Musik an sich


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Sons of Morpheus: Träumen ist für uns eine nicht zu vernachlässigende Inspirationsquelle!




Info
Gesprächspartner: Sons of Morpheus

Zeit: September 2014

Stil: Stoner/Blues/Retro Rock

Internet:
http://www.sonsofmorpheus.com
https://www.facebook.com/sonsofmorpheus

Vor ein paar Monaten hatten wir die Schweizer Rocklegende Krokus vor unserem Interviewmikrofon und schon kommt die nächste Gruppe aus unserem Nachbarland an die Reihe. Dieses Mal allerdings kein Dinosaurier, sondern die noch jungen, als Rozbub gestartete Sons of Morpheus, die kürzlich unter diesem neuen Namen ihre Neuauferstehung mit ihrem selbst betitelten Debütalbum feierten und überzeugten. Doch eines haben die beiden Bands dann doch wieder gemeinsam: ihr Sound bezieht sich mehr als nur ein wenig auf die früheren Tage der Rockgeschichte. Als Powertrio hat man bei The Jimi Hendrix Experience und Cream genau hingehört und spielt nun Musik in diesem Geiste. Aber mit einer reinen Retrochose hat man es glücklicherweise nicht zu tun. Hinzu kommt noch eine leichte Psychedelic-Komponente sowie die Wucht einer Band wie den Queens of the Stone Age. Damit klingt das Ganze auch im Jahre 2014 noch ziemlich frisch und unverbraucht. Zusammen mit den ähnlich gelagerten Blues Pills gehört man zu den feinsten Newcomern in Sachen bluesiger Hardrock mit Retro-Schlagseite.


Früher habt ihr als Rozbub ähnlichen Sound mit Mundarttexten verbunden. Warum jetzt Wandel hin zum Englischen - wegen Aussicht auf mehr Aufmerksamkeit oder auch weil es einfach „globaler“ klingt?

Die Musik ist nicht auf die Schweiz begrenzt, der Text jedoch schon. Auf unseren unzähligen Auslandshows haben wir erfahren, dass in der zentralen Wahrnehmung der Leute nicht unsere Texte, sondern der Sound, die Energie und das Zusammenspiel im Vordergrund stehen. Zeitgleich hat sich die Band Rozbub, die ja als Soloprojekt von Manu (Bissig, Gesang und Gitarre - Anm.d.Verf.) gestartet hat, musikalisch und menschlich so zusammen geschweißt und weiterentwickelt, dass eigentlich bereits eine neue Band entstanden ist. Dass die nun in Englisch singt, war zum einen einfach ein Flow beim Schreiben, zum anderen will sie global ausgerichtet sein, wobei englische Texte natürlich hilfreich sein können.

Versteht ihr Sons of Morpheus als einen Neuanfang als Band - spirituell wie musikalisch - oder ist es einfach eine Fortsetzung des Ganzen unter einem neuen Etikett?

Es ist eine Weiterentwicklung im spirituellen wie im musikalischen Sinne. Eigentlich ein Spin-Off.

Warum der Name Sons of Morpheus, nach dem Form wandelnden Gott der Träume und Namenspatron für das Morphium? Seid ihr persönlich auch Träumer oder bezieht sich das mehr auf Eure teils etwas psychedelisch angehauchte Musik?

Träumen ist für uns eine nicht zu vernachlässigende Inspirationsquelle und hat für uns eine sehr große Bedeutung. In unserem Tourbus hat der eine oder andere von uns schon bewusstseinserweiternde Erlebnisse in der Traumwelt gehabt, so dass wir uns jeweils nicht ganz sicher sind, in welcher Realität wir uns bewegen.

Ihr spielt Musik, die sehr nach den „guten, alten“ 60ern und 70ern klingt - ein Sound der gerade recht hip ist. Habt ihr nicht Angst in diese Retro-Schublade geschoben und als Trendreiter abgestempelt zu werden? Was denkt Euch, was unterscheidet Sons of Morpheus von der mannigfaltigen Konkurrenz?

Wir haben diese „Welle“ bis vor kurzem eigentlich gar nicht mitgeschnitten, erst als wir in den Reviews damit in Verbindung gebracht wurden. Klar sind unser Sound und die Produktionsweise retro. Aber das ist eine logische Konsequenz aufgrund unserer Ästhetik, nicht eine geplante Positionierung. Wir finden es fantastisch, dass es zurzeit viele Bands gibt, die auf derselben Welle reiten. Wer dabei wen wie abstempelt, kann uns eigentlich egal sein, Hauptsache es kommt wieder viel gute Mucke! Wir sehen andere Bands nicht als Konkurrenz, sondern als Mitstreiter und Verfechter von guter, echter Livemusik.

Ich denke, Eure Einflüsse bzw. Wurzeln hört man ziemlich deutlich heraus. Aber Hendrix scheint ein ziemlich großer zu sein. Zumindest gewinnt man vom Gitarrenspiel diesen Eindruck, oder täuscht das? Was ist generell die Faszination an diesem klassischen Rocksound?

Jeden von uns hat Hendrix auf eine ganz persönliche Art und Weise fasziniert - seien es Songs oder Licks oder das Zusammenspiel der Band oder die Art und Weise, wie er diese Musik lebte und verkörperte. Wir versuchen diesen Spirit in uns wirken zu lassen und mit unseren neuen Einflüssen etwas Neues und ganz Eigenes zu kreieren.


