Musik an sich


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Händel, G. F. – Mozart, W. A. (Budday)

Messiah / Messias


Info
Musikrichtung: Barock Instrumental

VÖ: 12.08.2008

(BIS / Klassik Center Kassel / 3 SACD hybrid 2007 / Best. Nr. 1705/06)

Gesamtspielzeit: 163:39



HÄNDELVARIATIONEN

Die CD-Reihe aus dem Kloster Maulbronn bietet G. F. Händels meistgespieltes Oratorium The Messiah nicht nur in einer der Händelschen Originalfassungen, sondern auch in der Bearbeitung durch W. A. Mozart. Der passte das schon damals berühmte Werk im Auftrag des musikhistorisch bewanderten Barons Gottfried van Swieten den Wiener Aufführungsgepflogenheiten an, indem er den schlichten Orchestersatz mit Holzbläserstimmen anreicherte, den Generalbass umformte und die Arien durch Kürzungen und harmonische Veränderungen „verdichtete“, während die Chöre bis auf einige Modifikationen hinsichtlich solistischer Einsätze unangetastet blieben. Auch bei den Temporelationen folgt seine Einrichtung den organischeren Vorstellungen der Wiener Klassik. Der Grundpuls verlangsamte sich und die Übergänge zwischen den Nummern wurden weicher, eine Tendenz, die freilich schon vor Mozarts Eingriffen durch die englischen Großbesetzungen und eine zunehmend pathetischere Auffassung der Musik unterstützt wurde.
Klanglich büßte Händels Oratorium an barockem Glanz ein – die Trompeten vor allem klangen im späten 18. Jahrhundert nicht mehr so strahlend -, gewann dafür aber an „Erhabenheit“ und orchestraler Opulenz. Schließlich sollte noch die Eindeutschung des Librettos helfen, das Werk einem zeitgenössischen Publikum nahezubringen.
Aus damaliger Sicht wurden Mozart Eingriffe nicht als gravierend empfunden, sie lagen im Horizont zeitgenössischer Bearbeitungspraxis. Dennoch ist das Projekt heute doch eher von historischem Interesse: Es gibt zum einen Aufschluss über die Händelrezeption nach dessen Tod, zum anderen versteht man die originellen kontrapunktischen Entwicklungen in den späten Kompositionen Mozarts besser, wenn man um seine Beschäftigung mit barocker Musik weiß. Seinerzeit wurde die Bearbeitung für einen Kreis von Kennern und Liebhabern wohl mit kleiner Besetzung aufgeführt. Belegt ist die Mitwirkung von lediglich 12 Chorsänger/innen. Das wird für ein eher leichtes, transparentes Klangbild gesorgt haben, durch das vor allem die Eingriffe Mozarts in die Orchestrierung durchaus Effekt gemacht haben dürften.
In der Aufnahme aus dem Kloster Maulbronn klingt im Orchester aufgrund des Halls Vieles zu verwaschen. (Holz)bläser und Streicher finden nicht immer zur orchestralen Einheit zusammen. Das deutsche Libretto und die härtere Diktion sind Geschmackssache, auch wenn die Solisten in dieser Aufnahme ihre Sache ordentlich machen. So hält man sich an die Chöre, auch wenn die jetzt statischer, weniger im barocken Sinne affektvoll als klangmächtig wirken.

Es geht eben nichts über das Original. Bei der „originalen“ Messiah-Produktion überzeugt einmal mehr der klangschöne und bewegliche Maulbronner Kammerchor. Abstriche sind leider bei den Solisten zum machen: Mark LeBrocq, im Joshua ein verlässlicher israelitischer Heerführer, klingt hier müde und schwerfällig, worunter vor allem das herrliche eröffnende Tenorsolo leidet. Eine nasale Tongebung fällt beim Bass Christopher Purves auf - war er zum Zeitpunkt der Aufnahme indisponiert? Altist Michael Chance schließlich, der 1986 unter Trevor Pinnocks Version des Messiah eine Glanzleistung hinlegte, bewältigt seinen Part nur mehr mit blasser, schartig gewordener Stimme. Einzig Miriam Allan vermag hier zu überzeugen. Die Zahl der guten und hervorragenden Vergleichseinspielungen ist sehr groß. Auch deshalb



Georg Henkel



Trackliste
Messias: 133:00
Messiah: 147:00
Besetzung

Messiah (Händel)
Miriam Allan: Sopran
Michael Chance: Altus
Mark LeBrocq: Tenor
Christopher Purves: Bass

Messias (Händel/Mozart)
Marlies Petersen: Sopran
Margot Oitzinger: Alt
Markus Schäfer: Tenor
Marek Rzepka: Bass

Maulbronner Kammerchor

Hannoversche Hofkapelle

Leitung: Jürgen Budday


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