Bach, J. S. (Carmignola, G.)

Die sechs Suiten für Cello solo (adaptiert für Violine)


Info
Musikrichtung: Barock Violine

VÖ: 02.09.2022

(Arcana / Note 1 / CD / DDD / 2021 / Best. Nr. A533)

Gesamtspielzeit: 139:00



EINE FRAGE DES KLANGKÖRPERS

J. S. Bachs „Sechs Solosuiten für Cello“ auf der Violine? Das liegt näher, als man denken könnte, denn wie man seit nunmehr 20 Jahren weiß, hat Bach die Werke nicht für das heutige „moderne“ Violoncello, sondern für das Violoncello da spalla, das Schultercello, komponiert. Dieses ist kleiner als das heute gebräuchliche Instrument, wenngleich deutlich größer als eine Bratsche. Es wird gespielt wie eine Violine, inklusive Grifftechnik, hat aber spezielle Saiten, die für die nötige Tiefe sorgen. Vieles, was auf dem modernen Cello nur mühsam zu realisieren ist, gelingt auf dem Spalla trotz der tiefen Lage leichtgängig und virtuos. Zuletzt hat Sergey Malov gezeigt, wie man als „gebürtiger“ Geiger auf dem tieferen Instrument historisch informiert aufspielen und die erdige Cello-Gravität mit tänzerischer Geschmeidigkeit verbinden kann.

Carmignola nun bleibt bei seinem angestammten Instrument und der Musik sicherlich nichts an technischer Versiertheit und interpretatorischem Verständnis schuldig. Interessanterweise klingt die Musik bei ihm durchaus eckiger und weniger fließend als bei Malov – so, als gelte es, die fehlende Tiefe und Haptik des Cello-Klangs durch Markanz zu kompensieren.
Es stellt sich beim Zuhören das Gefühl ein, dass Bach schon sehr genau wusste, warum er diese Suiten so und nicht anders geschrieben hat, als er für ein tiefes Streichinstrument komponierte. Auch bei einem so „absoluten“ Musiker wie Bach ist Komposition eine Frage der Orchestrierung, des Registers und der „Anatomie“ der Musik.

Unabhängig von der Bauart bietet das Cello einfach eine andere Art von Körperlichkeit und Volumen im Ton. Und den vermisst man hier dann doch.



Georg Henkel



Besetzung

Giuliano Carmignola, Violine (P. Guarneri, 1733)


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