Rechts-Rock, weil Geld nicht stinkt - Björn Fischer portraitiert das umstrittene Kölner Label Rock-o-Rama![]()
Das Label Rock-o-Rama hat die öffentliche Aufmerksamkeit nicht zuletzt dadurch erregt, weil es ein Frühwerk der Böhsen Onkelz veröffentlicht hat. Über die (vermeintliche) Rechtslastigkeit der Onkelz ist viel veröffentlicht worden – auch von mir. Sie ist, wenn überhaupt, im Bereich der „Jugendsünden“ zu verorten. Das ist bei dem Label Rock-o-Rama anders. In den 90ern war es, weltweit agierend, der wohl wichtigste Vertrieb explizit rechter Rock-Musik. Das waren alles andere als Jugendsünden; im Gegenteil. Das Label ist völlig anders gestartet. Björn Fischer beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit diesen frühen Jahren. Auf über 300 Seiten werden die Veröffentlichungen des Kölner Labels minutiös vorgestellt. Dabei werden Entstehungs- und Produktionsbedingungen beschrieben und nach Möglichkeit aktuelle Kommentare beteiligter Musiker eingeholt. Auch Wiederveröffentlichungen der Alben werden akribisch gelistet. Die späteren rechten Bands bekommen dieses Forum nicht. Ende der 70er Jahre hatte der Malermeister Herbert Enghol, der anfangs noch den Betrieb seiner Eltern fortführte, einen Tonträgervertrieb und dann auch einen Plattenladen in Köln gegründet, der relativ bald ein Zentrum der Punk-Szene nicht nur Kölns wurde. Sein Angebot an englischen Punk-Platten, die er zum Teil selber importierte, muss wohl fast konkurrenzlos gewesen sein. Im April 1980 erscheint mit der Vomit Visions 7“ Punks are the old Farts of Today die erste Rock-o-Rama-Veröffentlichung. In den kommenden Jahren veröffentlichen u.a. Cotzbrocken, OHL, Brutal verschimmelt, Appendix und Der durstige Mann bei Rock-o-Rama. Einen nicht unwichtigen Teil nahmen Veröffentlichungen finnischer Punk-Bands in Zusammenarbeit mit dem dortigen Propaganda-Label ein. Im Zentrum steht immer wieder der (gar nicht) schillernde Herbert Enghol, der mit Rock-o-Rama praktisch identisch ist. Er wirkt absolut nicht wie ein Teil der Punk-Society. Im Gegenteil: eher wie die Mischung aus einem schmierigen Gebrauchtwagenhändler, einem Vorstadt-Luden und einem väterlichen Mentor der Bands. Es ist offensichtlich, dass er finanziell am meisten von den Veröffentlichungen auf seinem Label profitiert hat. Auf der anderen Seite hat er den Bands die Möglichkeit geboten, ohne das geringste finanzielle Risiko für sie Platten zu produzieren und zu veröffentlichen. Mehrere der recht schlichten, aber eindeutigen Verträge sind im Buch abgedruckt. Das fast 50-seitige Kapitel „Richtungswechsel“ beschreibt ab Seite 329 wie sich Rock-o-Rama ab Mitte er 80er Jahre unter anderem durch die Kooperation mit dem britischen White Noise-Label, von dem Labelchef Enghol sich die exklusiven Veröffentlichungsrechte von Skrewdriver sicherte, langsam zum Rechts-Rock-Label wandelt. Dabei wird die weltweite Bedeutung des Labels in der Rechts-Rock-Szene deutlich herausgearbeitet. Die Urteile der im Buch befragten Musiker zu Enghol fallen unterschiedlich (un)freundlich aus. Aber in einem sind sich eigentlich alle einig: ein rechter Propagandist war er genauso wenig, wie ein Punk. Musikalisch stand er selbst wohl eher auf klassischen Rock’n’Roll. Musik war für ihn schlicht und ergreifend eine Ware und er hatte wohl ein Gespür dafür, was sich verkauft und was nicht. Ob die Texte links, rechts oder unpolitisch waren, scheint ihn nicht interessiert zu haben. Norbert von Fransecky ![]() |
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