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Die Remaster-Serie von Led Zeppelin geht mit IV und Houses of the Holy in die nächste Runde





Als Jimmy Page die ersten drei Led-Zeppelin-Alben ein weiteres Mal neu remasterte und Ende Mai auf den Markt warf, zeigte das vor allem eines: die Band ist immer noch ein heißes Thema, das die Massen mobilisiert. Allerorten wurde man mit Plant, Page, Jones und Bonham konfrontiert, die mit ihren alten Werken nach über 40 Jahren wieder die Charts dominierten. Jetzt steht also der nächste Schwung auf dem Programm. Dieses Mal sind es nur zwei Alben. Dafür aber richtige Highlights - die unbetitelte, vierte Platte sowie Houses of the Holy. Die Alben gibt es auch hier wieder in den verschiedensten Konfigurationen. Als Einzel-CDs, als Doppel-CDs mit Bonus-Disc, als üppige Boxen mit zahlreichen Boni und einem 70-seitigen Buch und auch (wieder zeitgemäß) auf Vinyl.

Zur Besprechung lagen uns die Doppel-CD-Versionen vor, die auch dieses Mal wieder recht schick geworden sind. Die zweifach ausklappbaren Digipacks sind den Original-Vinyl-Artworks nachempfunden. Es liegt ein reich bebildertes Booklet dabei, das allerdings nur wenig Infos außer den genauen Aufnahmedaten enthält. „Weniger ist mehr“, scheint hier das Motto zu sein.

Aber viel wichtiger ist natürlich die Musik. Auch hier kann man Jimmy Page wieder ein Lob für seine Arbeit ausstellen. Wider dem Loudness-War verzichtete er auf Komprimierung und künstliches Aufblasen der Originalspuren. Um uns selbst zu zitieren: „Der Sound wurde etwas entrümpelt und die einzelnen Instrumente klar separiert. Die einzelnen Kanäle sind klar auseinander zu halten. Die Dynamik blieb so erhalten. Im Ganzen klangen die 1990er Versionen etwas wärmer, gerade die „härteren“ Songs wirkten leicht druckvoller. Dafür klingen die neuen Versionen kantiger und auch etwas dynamischer. Sie kommen dem Flair von damals wahrscheinlich am nähesten.“ Ergo: Wer bereits den alten Remasters sein Eigen nennt braucht nicht unbedingt ein weiteres Mal zugreifen. Vielleicht lässt sich derjenige aber von den Boni der „Companion Discs“ locken. Denn hier kann man froh sein, dass man den Platten nicht ihr ursprüngliches Flair beraubt hat, sondern eine weitere Scheibe mit alternativen Versionen beilegte.

Doch nun zum eigentlichen Inhalt:


