Mozart, W.A. / Bach, C.P.E. / Haydn, J. u.a. (Ólafsson)

Mozart & Contemporaries


Info
Musikrichtung: Wiener Klassik / Klavier

VÖ: 03.09.2021

(Deutsche Grammophon / CD / 2021 / Best. Nr. 486 0525)

Gesamtspielzeit: 84:01

Internet:

Vikingur Ólafsson



IM GROSSEN RAHMEN

In der Aufmachung bleiben Vikingur Ólafsson und das Traditionslabel DGG sich treu: Unverändert präsentiert man den isländischen Pianisten in nordisch-kühler Inszenierung und rückt auch seine neue CD in den Bereich von New Classic oder gar Easy Listening. Obwohl sie dort eigentlich gar nicht hingehört. Nach Bach, Debussy/Rameau und Glass ist Ólafsson nun nämlich durchaus recht traditionell bei Mozart angekommen. Doch ein reines Mozart-Album wäre ihm, dem es immer auch um die Musikvermittlung zu tun ist, zu wenig. Und so widmet er sich nicht nur den Werken des Genies aus Salzburg bzw. Wien aus den 1780er-Jahren, sondern ergänzt und umrahmt dessen Sonaten Nr. 14 und 16 sowie einige kleinere Klavierwerke mit Stücken von Carl Philipp Emanuel Bach, Baldassare Galuppi, Domenico Cimarosa und Joseph Haydn. Das liegt zeitlich alles gar nicht weit auseinander, macht aber gleichwohl ein Farb- und Ausdrucksspektrum auf, das seinesgleichen sucht und sorgt für einige verblüffende Einsichten und Momente: Galuppis geisterhaftes Andante spiritoso und Larghetto, die elegische Süße in Cimarosas Sonatensätzen oder auch die Kompromisslosigkeit, die die Kopfsätze von Haydns Sonate Nr. 47 und Mozarts c-moll-Sonate mit den stürmerisch-drängenden Rondo aus der Feder von C.P.E. Bach verbindet.

Olafsson ist in seinem Spiel bei aller kristallinen Klarheit den Extremen nicht abgeneigt, dehnt etwa Mozarts Fantasie d-moll im Tempo sehr stark und romantisierend, lässt sie zudem als Fragment stehen und knüpft statt der banalisierend ergänzten Schlusswendung lieber direkt (und erstaunlich schlüssig) mit Cimarosa an. Doch all das ist niemals prätentiös, sondern stets gut durchdacht oder zumindest bedenkens- und hörenswert, wenn auch nicht durchweg neu. Der Reiz und das Besondere liegt tatsächlich in der programmatischen Zusammenstellung, die auch einmal ohne Scheu zum Arrangement (Mozart Streichquintett) oder zu selbst erdachten Harmonisierung greift (Cimarosa Sonaten) bzw. ganz ohne Kitschphobie die musikgeschichtlichen Nachwirkungen mit einbezieht (Liszt Transkription Ave verum).

Wer also ein loungig-plätscherndes Klangpanorama erwartet, ist hier definitiv falsch. Wer aber bereit ist, sich auf eine Entdeckungsreise durch eine der spannendsten, vielfältigsten Epochen der Musikgeschichte zu machen, findet in Ólafsson einen kundigen Reiseleiter, der einiges zu erzählen und in größere Zusammenhänge zu stellen weiß.



Sven Kerkhoff



Trackliste
Mozart: Klaviersonaten Nr. 14 & 16; Rondos D-Dur KV 485 & F-Dur KV 494; Fantasie d-moll KV 397; Kleine Gigue G-Dur KV 574; Adagio h-moll KV 540
+Mozart / Liszt: Ave verum KV 618
+Mozart / Olafsson: Adagio aus Streichquintett KV 516
+Galuppi: Andante spiritoso aus Klaviersonate Nr. 9; Larghetto aus Klaviersonate Nr. 34
+CPE Bach: Rondo d-moll H 290
+Cimarosa / Olafsson: Andantino aus Klaviersonate Nr. 42; Klaviersonate Nr. 55
+Haydn: Klaviersonate Nr. 47 h-moll
Besetzung

Vikingur Ólafsson: Klavier


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