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Musik an sich
 
Silverchair - Diorama
bereits erschienen (Eleven)
Rock
Trackliste:
1. across the night
2. the greatest view
3. without you
4. world upon your shoulders
5. one way mule
6. tuna in the brine
7. too much of not enough
8. luv your life
9. the lever
10. my favourite thing
11. after all these years
 

Newcaste, Australien - 1992: Der pubertierende Daniel, der von seinen Eltern liebevoll "Dannyboy" gerufen wird, fragt, durch die Hard Rock - Plattensammlung seiner Eltern angeregt, seine Kumpels Ben und Chris, ob sie nicht Lust hätten, der Langeweile mittels einer Band den Garaus zu machen. Bald darauf trägt das Proben in der staubigen Garage Früchte und die Band kann einen Talentwettbewerb für sich entscheiden, der ihnen die Produktion der ersten EP "Tomorrow" ermöglicht. Der Plattendeal folgt und für die Alben "Frogstomp" (1995) und "Freak Show" (1997) hagelt es Platinplatten; die Band etabliert sich in der internationalen Musikszene. Und trotzdem:

Musikjournalisten stempeln Sänger/Gitarrist/Songwriter/Veganer/Frauenschwarm Daniel Johns zu Hauf als Cobain-Clon ab, doch mit dem Erscheinen von "Neon Ballroom" im Jahr 1999 muss auch bei den emsigsten Kritikern der Hohn dem Respekt weichen. Besonders die ausgeklügelten Orchestrierungen, die dem Kopf von Klaviervirtuose David Helfgott entsprangen, sorgten für ein ausgeglichenes Album. Mit der Ankündigung eines neuen Silverchair-Albums ging sowohl für die Fans als auch für Journalisten die Rätselei los: Zurück zu riff-orientierten grunge-esken Songs oder hin zu schmachtenden Hymnen mit hoch frequentierten Kopfstimmeneinsatz?

Das Ergebnis, welches Ende Juli 2002 in die deutschen Plattenläden kam, gibt Aufschluss. Äußerlich hat sich der charismatische Frontmann kaum verändert, nur ein (unter weiblichen Fans umstrittenes) Zickenbärtchen ziert sein Gesicht. Musikalisch ist es eine Weiterführung seiner Affinität zu klassischen Instrumenten und dabei haben es im die Streicher besonders angetan. Van Dyke Parks der u.a. schon für die Beach Boys und U2 musikalische Arrangements zauberte, stand dem talentierten Songwriter dabei hilfreich zur Seite. Die "Dannyboy"-Rufe dürften den Zynikern schon beim Opener "Across the night" im Halse stecken geblieben sein. Überrascht dieser doch mit einer Cembalo-Untermalung. Im Vergleich dazu und zu anderen sehr orchesterlastigen Stücken wie "Luv your live" und "After all these years" wirkt die erste Singleauskopplung "The Greatest View" schon geradezu als musikalischer Wutausbruch. Außer "The lever" und "One way mule" sind es dann auch größtenteils ruhige Songs die dem Album z.B. bei "Tuna in the Brine" einen pompös-epischen Charakter verleihen.

Das ist dann auch das einzige Manko, welches man Silverchair bei "Diorama" vorwerfen kann. Stellenweise sind die Songs geradezu überfrachtet mit Geigenverzierungen und Pianoschnörkeln und geben der grandiosen Stimme Johns' nicht genügend Freiraum zur Entfaltung. Textlich gesehen hat Daniel Johns den depressiven Inhalten größtenteils abgeschworen und gibt sich teilweise überraschend optimistisch und romantisch, umso trauriger in diesem Zusammenhang die akute Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Johns. Arthritis erschwert ihm so gut wie alle Bewegungsabläufe und Gitarrespielen ist in diesem Zustand pure Utopie. Promo-Termine und Tour wurden kurzerhand abgesagt. Für einen Menschen, der wie er ständig kreativen Output mittels Musik ausdrückt: eine Qual. Hoffentlich genest er schnell, um die Welt mit neuen Songs für ein paar Minuten stillstehen und aufhorchen zu lassen.

17 von 20 Punkten

Christoph Henkel

 

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