Tobias Weindorf

Parable


Info
Musikrichtung: Modern Jazz

VÖ: 08.10.2021

(Jazzsick Records)

Gesamtspielzeit: 52:58

Internet:

https://tobiasweindorf.de/
https://www.jazzsick.com/
https://uk-promotion.net/


Tobias Weindorf hatte ich musikalisch im Jahre 2016 kennen gelernt durch die Zusammenarbeit mit seiner Ehefrau Kristina Brodersen, und deren gemeinsame Platte "Traffic". Auf Parable spielt nun fast die gleiche Besetzung wie vor fünf Jahren, nur ein anderer Schlagzeuger wurde hinzugezogen, und auf drei Songs gibt es ein gesangliches Gastspiel von Joey Cape.

Hatte ich seinerzeit darauf verwiesen, dass der Jazz des Quartetts hinsichtlich der Ausgestaltung zeitlos wirkt mit der damit verbundenen Schönheit und Harmonie, so empfinde ich dieses sofort wieder nach dem ersten Song des Albums, "Being Home". Ja, heimisch wirkt es insofern wirklich, gemütlich und ein erneutes Eingebundensein in die Musik, und moderner ist es schließlich auch gelungen.

Doch wie passt hier Joey Cape hinein? Denn eigentlich ist er bekannt als Sänger diverser US-amerikanischer Punk-Rock-Bands. "Possession" ist der erste Song, den Joey vorträgt. Nun, man bemerkt sofort, dass er kein entsprechend geschulter Jazz-Sänger ist. Auch höre ich nicht das, was ich an und für sich von einem Punk-Rock-Sänger erwarte. Recht ungewöhnlich haucht Joey Cape mehr, als das er singt, recht zurückgehalten und mit rauchigem Timbre. Alle drei Songs, bei denen er beteiligt ist, wurden auch von ihm komponiert. Aber es ist schließlich keine Spur von Punk enthalten. Vielmehr richten sich die Jazzmusiker nach ihm und den Kompositonen und bringen diese zumindest in ein jazziges Umfeld, mit ein wenig Indie-Pop-Anstrich allenfalls. Und in Richtung Indie-Pop geht dann auch die Version, die Joey Cape selbst von diesem Song eingespielt hat. Insofern ist diese hier vorliegende Kombination sehr gut gelungen.

Bleiben wir doch gleich bei Cape, "Parable" habe ich mir angehört von der Punk-Band Lagwagon. Der Song geht weitestgehend heftig ab, und in der Version auf dieser CD, die man dann ja auch gleich wie diesen Titel benannt hat, wird die Verwandlung noch deutlicher. "The Love Of My Life" ist ein ganz anders gearteter Song im Original von Cape. Eine Pedal Steel und die überhaupt recht ruhige und akustisch ausgerichtete Stimmung lässt eine klare Hinwendung zum Genre Americana erkennen. Die auf Parable vorliegende Version, nur mit Piano und Gesang eingespielt, kommt dem Cape-Song sehr nahe, und ist eine wunderschöne sanfte Ballade, die sehr viel Wärme ausstrahlt, und so gar kein Jazz ist.

Also ist es Tobias Weindorf gelungen, ein Album mit Musik zu schaffen, dass Stimmungen außerhalb des Jazz' einfängt, gleichzeitig traditionelle Formen des Jazz aufgreift und somit ein "Rundum-Wohlfühl-Paket" geschaffen hat, wobei die Idee, Joey Cape mit ins Boot zu holen, eine wirklich sehr interessante und gelungene war. Zwar ist das Piano des Protagonisten auf dieser Platte ein wenig mehr im Vordergrund, doch werden dadurch die übrigen Mitspieler/innen nicht unbedingt verdrängt, sondern sind wichtiger Bestandteil des swingenden Gesamtergebnisses. Und - warum nicht einmal ein komplettes Album mit Joey Cape?



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Being home
2 Waltz for K.W.
3 Possession
4 This is strange
5 Finn
6 Lost songs
7 New shoes
8 November song
9 No wax aut
10 The old bird
11 Parable
12 The love of my live
Besetzung

Tobias Weindorf (piano)
Kristina Brodersen (alto sax)
Christian Ramond (bass)
Peter Weiss (drums)

Special Guest:
Joey Cape (vocals - #3, 11, 12)



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