Scott Walker

Scott


Info
Musikrichtung: Baroque Pop / Chanson

VÖ: 1992(1967)

Fontana/Phonogram (Philips)

Gesamtspielzeit: 40:33


Dieses Album war die erste Solo-Veröffentlichung von Scott Walker, nachdem er die Walker Brothers nach "Images" verlassen hatte. In den Vereinigten Staaten erschien die Platte unter dem Titel "Aloner", ansonsten geht es hier um Scott.

Wie ich mich erinnere, sorgte das Album, als es 1967 erschien, auch für einige Verwirrung. Die "Hitparaden-verwöhnten“ Walker Brothers-Fans stießen hier auf verhältnismäßig sperriges Songmaterial, und damit konnten Viele gar nicht so recht etwas anfangen. Und alle Jene, die sich mit "progressivem“ Rock beschäftigten, war dieses so eine Art "Schlager-Fuzzy-Musik" und nicht akzeptabel. Dennoch stieg das Album in Grossbritannien hoch in die Charts ein.

Nun, was uns Scott mit seinem ausdrucksstarken Bariton vorlegte, war ja schliesslich absolut hochwertig und da er für Viele auch die Stimme der Walker Brothers war, blieb dieser Erfolg dann doch nicht vollends aus. Diese Mischung aus exquisiten Eigenkompositionen und Coverversionen bietet niveauvolle Musik mit Anspruch und gleichzeitig hohem Unterhaltungswert. Die mitunter streicherüberfluteten Arrangements, angelegt durch gleich drei bekannte Arrangeure, Wally Stott, Reg Guest und Peter Knight, forderten durch ihre wuchtige Intensität. Produziert wurde ebenfalls von einem Profi, von John Franz.

Durch dramatisch wirkendes Ansteigen und Abschwellen bei einzelnen Songs und/oder eleganten Wechseln innerhalb derer entwickelten sich höchst komplexe und orchestrale Strukturen von faszinierender Schönheit. Stark vom belgischen Chansonsänger Jacques Brel inspiriert (von ihm im Original, hier als Cover die Songs “Mathilde“, "My Death“ und "Amsterdam“), versuchte sich Walker hier mit einer dramatischen Darstellung bewegender, teils düsterer Themen mit dem Hauch von Verzweiflung, und das auf sehr überzeugende Art und Weise.

Einem Donnerschlag gleich führt uns der Eröffnungstitel "Mathilde" sogleich in diesen mächtigen Kosmos überwältigender Klänge. Das galoppierende Schlagzeug, die wuchtigen Bläser und Streicher, die begleitende Orgel und darüber der engagierte und alles Herauslassende Gesang des Protagonisten, da ist man sofort gefangen. Einer meiner ewigen Lieblings-Songs stellt sich bereits jetzt ein. Ja, "Montague Terrace (In Blue)" ist für mich der Höhepunkt, eine Eigenkomposition mit einem fantastischen Arrangement, dieses schleichende und bohrende Herantasten über eine Minute, bis es dann für gut 30 Sekunden losbricht, das erzeugt bei mir immer wieder Schauer über den Rücken, das ist Dramatik pur, die sich, wenn man sich darauf einlässt, tief ins Gemüt bohrt....., und nie wieder loslässt.

Trotz mitunter grosser Dramatik strahlt die Musik ebenfalls eine ungeheure Schönheit aus. (so empfinde ich das zum Beispiel bei Tim Hardin’s "The Lady Came From Baltimore“) Aber auch Elemente von Melancholie, Sentimentalität und leichter Morbidität ("My Death") finden wir im Laufe der zwölf Songs vor. Texte voller Poesie und Lyrik, traumhafte musikalische Umsetzung, wie kann man das nur schöner machen? Geht nicht, das ist eine meiner "Inselplatten", und jeder einzelne Song ist ein Hit!



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Mathilde (Brel, Jouannest, Shuman) 2:39
2 Montague Terrace (In Blue) (Walker ) 3:31
3 Angelica (Mann, Weill) 4:02
4 The Lady Came From Baltimore (Hardin ) 1:59
5 When Joanna Loved Me (Segal, Wells ) 3:08
6 My Death (Brel, Shuman) 4:57
7 The Big Hurt (Shanklin) 2:26
8 Such A Small Love (Walker ) 4:55
9 You're Gonna Hear From Me (Previn, Previn ) 2:53
10 Through A Long And Sleepless Night (Gordon, Nessan, Newman) 4:12
11 Always Coming Back To You (Walker ) 2:41
12 Amsterdam (Brel, Shuman) 3:04
Besetzung

Scott Walker (vocals)
Wally Stott (arrangements, conductor)
Reg Guest (arrangements, conductor)
Peter Knight (arrangements, conductor)



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