Bach, J. S. (Papavrami, T.)

Sonaten und Partiten für Violine Solo


Info
Musikrichtung: Barock Violine

VÖ: 03.09.2021

(Alpha / Note 1 / 2 CD DDD / 2020 / Best. Nr. Alpha 756)

Gesamtspielzeit: 138:00



SCHNÖRKELLOS

Eine Einspielung, die gleichzeitig eine Synthese von historischer und nachbarocker Aufführungspraxis anzielt: Tedi Papavrami spielt Bachs 2x3 Sonaten und Partiten für Violine solo auf einer modernen Geige mit einem Bogen des 19. Jahrhunderts. Es ist sein zweiter Angang, der erste fand bereits 2004 statt (Label: Aeon). Obschon man auch die damalige Einspielung kaum als im traditionellen Sinne romantisch bezeichnen kann, wirkt die zweite Version noch mal um einiges strenger (aber auch anstrengender). Als gestalterische Mittel lässt Papavrami zur Darstellung der einkomponierten Mehrstimmigkeit nur die Phrasierung und die Klangfarbe zu. Das Vibrato ist weitgehend herabgedimmt, die Dynamik einzelner Töne meist ein Ergebnis der Artikulation. Der nackte, gleichwohl substanzreiche Ton soll es sein und nichts sonst.

Tatsächlich gewinnt man den Eindruck, dass die leuchtende Klangspur der Violine sich gegen die hintergründige Stille des Aufnahmeortes, des Arsenals in Metz, mit ähnlicher Markanz abhebt wie eine Heiligendarstellung auf einem Gemälde von Jusepe de Ribera oder Francisco de Zurbarán gegen die diese umgebende Dunkelheit, wobei die Figuren in ihrer einsamen Askese zugleich oft unheimlich sinnlich, ja von innerem Feuer erfüllt erscheinen. Erdverhaftetheit und mystische Ekstase sind kein Widerspruch. Diese sozusagen barocke Dimension, die die spirituellen Essenz der Musik zum Klingen bringen will, ist bei Papavrami zugleich mit einem modern anmutenden Verständnis für die abstrakte Konstruktion der Musik gepaart. Deren innere Struktur tritt in großer Klarheit aber auch Geschmeidigkeit zu Tage, nicht zuletzt aufgrund der makellos technischen Möglichkeiten des Interpreten.

Das klingt organisch, klar und schnörkellos, in der durchdringenden Insistenz des Geigentons aber auch fordernd, nicht zuletzt für die Ohren. Daher ist es beim Hören noch einmal besonders geboten, sich der Energie der einzelnen Partiten oder Sonaten, ja vielleicht auch nur einzelnen Sätzen in der rechten Dosierung zu widmen.



Georg Henkel



Besetzung

Tedi Papavrami, Violine


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