Musik an sich


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Hanno Herzler

Du füllst des Lebens Mangel aus – Paul Gerhardt; Leben und Lieder (Hörbuch)


Info
Musikrichtung: Geistliches Lied

VÖ: 2007

(Gerth)

Gesamtspielzeit: 76:43


Man spürt es Du füllst des Lebens Mangel aus an, dass hier ein erfahrener Hörspielautor am Werke war und kein Kirchengeschichtler, der mal eben versucht hat, seine Erkenntnisse anlässlich des Gerhardt-Jubeljahres in einer angesagten, publikumswirksamen Darreichungsform zu präsentieren.

Herzler gelingt es im Wechsel von erzählendem Text, Spielszenen und eingelesenen historischen Dokumenten den Pfarrer Paul Gerhardt in seiner Zeit während und nach dem 30-jährigen Krieg lebendig werden zu lassen.

Dabei verzichtet er auf billige Effekte oder den Versuch Gerhardt plakativ zu verkaufen. Gerhardt konnte bescheiden bis zur Selbstverleugnung sein, von sprachgewaltigem Trost und geradezu dickschädeliger Sturheit. Alle diese Seiten des Dichters kommen in Du füllst des Lebens Mangel aus zur Sprache.

Und dann natürlich auch seine Lieder. Was wäre eine „hörbare“ Biographie Gerhardts ohne seine Lieder? Aber auch hier schreibt Herzler mit der Hand eines Profis. Gerhardts Lieder werden sachdienlich eingestreut und so dosiert, dass der Hörfluss eines Hörbuches nicht unterbrochen wird.

Bei einer Produktion aus dem Hause Gerth wird bei der Musik natürlich auf Veröffentlichungen aus demselben Haus zurückgegriffen, die allesamt bereits bei „musikansich.de“ besprochen worden sind.
Da ist der klassische Kirchengesang vom Bach-Chor Siegen (Paul Gerhardt; Die schönsten Choräle; MAS-Review: Mai 2007) und von Margaret Birkenfeld (Paul Gerhardt - Ich singe dir mit Herz und Mund; MAS-Review: Juli 2007), die modernen Gesangsarrangements von Sarah Kaiser (Gast auf Erden; MAS-Review: Oktober 2003 und Geistesgegenwart; MAS-Review Februar 2007), die klassischen Instrumentalversionen vom Westfälischen Blechbläserensemble (Lobet den Herren, alle, die ihn ehren; MAS-Review: September 2007) und last not least Dieter Falks moderne Instrumentals (A Tribute to Paul Gerhardt; MAS-Review: August 2007), die in der hier eingestreuten Dosis deutlich besser munden, als en bloc gehört.

Herzler ist fast immer in der Lage, die theologischen und historischen Hintergründe so zu beleuchten, dass sie auch dem theologischen Laien verständlich sind, ohne sie inhaltlich zu verfälschen oder bis zur Unkenntlichkeit zu entstellen. Lediglich beim Konfessionsstreit zwischen Lutheraner und Reformierten stolpert er ein wenig. Der ist für Gerhardts Werk, um das es im Hörbuch ja im Wesentlichen drehen soll, aber nur insofern von Bedeutung, als er es beendet. Denn Gerhardts konsequente Haltung in diesem Streit kostet ihn seinen Posten an der Berliner St. Nikolai Kirche und führt letztlich zum „Exil“ im Lübben, wo Gerhardt bis zu seinem Tode bleibt ohne weitere Lieder zu schreiben.



Norbert von Fransecky



Trackliste
1Die Taufe …
2… in Gräfenhainichen
3Krieg!
4Einzug in Grimma
5Tageablauf
6Der Bruder
7Wittenberg
8Die erste Laudatio
9Bei Familie Berthold
10Passionssalven
11„Nun ruhen alle Wälder“
12Pfarrer in Mittenwalde
13Die Ehefrau
14Das Töchterchen
15Nach St. Nikolai!
16Neue Lieder
17Der Religionsstreit
18Eine Gewissensfrage
19Abschied von Anna Maria
20„In Satans Sieb geschüttelt“
Besetzung

Erzählung:
Hanno Herzler

Historische Zitate:
Christoph Sauer

Sprecher in den Hörszenen:
Marcel Barion
Kaja Bergmann
Samuel Bernhardt
Hans Eckardt
Daniel Eschner
Sarah Haumann
Christine Kohnen
Dagmar Mende
Sandra Müller
Daniel Schäfer

Musik:
Bach-Chor Siegen
Margaret Birkenfeld
Sarah Kaiser
Dieter Falk
Westfälisches Blechbläserensemble


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