Led Zeppelin IV


IV heißt eigentlich gar nicht Vier. Viel mehr trägt das Album einfach gar keinen Namen. Es stehen nicht einmal der Bandname und die Titel der Songs auf Vorder- und Rückseite. Die Gruppe wollte wohl die Musik ganz für sich selbst sprechen lassen. Oder man war einfach so größenwahnsinnig zu glauben, man bringe seine Platten auch ganz ohne Kennzeichnung an den Mann. Nach der Veröffentlichung dieser Platte dürfte das auch der Fall gewesen sein. Denn hiermit gingen Led Zeppelin endgültig durch die Decke und sie waren der „heiße Scheiß“ der Stunde. Nach dem eher folkig angelegten und nicht überall positiv aufgenommenen III war IV (nennen wir es der Einfachheit einfach weiterhin so...) ein richtiger Paukenschlag mit acht Songs, von denen mindestens sieben absolut klassische Kracher sind.
Die A-Seite startet mit „Black Dog“ ziemlich kräftig. Der schlüpfrige Titel mit der Ankündigung „gonna make you sweat, gonna make you groove“ und seinem markanten, scharfen Riff macht gleich klar, dass Led Zeppelin immer noch wissen, wie man den Hammer schwingt. „Rock and Roll“ bietet im Anschluss genau das: deftigen, schmissigen Rock'n'Roll, der dafür sorgt, dass die Hütte brennt. Ein Stück lässiger wird es mit dem schlängelnden „Misty Mountain Hop“, das mit E-Piano John Paul Jones' und den vielen Harmonie-Vocals lebt. Es geht aber noch kraftvoller. Die Band macht sich mit „When the levee breaks“ einen alten Song der Blueserin Memphins Minnie zu Eigen und sorgt mit einem mitreißenden und harten Drum-Groove von John Bonham, der noch heute gerne von Hip-Hop-Künstlern gesamplet wird, für jede Menge wohliges Kribbeln. Eine weitere Sternstunde des Drummers ist das im Herzen bluesige „Four Sticks“, das allerdings etwas im Schatten der restlichen Songs steht. Der wohl bekannteste Titel der Band befindet sich nämlich auch auf dieses Platte: „Stairway to Heaven“. Wer diese epische Ballade immer noch nicht kennt, hat die letzten 40 Jahre wohl hinter dem Mond verbracht - und dabei einen der besten Songs aller Zeiten verpasst, mit dem Led Zeppelin mal wieder bewiesen, dass sie auch mehr als nur Dampfhammer-Rock können. Wobei sie dies auch auf diesem Album mit ein paar weiteren Titeln taten. „Going to California“ und „The Battle of Evermore“ zeigen abermals die folkige Seite der Band mit Akustikgitarre und Mandoline sowie einem zurückhaltenden Robert Plant. Bei letzterem Titel stellte der sonst sehr testosterongesteuerte Sänger seine Vorliebe von J.R.R. Tolkien zur Schau und sorgte nicht zuletzt zusammen mit dem Background-Gesang von Sandy Denny (Fairport Convention) für eine mystische Stimmung. All dies macht IV zu einem ganz großen Klassiker der Rockgeschichte, der eigentlich in jede Plattensammlung gehört.
Einen tieferen Einblick in die Entstehung des Albums gibt die beiliegende Bonusscheibe, die wieder sämtliche Albumsongs in alternativen Versionen enthält, frei. Somit bekommt man hier leider keine unbekannten Songs zu hören, was etwas schade ist. Interessant sind dabei insbesondere die instrumentalen Backing-Tracks von den Akustiknummern „The Battle of Evermore“ und „Going to California“. Die restlichen Titel unterscheiden sich dafür nur in kleinen Details von ihren bekannten Endversionen. Beim Mix von „Rock and Roll“ wurde der Fokus zum Beispiel mehr auf Schlagzeug und Rhythmusgitarre gelegt, wohin gegen der Mix von „Misty Mountain Hop“ heller und nicht so warm klingt. Dafür wirkt die Version von „Stairway to Heaven“ etwas intimer und weniger pompös als im Endmix.

1. Black Dog (4:56)
2. Rock And Roll (3:40)
3. The Battle of Evermore (5:51)
4. Stairway To Heaven (8:02)
5. Misty Mountain Hop (4:38)
6. Four Sticks (4:45)
7. Going To California (3:32)
8. When The Levee Breaks (7:10)

Companion Audio Disc:
1. Black Dog (Basic Track With Guitar Overdubs) (4:35)
2. Rock And Roll (Alternate Mix) (3:39)
3. The Battle Of Evermore (Mandolin/Guitar Mix From Headley Grange) (4:13)
4. Stairway To Heaven (Sunset Sound Mix) (8:03)
5. Misty Mountain Hop (Alternate Mix) (4:45)
6. Four Sticks (Alternate Mix) (4:33)
7. Going To California (Mandolin/Guitar Mix) (3:34)
8. When The Levee Breaks (Alternate UK Mix) (7:10)


