Händel, G. F. (Gugliemi, L.)

Aci, Galatea e Polifemo (Version für Senesino, London, nach 1718)


Info
Musikrichtung: Barock Vokal/Oper

VÖ: 03.09.2021

(Glossa / Note 1 / 2 CD DDD / 2020 / Best. Nr. GCD 92358 / LC 00690)

Gesamtspielzeit: 83:21



ANGESTRENGT

Die kleine Serenata „Aci, Galatea e Polifemo“ über die Meernymphe Galatea und den edlen Hirtenjüngling Acis, deren Liebesglück vom eifersüchtigen Riesen Polyphem zerstört wird, hat der junge G. F. Händel 1708 in Neapel anlässlich einer Fürstenhochzeit komponierte und aufgeführt. Das Werk hat ihn über die Jahre immer wieder beschäftigt. Bis 1739 entstanden diverse Versionen, mit zum Teil erheblichen Eingriffen in die Werkgestalt. Mal wechselte die Sprache ins Englische, mal mutierte die Stimmlage der Hauptfiguren, dann gibt es Fassungen mit mehr als drei Personen, mit und ohne Chor und diversen neuen Instrumentierungen.

„Aci, Galatea e Polifemo“ war wohl so etwas wie ein Laboratorium, mit dem Händel immer wieder neu auf wechselnde Aufführungssituationen reagierte und sein wachsendes musikdramatisches Verständnis reflektieren konnte. Mit 80 bis 90 Minuten Dauer ist das Werk recht bündig und mit den nicht zu langen Arien und vielen ausdrucksvollen Rezitativen auch musikalisch kurzweilig gefasst.
Die Version, die Ensembleleiter Luca Gugliemi mit „La Lira di Orfeo“ vorlegt, ist eine hypothetische Rekonstruktion, die anhand diverser Quellen einer Aufführung von 1718 entsprechen könnte: Eine italienische Version für drei Stimmen, die Händel u. a. für zwei von ihm sehr geschätzte Künstler, den Alt-Kastraten Senesino sowie der Sopranistin Anna Maria Stradad del Po‘, eingerichtet hat.

Leider stellt sich das Hörvergnügen nur teilweise ein. Dies mag nicht zuletzt an der spröden Aufnahmeakustik (Municipale di Piacenza) liegen. Der Klangeindruck ist eher holzig. So entfaltet das kleine Orchester trotz farbenreicher Besetzung keinen rechten Charme, es wird eher beherzt als delikat musiziert. Bei den schnellen Arien gerät die Musik unter Stress und mit ihr die Sänger. Bei diesen wird man nicht recht froh, denn die Stimmen finden wenig unterstützende Resonaz, sie klingen angestrengt und wirken mit ihrem deutlichen Vibrato eher wie die Eltern der hier vorgestellten Personen. Vielleicht wollte man zu viel „echte“ opernhafte Dramatik? Alles in allem ein etwas anstrengendes Unternehmen - und die Konkurrenz gerade bei diesem Werk, neue Version hin oder her, ist groß.



Georg Henkel



Besetzung

Raffaele Pe
Giuseppina Bridelli
Andrea Mastroni

La Lira di Orfeo

Luca Guglielmi, Cembalo, Orgel & Leitung



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