aber schon damals hast du am Konzept für das Legend-Projekt gearbeitet. Sechs Jahre Beschäftigung mit einem Projekt - wird das nicht langweilig?

EC:
Nein, langweilig ist es mir nicht geworden, aber es war eine Last. An der Vollendung diese Werks zu arbeiten, ist als trage man eine Berg mit sich herum.

MAS:
Ist das der Grund für die angekündigte Auflösung von Saviour Machine nach Vollendung von Legend III:2?

EC:
Es ist mit ein Grund. Wir haben uns in der Band entschieden, nach diesen arbeitsreichen Jahren erst einmal einen Schlusspunkt zu setzen und uns etwas zurückzuziehen.

MAS:
Hat es in den Jahren, in denen Legend langsam gewachsen ist, Veränderungen an deinem Masterplan gegeben?

EC:
Eigentlich nur in einer Hinsicht. Ursprünglich wollte ich Legend III als Doppelalbum veröffentlichen. Aber so ein Projekt muss auch finanziert werden. Unsere Plattenfirma hat uns dann gebeten, das Doppel-Album in zwei einzelne CDs aufzusplitten, die leichter zu verkaufen sind.
Aber das hat natürlich auch einen Vorteil. So bekommen die Fans jetzt schon neues Material von uns, statt darauf warten zu müssen, dass Legend in einem Jahr vollständig fertig gestellt sein wird.

MAS:
Nach Veröffentlichung von Teil III:2 wird Legend einen zeitlichen Umfang von über fünf Stunden haben. Damit stellt ihr sogar klassische Großwerke wie den Messias von Händel oder Mendelssohn-Bartholdys Elia locker in den Schatten. Wie siehst Du das Verhältnis von diesen klassischen Werken zu Legend?

EC:
Oh, dazu sage ich lieber nichts. Das ist nicht die Aufgabe für einen Musiker selber. In verschiedener Hinsicht kann man Legend vielleicht als moderne Oper betrachten. Aber ich überlasse es lieber anderen und der Zeit, Legend seinen Platz in der Musikgeschichte anzuweisen.

MAS:
Die unterschiedlichsten biblischen Themen sind in der Vergangenheit bereits vertont worden, Saul, Elia, die Evangelien. Eine Vertonung der Offenbarung kenne ich bislang nicht.

EC:
Das stimmt. Das war auch etwas, was mich dazu inspiriert hat, dieses Projekt 1995 zu beginnen, zum ersten Mal den Versuch zu machen, die gesamte Apokalypse (oder der Offenbarung, so die deutsche Übersetzung des griechischen Begriffs - Anm.d.Autors) musikalisch umzusetzen.

MAS:
Apokalyptische Bilder werden im Heavy Metal gerne benutzt, nicht erst seit Iron Maidens "The Number of the Beast". Offensichtlich passen sie gut zum "evil image" der Metalbands. Spielte eure Zuordnung zu diesem Genre eine Rolle bei der Themenwahl?

EC:
Nun, wir gehen ja von einer ganz anderen Seite an das Thema heran. Wir wünschen uns, dass es uns gelingt, die Menschen zu erleuchten. Wir möchten ihnen ein Stück solides Wissen über die biblischen Prophezeiungen vermitteln. Wir wollen uns auf keinen Fall daran beteiligen, dieses wichtige Thema zu verkitschen.

MAS:
Gibt es eine spezielle Message, die ihr mit eurer Interpretation der Apokalypse vermitteln wollt ?

EC:
Wir sind bei unserer Arbeit von der Bibel inspiriert worden. Es ist aber nicht unser primäres Ziel zu den Menschen zu predigen. Wir wollen dies faszinierende Werk in eine musikalische Sprache übersetzen. Vielleicht können wir damit aber auch einen neuen Zugang zur Bibel eröffnen und Menschen, die sonst nie eine Bibel aufgeschlagen hätten, Mut machen, doch einmal in sie hinein zu schauen.

MAS:
Ihr habt nicht nur Material aus dem Buch der Offenbarung genommen.

EC:
Nein, Legend umfasst Texte aus der gesamten Bibel, sowohl aus dem Alten, wie dem Neuen Testament. Es gibt eine Menge Textstellen, die einen engen Bezug zu den Prophezeiungen über die Endzeit haben. Nimm zum Beispiel das Buch Daniel, oder bestimmte Texte aus den Propheten Jesaja und Hesekiel.

MAS:
Die Offenbarung gilt als die Schrift in der Bibel, die am schwersten zu verstehen ist. Wie hast du dich auf die Arbeit daran vorbereitet?

EC:
Ich bin kein Theologe. Ich habe auch nie ein wissenschaftliches Studium absolviert. Ich habe mich einfach zehn Jahre lang mit der Thematik beschäftigt. Ich bin auch mit älteren und weiseren Menschen im Gespräch darüber gewesen. Und nicht zuletzt ist das Gebet, das Gespräch mit Gott, ein wichtiger Teil der Arbeit gewesen.

MAS:
Es gibt sehr unterschiedliche Interpretationen der Offenbarung. Manche sehen darin die wortwörtliche Vorankündigung zukünftiger Ereignisse. Für andere ist sie eher symbolisch zu verstehen, ein politisches Buch, mit dem die im Untergrund lebenden Christen, verkünden wollten, dass auch das für die Ewigkeit gebaut zu seiende römische Reich, das sie verfolgte, einmal zerbrechen wird. Das musste natürlich verschlüsselt gesagt werden, sonst hätte man ja sofort neue Verfolgungen provoziert.