Houses of the Holy


Album Nummer fünf war das erste mit einem richtigen Titel. Das ist aber nicht alles was Houses of the Holy etwas anders macht. Hier gingen Led Zeppelin klanglich noch etwas mehr in die Breite und zugleich machte man auch etwas mehr von der Studiotechnik Gebrauch. Besonders Gitarrist Jimmy Page legte mehr Gitarrenspuren als sonst übereinander und sorgte für einen vollen, detailreichen Sound.
Dieser kommt gleich beim Opener „The Song Remains The Same“ zum Tragen. Per se ein lockerer, schwungvoller Titel, wird die Nummer vom überbordenden Spiel des Saitenhexers bestimmt, der hier seine doppelhalsige Gitarre zum Glühen bringt. Im klaren Remaster-Sound klingt das Ganze noch besser. Wie bereits in der Einleitung geschrieben, lebt Houses of the Holy von seinem Abwechslungsreichtum. Neben saftigen und groovigen Hardrocken wie dem lässig schiebenden „Dancing Days“ und dem dezent bluesigen, mit einem netten Doo-Wop-Part angereicherten „The Ocean“ versucht sich die Band auch mal an dampfendem Funk („The Crunge“) und bei „D'yer Mak'er“ sogar an einer spaßigen Reggae-Nummer. Das mag dem damaligen Fan vielleicht etwas überrascht haben. Interessant war es allemal. Die großen Highlights waren allerdings andere. Neben der Eröffnung „The Songs Remains The Same“ zum Beispiel das Gitarren getriebene „Over the Hills and far away“ sowie der überlange „Rain Song“ und das düstere „No Quarter“. Die beiden letztgenannten sind dabei echte Atmosphärekracher. Der „Rain Song“ zeigt, dass sich gemütliches Blues-Flair mit zartem Folk gut kombinieren lässt. Vor allem, wenn man das Ganze mit perlenden Gitarren und schönen Mellotrontönen unterfüttert. „No Quarter“ ist stimmungstechnisch das genaue Gegenteil dazu. Düster und mystisch wabernd präsentiert sich dieser Song. Er lebt vom atmosphärischen Keyboars-Sound und einer kantigen Gitarre, während der Gesang Plants anfangs etwas verfremdet daher kommt. Ein wahrer Klassiker, der ein weiteres gutes Led-Zeppelin-Album abrundet, das leider gerne etwas vergessen wird. Dabei hat es seinen ganz eigenen Charme und lädt besonders jetzt zum Wiederentdecken ein.
Der wahre Entdecker wirft auch wieder einen genauen Blick auf die „Companion Disc“. Auch hier gibt es wieder alternative Versionen der Albumsongs. Allerdings nur von sieben der acht. „D'yer Mak'er“ (gesprochen „Jamaica“) wurde ausgespart. Beim instrumentalen Guide-Track von „The Song Remains The Same“ kann man Page ganz genau zuhören. Hier hat er auch ein paar andere Licks eingebaut. Ebenso instrumental zeigen sich das betont unproduzierte „Over the Hills and far away“ sowie „No Quarter“, das dezent andere Klavier- und Keyboard-Overdubs aufweist. Der „Rain Song“ klingt kaum anders, nur dass er fast keine Klavier-Sounds enthält. Auch eher wenig unterscheiden sich die Versionen von „The Ocean“, „Dancing Days“ und „The Crunge“. Bei letzterem hat man lediglich die Keyboard-Sounds mehr in den Vordergrund gestellt.

1. The Song Remains The Same (5:29)
2. The Rain Song (7:39)
3. Over The Hills And Far Away (4:50)
4. The Crunge (3:17)
5. Dancing Days (3:43)
6. D’yer Mak’er (4:22)
7. No Quarter (7:02)
8. The Ocean (4:33)

Companion Audio Disc:
1. The Song Remains The Same (Guitar Overdub Reference Mix) (5:30)
2. The Rain Song (Mix Minus Piano) (7:45)
3. Over The Hills And Far Away (Guitar Mix Backing Track) (4:22)
4. The Crunge (Rough Mix - Keys Up) (3:16)
5. Dancing Days (Rough Mix With Vocal) (3:46)
6. No Quarter (Rough Mix With JPJ Keyboard Overdubs - No Vocal) (7:03)
7. The Ocean (Working Mix) (4:28)


Ob die Boni jetzt Grund genug sind zuzugreifen, muss der Fan für sich selbst entscheiden. Gelungene Pakete sind auch diese beiden Doppel-CDs wieder. Wer noch keinen dieser beiden Klassiker besitzt, sollte zweifelsohne hier zugreifen, da er sich eine fette Portion Classic-Rock in sein Haus holt. Eine feine Sache!



Mario Karl



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