Musik an sich


Reviews
Debussy, C. (Märkl)

Le Martyre de Saint Sébastien – Khamma u. a. (Orchesterwerke 4)


Info
Musikrichtung: Impressionismus Orchester

VÖ: 30.08.2010

(Naxos / Naxos / CD / DDD / 2009 / Best. Nr. 8.572297)

Gesamtspielzeit: 61:22



KLARHEIT UND ATMOSPHÄRE

Schade, dass Jun Märkl und das Orchestre National de Lyon nur die sinfonischen Fragmente der Bühnenmusik zu Le Martyre de Saint Sébastien aufgenommen haben. Denn auf ideale Weise gelungen ist auch im 4. Teil ihrer Gesamteinspielung der Orchesterwerke Claude Debussys die Verbindung von transparenter Linienzeichnung und fein gestalteten Klangfarbenmischungen. Vor einiger Zeit ist ja unter Sylvain Cambreling eine vorzügliche Aufnahme der ganzen Schauspielmusik zum Sébastien erschienen, die mit ihrer dunklen, samtigen Orchester-Glut ein schönes Gegenstück zu Märkels aufgelichteter, aber nicht unatmosphärischer Einspielung darstellt. Debussys „Sinn für das Verschwommene“ zeigt sich bei Märkl als etwas kunstvoll Gefügtes. So gefallen z. B. die Fanfaren des III. Aktes gerade deswegen, weil er sie so ganz ohne jede Filmmusik-Allusion auffasst. Seine strengere Musizierhaltung sorgt dafür, dass sich die raffiniert auskomponiert Räumlichkeit und das Spiel mit den Timbres in der musikalischen Architektur mitteilt: Es handelt sich um ornamentale gestaltete Klang-Symbole, keine illustrativen Effekte oder Kulissenklänge.
Mit dem gleichen Gespür widmen sich die Lyoner Musiker dem Ballettstück Khamma, das von Charles Koechlin fertig orchestriert wurde, nachdem Debussy und seine Auftraggeberin, die kanadische Tänzerin Maude Allan, sich überworfen hatten. Wegen der Länge und Dichte der Musik hätte ich mir zur leichteren Orientierung in dieser altägyptischen Legende noch ein paar interne Tracks gewünscht. Dem filigranen Weben und Wogen der bildmächtigen Musik kann man sich freilich auch so ganz überlassen.
Abgerundet wird dieses Programm von zwei Sätzen aus der unvollendeten Bühnenmusik zu Shakespeares Le roi Lear und einem kurzen Orchsterstück aus der Kantate L’enfant prodigue, Debussys erfolgreichem Beitrag für den Prix de Rome 1884.



Georg Henkel



Besetzung

Orchester National de Lyon
Jun Märkl: Leitung


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