Ich kann mir vorstellen, dass im Zusammenhang mit Eurer Musik öfter das Stichwort „authentischer Rock“ fällt. Was mach für Dich authentischen Rock aus und versuchen gerade nicht viele dieses pure Gefühl auch als Image zu verkaufen?

Authentischer Rock als Image ist für uns per se ein Widerspruch. Man macht Musik weil man es will, ist auf Tour weil man gerne spielt und unterwegs ist. Man genießt es in vollen Zügen und nicht bloß weil es sich „rechnet“ oder „lohnt“ oder „verkauft“. Wir glauben man ist authentisch, wenn man die Sache lebt und liebt. Das tun wir in vollen Zügen. The road is what I am! (lacht)

Der Sound des Albums klingt ziemlich rau und ungehobelt, was gut zum Flair der Musik passt. Aufgenommen habt ihr analog und live. Ein Garant dafür, dass die Musik nun klingt wie sie klingt? Würdet ihr die Intensität sonst nicht „auf Band“ bekommen?

Doch sicher, wir spielen in jedem Studio mit unserer Energie, egal ob das Band oder Pro-Tools läuft. Die Sache ist jedoch die: die analoge Produktionsweise führt mit ihren Einschränkungen zu einer kompletten Momentaufnahme, und wir wollten auf der Platte das bringen, was wir live auch tun. Hierbei ist es sehr förderlich nicht von zigtausend Tricks und Plugins abgelenkt zu werden. Daher hat sich der Weg sehr angeboten. Es war eine Challenge, hat aber sehr Spaß gemacht.

Welche Rolle spielte Produzent Jim Waters und sein Studio dabei?

Jim, sein Studio und sein Equipment haben den Sound gemacht. Ohne Jim würde die Platte nicht so klingen. Er hatte eine Vision und hat sie umgesetzt. Danke Jim! (grinst)

Apropos Jim Waters: Wie kam es dazu, dass eine kleine Band wie ihr für die Aufnahme nach Amerika gingt? Hat Euch das Verweilen im Ursprungsland des Rock vielleicht während der Aufnahmen beflügelt?

Auch wenn sich unsere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit noch in Grenzen hält, haben wir doch schon vieles gemacht und ein beachtliches Netzwerk. Dass wir in Amerika aufgenommen haben rührt daher, ist für uns aber kein „Big Deal“, sondern eine logische Konsequenz. Logisch hat uns die Erfahrung beflügelt. Wenn du dich in einer völlig alltagsfremden Umgebung auf deine Kunst fokussierst, passieren Sachen, die Zuhause nie stattfinden würden. Wir denken, die Wüste hat der Platte schon ihren Stempel aufgedrückt.

Rock wie ihr ihn spielt ist per se Livemusik. Seid ihr eine ausgesprochene Liveband und wie muss man sich ein Konzert von Euch vorstellen? Ganz oldschool wie die Altvorderen mit ausgedehnten Soli und Improvisationen? Einige Eure Songs laden ja regelrecht dazu ein. Besonders die beiden Instrumentals „Tsunami“ und „Psilocybin“.

Gitarrensoli und Improvisation sind in unseren Liveshows ein wesentlicher Bestandteil. Wir finden es großartig, dass Songs je nach Show ganz anders klingen können und dürfen. Ich denke dass macht es sowohl für uns wie auch für die Zuhörer/innen interessant. Und die Soli könnten noch länger sein. Wir halten uns da ziemlich songdienlich. (lacht)

Neben den genannten Instrumentalstücken sind Eure Stücke allesamt Songs mit Texten. Wie wichtig sind diese Texte für Euch? Für viele Rockbands sind diese eher Beiwerk ohne tieferen Sinn oder auch nicht Vehikel zum Verarbeiten der eigenen Gedanken.

Die Texte sind für uns eine Momentaufnahme der Gefühlslage während dem Schreibprozess. Einige gehen tiefer, andere sind träumerisch oder unterhaltend gedacht. Auch wenn uns die Texte wichtig sind, steht die musikalische Botschaft im Vordergrund.

Bis Ende des Jahres seid ihr konzerttechnisch sehr stark und fast durchgehend unterwegs. Lässt sich das mit einem festen Beruf vereinbaren? Habt ihr vor Euch komplett der Band zu widmen und Berufsmusiker zu werden?

Das was Du ansprichst ist in der Tat im Moment eine sehr große Herausforderung für uns. Es ist nicht einfach die Day-Jobs so flexibel zu halten, dass die Band ihre Freiheit behält. Aber wir sind uns alle klar wo wir hin wollen und mit einem Schreibtisch hat das nicht viel zu tun.

Kommt man auf Rock aus der Schweiz zu sprechen, fallen einem hier als erstes Bands wie Gotthard, Krokus und Shakra oder auch härteres wie Celtic Frost ein. Wie ist die Schweizerische Rockszene und Musikszene im Allgemeinen derzeit aufgestellt und glaubst Du es gibt etwas, das Bands aus diesem Land verbindet?

Die Schweiz ist sowieso sprachlich und kulturell sehr vielseitig. Wir haben nicht eine schweiz-spezifische Verbindung mit Bands, eher eine stilistische/ideelle. Die Landesvorwahl spielt uns dabei keine Rolle. Die Namen, die du schreibst sind alles Dinosaurier, die die Szene geprägt haben, die sich reproduzieren. Wir sind Teil einer neuen Generation, die das Label „Schweizer Band“ neu definiert und weiterbringt. Es gibt wirkliche viele Bands die dir die Socken ausziehen und nur so darauf warten entdeckt zu werden.




Mario Karl



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