Musik an sich


Reviews
Homilius, G. A. (Güttler)

Weihnachtsoratorium


Info
Musikrichtung: Klassik

VÖ: 01.09.2008

(Carus Verlag / Note 1 / CD, DDD, 2007, Best.nr. 83.235)

Gesamtspielzeit: 58:22

Internet:

Carus Verlag

Ludwig Güttler



VON ENGELN UND HIRTEN

Alle Jahre wieder setzt nicht nur die Jagd nach Stollen und Lebkuchen, sondern auch der Run auf neue klassische CDs mit Musik zur Weihnachtszeit ein. Da kommt diese Produktion aus der Dresdner Frauenkirche gerade recht. Mit ihr findet die Homilius-Renaissance der letzten Jahre ihre Fortsetzung. Während Homilius´ Amtszeit als Kreuzkantor in Dresden, wohl 1776, entstand das Weihnachtsoratorium HoWV I.1. Es schildert das Weihnachtsgeschehen in einer knappen Dreiviertelstunde ausschließlich aus der Perspektive der Hirten. Dies gab Homilius die Gelegenheit, den damals in Mode befindlichen volkstümlich-naiven Ton anzuschlagen und so manches Gestaltungselement, zumal im Eingangssatz, erinnert an Rybas berühmte "Hirtenmesse". Dazu tragen neben den entsprechenden Bordun-Bassfiguren auch der verstärkte Einsatz der Holzbläser und die einfach gehaltenen Harmonien bei. Nicht fehlen darf natürlich auch das obligatorische Wiegenlied in Gestalt einer Siziliana. Den Kontrast bilden die Auftritte der Engel, glanzvoll begleitet von Blechbläser- und Paukenklang. Insgesamt entsteht so ein stimmungsvoll tönendes Weihnachtsgemälde, dessen musikalischer Tiefgang und Überraschungspotential allerdings begrenzt sind.
Ergänzt wird das ganze um eine noch ganz im Barock verhaftete Weihnachtskantate des Forster Kapellmeisters Christian August Jacobi (1688-1725) für Solo-Tenor. Sie wirkt etwas lebendiger als Homilius´ Werk, was nicht zuletzt daran liegt, dass hier der Schwerpunkt auf den Sieg des kleinen Kindes in der Krippe über den mächtigen Satan gelegt wird, was mehr Raum für musikalische Dramatik lässt. Jacobi gestaltet dabei erstaunlich expressiv und bildhaft, ja, er erweist sich als ein Komponist, dessen wenigen erhaltenen Werken eine Wiederbelebung wohl zu wünschen wäre.

Wo der Name "Dresdner Frauenkirche" auftaucht, da ist Ludwig Güttler nicht weit, der sich für den Wiederaufbau des Gotteshauses mit großem persönlichen Einsatz stark gemacht hat. Güttler betont als Dirigent bei beiden Werken die überbordende Weihnachts- und Lebensfreude, obschon das Orchester, die Virtuosi Saxoniae etwas leichter, federnder geführt sein könnten. Wie bei Güttler, dem stets auf Deutschland-Tour befindlichen Trompeter, nicht anders zu erwarten, ist ihm besonders an einem strahlenden Glanz der Blechbläser gelegen, die hier wirklich aufhorchen lassen und für die nötige Prachtentfaltung sorgen. Kraftvoll und zugleich ausgewogen tönt das Sächsische Vocalensemble. Die solistischen Aufgaben fallen schwerpunktmäßig Sopran und Tenor zu. Hier vermag Christiane Kohl nicht in allen Belangen zu punkten, denn ihr Sopran neigt dazu, metallisch auszudünnen und wirkt in Homilius virtuos angelegten Arien leicht überanstrengt. Demgegenüber macht Markus Ullmann in der Tenorpartie eine gute Figur; lediglich in der Höhe verliert seine Stimme an Strahlkraft.

Es ist also insgesamt gewiß nicht die schlechteste Idee, Weihnachten 2008 mit dieser Produktion zumindest musikalisch wieder einmal in Dresden zu verbringen.



Sven Kerkhoff



Trackliste
1-10 G.A. Homilius: Weihnachtsoratorium "Die Freude der Hirten über die Geburt Jesu"
11-17 Chr. A. Jacobi: Weihnachtskantate "Der Himmel steht uns wieder offen"
Besetzung

Sopran: Christiane Kohl
Alt: Annette Markert
Tenor: Marcus Ullmann
Bass: Tobias Berndt

Sächsisches Vocalenemsble
Virtuosi Saxoniae

Ltg. Ludwig Güttler


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