EC:
Es gibt sogar drei Wege die Offenbarung zu interpretieren. Man kann sie wortwörtlich verstehen, historisch oder symbolisch deuten. Ich selber bin davon überzeugt, dass man sie wörtlich nehmen sollte - auch wenn sicherlich historische Andeutungen und symbolische Stellen in ihr enthalten sind.

MAS:
Lass uns einen thematischen Sprung machen und zur Musik zurückkommen. Hast Du je überlegt, ob du neben dir nicht auch andere Sänger einsetzen solltest? Die Offenbarung bietet ja genug Charaktere, um ähnlich wie bei der Rockoper Jesus Christ Superstar oder "Into the electric Castel" von Ayreon vorzugehen.

EC:
Ich habe immer wieder darüber nachgedacht; mich dann aber doch dazu entschlossen auf den CDs alles selber einzusingen. Sollten wir Legend einmal live präsentieren dann könnte ich mir gut vorstellen, mit einer ganzen Anzahl von Sängern zu arbeiten.

MAS:
Zu behaupten, die Legend-CDs hätten mich gelangweilt, wäre weit übertrieben, aber stimmungsmäßig bieten sie mir etwas zu wenig Abwechslung - auch im Vergleich zu Saviour Machine I und II.

EC:
Das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Ich denke, dass Legend sogar über weitaus mehr verschiedene Atmosphären verfügt als I und II.

MAS:
Wird es denn auf Legend III:2 stärkere Veränderungen geben? Immerhin werdet ihr dort nach dem endgültigen Untergang dieser Welt sicher auch die Schilderung des neuen himmlischen Jerusalems thematisieren.

EC:
Oh ja. Wir werden dort eine Stimmung voller Jubel erreichen. Gerade auch im Interesse von den Leuten, die uns die ganzen Jahre begleitet haben - hindurch durch eine häufig düstere und eher bedrohliche Atmosphäre. Es wird die schönste Musik sein, an der ich je beteiligt war, ein Abbild der Schönheit, die hinter der ganzen Geschichte liegt.

MAS:
Wir sind gespannt. Vor einiger Zeit hast du dem ROCK HARD ein Interview gegeben. Darin haben mich einige Aussagen von dir überrascht. Zum einen sprichst du davon, dass der Kampf zwischen Juden und Moslems die älteste Blutfehde der Welt sei. Sie habe schon vor 6000 Jahren begonnen. Wie geht das? Mohammed der Gründer des Islam hat erst vor knapp 1400 gelebt.

EC:
Der Streit hat dennoch schon viel früher begonnen. Das geht auf Ismael und Isaak, die Söhne Abrahams zurück. Beide hatten Streit und Ismael ist der Stammvater der Muslime geworden, Isaak der Stammvater der Juden. (Hier greift wieder Erics wörtliches Verständnis der Bibel. Danach hat Abraham ca. 4000 vor Christus gelebt. Realistisch ist - bei großer Schwierigkeit der Datierung - die Zeit zwischen 2000 und 1500 vor Christus. Die mythologische Rückführung der Araber, nicht nur der Muslime, auf Ismael, ist aber a) mit Sicherheit nicht historisch und b) deutlich jünger. - Anm.d.Autors)

MAS:
In dem Artikel wird dir der Satz, als überzeugter Christ haltest du nichts von der organisierten Religion der Kirchen, zugeschrieben. Stimmt das so?

EC:
Ich bin überzeugt, dass keine der historischen Religionen wirklich christlich ist. Der Mensch ist nicht in der Lage sich wirklich rein zu halten. Das heißt aber nicht, dass ich gar nichts mit den Kirchen zu tun haben will. Ich habe Kontakt zu mehreren Denominationen. Ich habe auch dort schon gesprochen oder Jugendgruppen besucht. Da ich aber nirgendwo eine Denomination gefunden habe, die 100%ig Christus entspricht, habe ich mich auch selber keiner Denomination fest angeschlossen.

MAS:
Als überzeugte Christen seid ihr bei einem Label unter Vertrag, dass auch eine ganze Anzahl von Bands unter Vertrag hat, die un-, oder sogar dezidiert antichristlich auftreten. Ist das für Dich ein Problem?

EC:
Nicht wirklich. Ich habe bislang mit niemandem Schwierigkeiten bekommen. Sie tun halt, was sie tun. Unser Vertrag mit Massacre gibt uns die Möglichkeit ein wenig Licht in einen ziemlich schwarzen Markt hineinzutragen, der nicht sehr viel Hoffnung zu bieten hat.

MAS:
Ein schönes Schlusswort. Lass uns abschließend aber doch noch wissen, ob wir die Chance haben, euch vor eurer Selbstauflösung noch einmal live in Deutschland zu erleben.

EC:
Ja, zwei Termine sind fest gebucht. Die Christmas Rock Night in Ennepetal am 9.12. (Infos: www.christmasrocknight.de - Anm.d.Autors) und ein weiteres christliches Festival im März 2001. Dazwischen werden wir an Legend III:2 arbeiten. Und wenn die Scheibe veröffentlicht ist, wird es eine große Farewell-Tour geben, wahrscheinlich die längste Tour, die wir je gemacht haben.

Norbert von Fransecky
 

Inhalt | Impressum | Links | News | Reviews | Leserbriefe
zur Homepage | eMail Abo bestellen | Download aktuelle Ausgabe