Musik an sich


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Jasmin Levy

Sentir


Info
Musikrichtung: sephardische Musik

VÖ: 15.10.2009

(Adama/Harmonia Mundi)

Internet:

http://www.jasminlevy.net


Über ihren Vater, Kantor einer jüdischen Gemeinde in der Türkei, lernte Jasmin Levy die sephardische Musiktradition kennen. Auf Sentir stellt die aus Jerusalem stammende Sängerin diese Tradition des Ladino vor, jener Musik- und Sprachtradition, die sich bei den Juden entwickelte, die aus dem Spanien der beendeten Reconquista des späten 15. Jahrhunderts vertrieben worden waren, und sich damit geographisch von Frankreich und Nordafrika bis nach Griechenland und die Türkei erstreckte.

Nicht nur kann man schon an der Instrumentierung mit Bouzouki und Ney die große Menge an Einflüssen erkennen, die Jasmin Levy auf Sentir, die lange Tradition des Ladino aufgreifend, verarbeitet. Grundtenor aller Lieder ist eine unstillbare Sehnsucht nach Herzensfrieden. Schon das einleitende "Mi korason", ein alter Ladino-Song, der eine besonders schöne und einzigartige Melodie hat, stellt laut Jasmin Levy diesen "Geist meines Albums vor": Zart und sehnsüchtig erzählt es von der Müdigkeit eines zugleich brennenden Herzens...
"El Amor Contigo" dagegen stellt in lyrischer und musikalischer Hinsicht eine Eigenkomposition von Jasmin Levy dar, der zwar in Frankreich geboren wurde, aber neben den Ladino-Tradition einen Hauch von Jazz atmet, während das folgende "Nos Llego El Final", aus der Feder von Javier Limon stammend, sich deutlich an den Flamenco anlehnt, wenn auch an einen ruhigeren.

Aus der traditionellen Ladinomusik wiederum stammt "Londje de mi", das Jasmin Levy, so erzählt sie, von ihrer Mutter "in der Küche" gelernt habe. Zum ersten Mal taucht in der Instrumentierung hier auch die Ney auf, zum ersten Mal wird auch dem ungeübten Hörer deutlich, wie weit gespannt Jasmin Levys musikalisches Netz ist. So überrascht dann auch eigentlich nicht mehr die spanische Adaption von Leonard Cohens "Hallelujah" bzw. entwickelt dieses Lied erst in der Interpretation Jasmin Levys seine eigentliche Tiefe.
Hallelujah

In den beiden Liedern "Una Pastora" und "Triste Vals" setzt sich Jasmin Levy mit ihrer Familie auseinander. Während das Duett "Una Pastora" für sie einer "schönsten Songs, die mein Vater jemals aufgenommen hat" ist, der eigentlich auch nur von den Stimmen der beiden "Liebenden" lebt, ist "Triste Vals" eine Komposition ihres Bruders Yuval, der sich in seinem Mittelteil zu fast lateinamerikanischer Leichtigkeit aufschwingt.
Eine Fortsetzung dieser Beschwingtheit mit anderen Mitteln stellt das folgende "Jaco" dar, das wieder eher in der griechischen/türkischen Tradition des Ladino steht und von einem Tavernenmusiker erzählt.
Eine stimmliche Meisterleistung legt Jasmin Levy mit "La Hija de Juan Simon" hin, einem Lied, das die tragische Geschichte eines Totengräbers erzählt, der sein eigenes Kind zu Grabe tragen muß; jene Situation gelingt s dr Sängerin nahezu alleine mit ihrer Stimme im Kopf des Hörers lebendig werden zu lassen - ein wie großes Kompliment kann man einer Sängerin noch machen?!
Den Kinder des Nahen Ostens ist "Porque" gewidmet, ein Lied, das aufrütteln soll, über uns selbst zu reflektieren und darüber, wie wir mit anderen Menschen umgehen, ein Lied, das dazu ermutigen soll, bessere Menschen zu sein. Jasmin Levy singt dieses Lied gemeinsam mit der griechischen Sängerin Eleni Vitaly.

Nach dem wiederum sehr leisen "Alfonsito", einem Ladino-Song der auch ein spanisches Kinderlied ist, beendet Jasmin Levy mit einer Adaption des "Yigdal", das in der sephardischen Tradition des Judentums zu den liturgischen Gebeten des Freitag Abend gehört, ihr Album Sentir, und damit eine Reise durch zahlreiche Traditionsstränge des Ladino. Wer immer mit jüdischen Musiktradition vertraut ist - und die Adaption eines bekannten Leonard Cohen-Songs zeigt, dass hiermit eine ganze Reihe von Menschen angesprochen sein dürften - wird mit Sentir ein wahres musikalisches Kleinod finden können; jeder Andere dürfte zuerst ratlos vor diesem Meisterwerk stehen, auf das es sich aber sicherlich einzulassen lohnt - sind doch die Melodien schlichtweg wunderschön und herzergreifend...



Andreas Matena



Trackliste
1Mi korason3:14
2 El Amor Contigo3:29
3 Nos Llego El Final2:46
4 Londje de mi2:42
5 Hallelujah3:55
6 Una Pastora2:01
7 Triste Vals5:42
8 Jaco4:18
9 La Hija de Juan Simon5:13
10 Porque3:53
11 Alfonsito3:19
12 Yigdal3:31
Besetzung

Javier Limon: flamenco guitars
Charlie Mendes: bass
Sonny Pasos: piano, keys
Jose Vargas: percussion
Abdul Sharif: bouzouki
Carlitos Sarduy: trumpet
Amir Shahsar: ney, clarinet
Jasmin Levy: vocals


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