Musik an sich


Reviews
Nils Wogram´s Lush

Pretty good news


Info
Musikrichtung: Psychedelischer Space Jazz (Radoihead auf Jazz)

VÖ: Oktober 2009

(Unit Records / Prohelvetia)

Gesamtspielzeit: 61:01

Internet:

http://www.nilswogram.com


Der in Braunschweig geborene Nils Wogram (Hauptinstrument Posaune) hat eine ziemlich beeindruckende Vita. Wer diese noch nicht kennt kann den Werdegang des 37 Jährigen unter http://www.nilswogram.com/public/biography.php nachlesen.
Das neuste Projekt ist die Band Lush, bei welcher seine Hauptpartnerin die Schweizer Sängerin und Multiinstrumentalistin Simone Vollenweider ist.
Das Album bietet sechs Stücke, die es auf eine erstaunlicheSpielzeit von über einer Stunde bringen. Das kürzeste Stück liegt bei 7.30, das längste bei 12:42.
Die ersten Klänge vom Opener „Pretty good News“ deuten auf ein leicht beschwingtes, aber Richtung Free Jazz tendierendes Wert, doch die Fährte ist falsch, wenn auch Elemente davon enthalten sind. Das Stück leitet zunächst mit feinem poppigen Jazz ein, wird mehr Fach von einer DJ Stimme unterbrochen, es wird ein kurzes, wildes Schlagzeugsolo eingestreut, ansonsten dürfen Posaune und Tasten sich mit sehr virtuosen Einlagen Duelle liefern.

Der feine aber seltene Gesang rundet ein klasse Stück ab. Das es nie langweilig wird, liegt an den immer wieder auftauchenden psychedelisch angehauchten Free Passagen.
„Into the warmth“ startet mit langsamen, melancholischen Pianoparts über den sich der ebenso melancholische Gesang legt. Daraus entwickelt sich dann ein sehr beschwingtes Stück, geführt von einem straffen Bass und einer unglaublich stark gespielten Posaune. Auch hier gibt es wieder dieses schöne Zusammenspiel zwischen Tasten und Blasinstrumenten.
Eine Be-Bop Einlage und kräftiges Schlagzeug leitet mit dem Selben Posaunenmotiv in das dritte Stück über. Hier gibt es Soulanleihen und bei manchen Gesangsparts fühlt man sich an YES (Jawohl, es gibt auch Progrock Elemenete) erinnert. Im Mitteteil unterstützen dann Schlagzeug, Perkussion das schräge Posaunensolo. Und hier setzt nun auch erstmals verstärkt Elektronik ein, die dem Ganzen einen sehr spacigen und ausgeflippten Touch geben. Allerdings bleibt es immer hörbar und driftet nicht in Kakophonien einige Free Jazzer ab.
„I will be fine" beginnt mit einer betörenden Pianomelodie und den zwischen Engelsgleich und dissonant liegendem Gesang. Diese Einleitung dauert sagenhafte der Minuten. Dann setzt ein tiefer, dunkler Bass ein und das Klavier geht über in eine ebenso traurige Spur. Hier kommt eine Menge New Artrock durch, die Spannung die aufgebaut wird und der Sound könnte auch von Archive oder Porcupine Tree stammen, nur sind es halt andere Instrumente. Auch schleichen sich hier natürlich auch die Posaune und mit Ihr die jazzigen Klänge ein. Bestimmendes Instrument ist neben der Stimme jedoch ein wunderbar gespieltes Schlagzeug. Das nuancenreich und doch treibend ist. Postrock und Talk Talk kommen mir in den Sinn. Dieser, wiederum ca. fünf Minuten lange Teil, erhält am Ende auch wieder eine wundervoll und diesmal sehr sanft gespielte Posaune. Am Ende geht es wieder zu sanften Klängen und fast unmerklich im Hintergrund laufender Elektronik zurück und man wird sanft aus diesem Song heraus geleitet.
„Unveiled Dephs“ geht dann in psychedelischere Dimensionen. Sounds, Klavierklänge und Sprechgesang führen zu einem verloren wirkenden Pianospiel über dem die Stimme liegt. Düster und traurig. In Minute Fünf setzen dann sehr düstere Klänge aus Elektronik, Posaune und Bass ein. Dissonante Klänge aus Blasinstrumenten und Elektronik setzen ein Alptraumgleiches Szenarium in Klänge. Der Song endet mit dem Wegfall der dissonanten Klänge, einem straighten Schlagzeug und einem eben solchem Bass, welche weiterhin bedrohlich traurig klingende Sounds und Posaune begleiten.
Im letzten Song werden dann noch mal alle Register über zwölf Minuten gezogen, um einen beeindruckt zurück zu lassen.

Es ist schwierig, für dieses in seiner Art wohl ziemlich einzigartige Crossover Album Referenzpunkte zu setzen. Ich fühle mich oft an Carla Bley, und hier besonders an den Sound das von Ihr geschriebenen und mit eingespielten Solo Albums des Pink Floyd Drummers Fictittious Sports erinnert. Wobei dieses natürlich wesentlich songorientierter war als dieses Wer, welches immer Raum für Solos und Sounds gibt. Ansonsten kann man natürlich auch andere Referenzen aus dem Jazz, Keith Jarrett vielleicht.
Aber eigentlich kann ich dieses Album jedem Rockfan, der auch mal in eine andere Richtung gehen will, nur empfehlen, denn mit der richtigen Ruhe gehört ist es ein prima Einsteiger Album. Was aber nicht heißt, das hier Easy Listening geliefert wird, ganz im Gegenteil, Pretty Good News ist äußerst anspruchsvoll, aber es dankt einem die Aufmerksamkeit mit einer vollen Stunde Flug in eine andere Welt.



Wolfgang Kabsch



Trackliste
1Pretty Good News9:11
2 Into the warmth10:38
3 Hung-Re You7:31
4 I will be fine12:43
5 Unveiled Depth9:37
6 Thinking of You11:21
Besetzung

Nils Wogram: Trombone, Melodica
Simone Vollenweider: Gesang
Colin Vallon: Piano, Fender Rhodes
Wolfgang Zwieauer: Bass
Kaspar Rast: Drums
Tilam Erhorn: Electronics


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