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Perfektion und Authentizität - IN EXTREMO in Trier





Das römische Amphitheater in Trier ist sicherlich schon an sich ein spektakulärer Konzertort. Wenn dann aber noch In Extremo dort zu einem Konzert lädt, dann darf man sich davon schon eine Menge versprechen! Das haben dann dementsprechend außer mir dreieinhalb tausend weitere Menschen unterschiedlichster Couleur. Nicht nur erstreckt sich die Altersspanne von 5 bis ca. 65 Jahre, auch das Aussehen der Vielen variiert stark: sog. Mittelalterkostümierte, Punks, Pubertierende in ihren Slipknot- und Dimmu Borgir-Shirts, gestandene Mütter und Väter mit Thin Lizzy-Druck, waschechte, langhaarige Metaller - alles drängt sich in die römische Arena.

Die dortige Bühne ist etwas kleiner ausgefallen als man es noch auf der DVD Am Goldenen Rhein im Kölner Palladium sehen konnte; nicht einmal das Sängerkrieg-Logo-Banner paßte ganz auf die Rückwand. Auch von den vielgrühmten Videopallets ist erstmal nichts zu sehen. Beinahe beruhigend werden die Fans mit Musik von Johnny Cash unterhalten, sicherlich nicht die schlechteste CD...
Diese bricht jedoch aprubt ab, und traditionelle finnische Klänge erklingen. Es entern 2 Gitarristen, ein Bassist, ein Drummer - sowie ein Akkordeonspieler und ein Geiger die Bühne: Die Finnen von Korpiklaani. Nicht nur, dass Gitarrist Cane eine Wodkaflasche triumphierend in Richtung Publikum hält, das ist auch das Motto für das erste Lied! Lapidarer Kommentar meines Bruders: "Naja, finnischer Wodka is´ halt lecker!" Scheint auch verdammt gute Lauen zu machen, denn dann haben Korpiklaani eine dreiviertel Stunde lang richtig Spaß auf der Bühne. Überwiegend gut kommen ihre schnelleren Lieder (vielleicht sollte man das "Fun-Thrash mit Folkloreelementen" nennen) beim Publikum an, doch ein wenig schwer tun sie sich schon: das Publikum geht eigentlich erst dann mit, wenn Sänger Jonne und wiederum Gitarrist Cane es dazu animieren - was sie aber ganz gerne zu tun scheinen! Auch 2 Songs vom neuen Album Karkelo spielen die Finnen, wollen dann aber doch vom Publikum mal wissen, wer sich die CD denn schon zugelegt habe. Das Durchzählen ergibt: 7. Bei allen diesen 7 bedanken sich Korpiklaani daraufhin und verabschieden sich schon mal in Richtung Wacken.

Ebenso wie sie gekommen sind, plötzlich und mit finnischen Klängen, verlassen Korpiklaani die Bühne wieder und es beginnt eine Umbauphase von einer halben bis dreiviertel Stunde - wiederum zu den Klängen von Johnny Cash. Langsam wird es dämmerig, als das In Extremo-Intro beginnt und die "Sieben Köche" die Bühne betreten, um mit jenem Song ihr Programm zu eröffnen. Die Setlist selber enthält eigentlich kaum Überraschungen: "Frei zu sein", "Liam", "Hiemali Tempore", "Ave Maria", "Poc Vecem", "En Esta Noche"... alle werden vom Publikum natürlich laut mitgesungen und frenetisch gefeiert. Eine kleinere Überraschung ist dann vielleicht doch das Lied "Spielmann" vom Album Mein rasend Herz.
Ich habe die Band zum letzten Mal live vor nunmehr 10 Jahren gesehen, und es ist faszinierend, wie es In Extremo, die ja eigentlich seit Jahren auf Dauertournee sind, noch immer ihr Publikum zu faszinieren und gekonnt zu unterhalten! Die in den Jahren gewonnene Professionalität führt nicht zu langweiligen Form von Routine, sondern scheint den Spaß sowohl auf Seiten des Publikums als auch der Band selbst nur zu maximieren. Alle Bandmitglieder führen auf der Bühne während der und zwischen den Liedern ständig Gespräche miteinander und zwischen den Songs dann eben vor allem einen Dialog mit dem Publikum. Mal wird Wasser verteilt, dann wiederum ein Schlauch für die Schwitzenden in der ersten Reihe verlangt (leider umsonst), Fans, die sich als Franzosen outen werden gesondert begrüßt - und dann kommt der Moment im Mittelteil von "Ai Vis Lo Lop" (der ja immer schon zur Ineraktion von Einhorn und Publikum einlud), in dem das Einhorn ein Didgeridoo in der Menge ausmacht und die Besitzerin unter dem Jubel und Applaus des Publikums für zehn Minuten zum Mitspielen auf die Bühne holt...

Genau dies sind die Elemente, die das Publikum an In Extremo, natürlich neben der Musik, so faszinieren: Die Authentizität und den Spaß, den die Band so vollkommen unprätentiös rüberzubringen versteht. Ach ja, natürlich dürfen auch die Flammen zu jedem "Ho-Ho" des Publikums nicht vergessen werden, die Knalleffekte, der Feuerstab des Yellow Pfeiffer, die Versunkenheit Flex´ des Biegsamen beim "Liam"-Intro und das Harfensolo des Dr. Pymonte am Beginn von "Vollmond", bei dem es künstliche Rosenblätter regnet... Und auch die Videopallets werden doch noch hochgefahren und untermalen weite Teile des Konzerts mit ihrem Farb- und Formenspielen!

Der halbe Mond bescheint die Szenerie, als sich In Extremo mit dem laut geforderten "Spielmannsfluch" und dem obligatorischen... naja, ihr wißt schon... vom Trierer Publikum in Richtung Wacken verabschieden, um dort ein weitaus größeres Publikum zu unterhalten und zu beglücken!


Andreas Matena



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