Bruckner, A. (Fischer)

Sinfonie Nr. 9


Info
Musikrichtung: Romantik

VÖ: 07.10.2022

(Channel Classics / Outhere / Note 1 / SACD hybrid / 2021 / Artikelnr. CCS SA 42822)

Gesamtspielzeit: 55:33

Internet:

Budapest Festival Orchestra



RESPEKT

Mit viel Respekt hat sich Dirigent Ivan Fischer Bruckners letzter monumentaler Klangkatherdale, der unvollendet gebliebenen 9. Sinfonie genähert, geduldig abwartend bis er selbst zumindest jenes Alter erreicht haben würde, in welchem der Komponist das Werk schuf. So fließt in diese Neueinspielung die Erfahrung eines ganzen Dirigentenlebens und einer andauernden Beschäftigung mit Bruckners Werken, aber auch jenen aus dem Umfeld der Romantik ein. Das Warten hat sich gelohnt:

Den Eröffnungssatz, hier trotz aller d-moll-Befrachtung im Streichersound eher aufgelichtet tönend, lässt Fischer mit seinem Budapest Festival Orchestra nicht in Finsternis untergehen. Die mal gegeneinander gestellten, mal sich überlagernden Klangflächen gestaltet er in einem wagner´schen Sinne, dramatisch und klanggewaltig zugleich, wählt dabei aber ein vergleichsweise flottes Tempo. Wenngleich dies nach dem wunderbar mysteriös gestalteten Auftakt im weiteren Verlauf etwas unverbindlich anmuten mag, gelingt es dadurch doch, den Kontrast zum Scherzo stärker zu betonen, das in dieser Aufnahme von höchster Unerbittlichkeit ist, die gewaltsame Destrudo keineswegs beschönigend. Den 180 Grad-Schwenk zum Trio darin zelebriert Fischer ungemein vital, ohne ihn zu karikieren. Im Gegenteil: Kaum je hat man dieses Stück natur- und märchenhafter Musik überzeugender gehört, ganz ernst genommen und in seiner Leichtigkeit beinahe "abhebend", so viel Luft bekommt dieser Einschub hier unter die Flügel. Nicht weniger lustvoll niederkartätscht mit der Rückkehr zum Scherzo-Motiv.

Das Adagio, diese schmerzlich-schöne Weltabschiedsmusik Bruckners kostet Fischer gleichermaßen konsequent aus. Schon der Einstieg mit jenem Sonnenaufgangs-Bläsermotiv gerät ihm ergreifend intensiv. Selbst in der Komplexität der Klangmassen gegen Ende umschifft Fischer souverän und erfahren das Risiko des bloß pompösen Bombast, das Werk schließlich in größter Ruhe und Sanftheit ausschwingen lassend - Fingerzeig in die Ewigkeit.

Eine Interpretation, die - auch dank des superben Klangbilds - trotz gewichtiger diskographischer Konkurrenz einen Spitzenplatz im Bruckner-Olymp beanspruchen darf.



Sven Kerkhoff



Trackliste
Sinfonie Nr. 9 d-moll, WAB 109/143
Besetzung

Budapest Festival Orchestra

Iván Fischer: Ltg.


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