Musik an sich


 
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Pulp - We Love Life
Brit-Pop

 

Zugegeben, PULP-Alben sind oft weit davon entfernt, perfekt zu sein. Auf der einen Seite haben wir pathetische Hymnen, auf der anderen Seite ver- schrobene Avant-Pop-Songs, dieses Mal produziert von Scott Walker, dessen 60-er Alben im Ansatz dieselbe Atmosphäre haben, von der man nie weiß, soll man sie lieben oder hassen...

Das alles aber, all diese offensichtlichen Mängel, alle Schwächen, die man bei genauerer Betrachtung finden kann, halten dieses wie auch keines der Vorgängeralben davon ab, ein künstlerischer Triumph zu sein.

"Different Class" - "This Is Hardcore" - "We Love Life" Ein weiter Weg für eine Band. Innerhalb von einigen Jahren entwickelten sich PULP von der Britpop-Welle an die Oberfläche und, vor allem, in die Charts gespült, von der Partyband mit großen Melodien, Hits wie "Common People" und "Disco 2000" und wundervollen Texten zum Vorreiter und zur künstlerischen Spitze der Bands des beginnenden 21. Jahrhunderts, mit elegischen Songs, elektronischen Beats, Gitarren und - nach wie vor - großartigen Texten.

Das neue Album eröffnet mit einer zweiteiligen "Suite": "Weeds" Im ersten Teil dominiert klassische Songstruktur, Sänger Jarvis Cocker mimt den Sprecher des (Un)Krauts: "We are the weeds/vegetation/dense undergrowth" Der zweite Teil jedoch bietet einen düsteren Monolog über eben dieses Kraut, und man begreift spätestens hier, was der Song soll: eine Metapher ist das - "ausgebeutet" von Geldmachern wird das Kraut auf Dinnerparties verkauft - genauso werden Musiker und Bands vermarktet - kurz: Das ganze ist eine heftige Abrechnung mit dem Musikbusiness.

Das Album hat Schwachstellen, ja, durchaus, aber konzentrieren wir uns auf das Wesentliche: die Natur als Symbolgruppe durchzieht alle Lieder, stellt in erster Linie Aspekte des Schicksals dar. "Weeds", "Trees", "Birds In Your Garden"... es würde zu weit führen, alles zu analysieren. Dazwischen erzählt die Band wunderbare kleine Geschichten, Alltagsbeobachtungen und Monologe, skizziert eindringlich Charaktere und setzt Akzente.

Das ist auch das, was ich Pulp zugute halte: Sie sagen, was sie meinen und das Album ist eines der stimmigsten seit langer Zeit.

Keine Möglichkeit besteht, an dieser Stelle alle diese wohltuenden Einfälle zu beschreiben, musikalisch wie textlich, deshalb bleibt mir nur, dieses Album zu empfehlen und mit einer Zeile zu schließen, die das Album (und im übrigen die Rolle Pulps) treffender als alles andere zu beschreiben vermag: "Here's your sunrise/when you've been awake all night long/ and you feel like crashing out at dawn".

Daniel Syrovy

15 von 20 Punkte
 

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