Lionel Loueke

The Journey


Info
Musikrichtung: World Music

VÖ: 28.09.2018

(Aparté)

Gesamtspielzeit: 52:51

Internet:

https://www.lionelloueke.com/
http://www.nuzzcom.com/
https://www.pias.com/


Lionel Loueke wurde in Westafrika, am 27. April 1973 in Benin, geboren. Über Umwege der Elfenbeinküste und Paris zog es ihn in die Vereinigten Staaten von Amerika. Zum Jazz soll er durch ein Album des Gitarristen George Benson gekommen sein. Geschult wurde er jedoch in traditioneller afrikanischer Musik, später auch Pop-Musik von dort. Erst in Paris kam es durch Kontakte mit Jazzgitarristen zu einem Schwenk zum Jazz. Und so kam es nach und nach zu einer Fusion beider Interessen, und Loueke avancierte alsbald zu einem Shooting Star der Szene.

Aufmerksam bin ich auf den Gitarristen geworden durch Beteiligungen an Platten für Terence Blanchard und Herbie Hancock. Im Jahre 2005 erschien dann unter eigenem Namen ein Album, “Gilfema“. Weitere Veröffentlichungen folgten. Sein drei Jahre altes Album “Gaia“ zeichnete sich noch durch eine besondere Art von Jazz-Fusion aus, nun, mit dem aktuellen The Journey scheint es eine teilweise Rückbesinnung auf die Musik der Heimat zu sein. So schreibt der Protagonist in den Liner Notes auch, dass dieses Album ein sehr persönliches Projekt sei, eine Reflektion der Melodien und musikalischen Atmosphäre, die er jeden Tag mit sich trage. Die Musik sei entstanden mit der hoch talentierten Mithilfe von Musikern verschiedener Genres, aus dem Jazz, klassischer Musik, afrikanischer und brasilianischer Musik. Somit sei eine Erweiterung seines musikalischen Universums gelungen. “This disc is a testament to that spirit, a Journey…taking us far beyond conventions“.

Und von Konventionen trägt uns die Atmosphäre der Musik in der Tat weit weg. Meint man zunächst noch, rein afrikanisch geprägte Musik zu hören, so vermengen sich bereits beim zweiten Song Einflüsse aus Brasilien und Jazz, das subtil rhythmische “Molika“ ist übrigens den 3 Kindern von Lionel gewidmet, schön gemacht! Ansonsten gibt es mit jedem Song neue nuancierte Überraschungen, das im Dialekt Yoruba gesungene “Bawo“ swingt in elegantem Reggae-ähnlichem Rhythmus. Und hierbei ist bereits etwas auffällig geworden, nämlich, dass Loueke seinen Gesang sehr ruhig, leise und zart angelegt hat, hier erinnert es mich an viele Interpreten der brasilianischen Musik, die auch diese Gelassenheit ausstrahlen.

Und so geben sich ruhige Songs die Klinke in die Hand, nur gelegentlich wird es lebhafter, zum Beispiel mit “Mandé“, wenn virtuoses Überblasen auf der afrikanischen Peul-Flöte mitreißt, über diesem unwiderstehlichen und zum Wiegen der Hüften anregenden Rhythmus, und dazu spielt Loueke ein sehr eigenwilliges Gitarrensolo auf der Elektrischen, es „klickert und klackert“ förmlich. Darüber hinaus spielt er die Gitarre auf nicht unbedingt übliche Art und Weise. Und perkussiv sind sie eigentlich alle, die Songs, es sind Nuancen, die jedem seine Eigenart verpassen, bei “Kába“ ist es zum Beispiel die kratzende Geige von Mark Feldman. Ganz ruhige Momente entstehen dann, wenn der Gitarrist ganz allein ist mit sich und seiner Gitarre und ein wenig Perkussion, so zählt “Vivi“ zu den zarten Ausflügen dieser Platte.

Im Laufe der Spielzeit ergeben sich keine Abnutzungserscheinungen, der Spannungsbogen wird gehalten, und aufgrund der Vielseitigkeit stößt man dann auch zum Schluss noch auf solche filigranen Perlen wie “Okagbé“. Nach einer reinen Solovorstellung mit der Gitarre verabschiedet uns Loueke dann schließlich mit einer reinen Gesangsvorstellung, “The Healing“, zum Stück schreibt er wie folgt: “Let us seek within ourselves the peaceful solution that will free us from suffering“. Eine Platte mit sehr ungewöhnlicher Musik, die wahrhaft schlecht in eine Schublade zu packen ist, ist zu Ende und hinterlässt ein Gefühl von Ruhe, von Besinnung und Warmherzigkeit.



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Bouriyan
2 Molika
3 Bawo
4 Vi Gnin
5 Mandé
6 Kába
7 Dark Lightning
8 Vivi
9 Hope
10 Gbê
11 Gbêdetemin
12 Guira
13 Okagbé
14 Reflections on Vi Gnin
15 The Healing
Besetzung

Lionel Loueke (vocal, guitar, percussion, bass)
Pino Palladino (bass)
Cyro Baptista (percussion)
John Ellis (soprano saxophone)
Vincent Ségal (cello)
Patrick Messina (clarinet)
Mark Feldman (violin)
Massimo Biolcati (bass)
Ferenc Nemeth (percussion)
Étienne Charles (trumpet, percussion)
Dramane Dembélé (peul flute)
Christi Joza Orisha (percussion)
Robert Sadin (soundscape)



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