Reinhard Mey

Das Haus an der Ampel


Info
Musikrichtung: Textschreiber

VÖ: 29.05.2020

(Universal)

Gesamtspielzeit: 141:26

Internet:

http://www.reinhard-mey.de


Reinhard Mey ist ein alter Mann. Das ist nicht böse gemeint, sondern eine schlichte Tatsache, die man seinem neuen Album durchaus anmerkt. Nicht weil er sich mit dem Tod beschäftigt (sehr sensibel in „Gerhard und Frank“; auch ein wenig im Blick auf sich selbst am Ende von „Im Hotel zum ewigen Gang der Gezeiten“). Das hat er auch früher schon getan.

Aber die Rückblicke auf das eigene Leben in unterschiedlichster Weise prägen das Album. Da gibt es die Erinnerungen an das Familienleben in der Kindheit im Titelsong, an JugendfreundInnen („Glück ist, wenn Du Freunde hast“) an frühe Zeiten der eigenen Karriere in „In Wien“ und etwas skurril an die eigene Kreativarbeit in „An meinen Bleistift“.

Ernsthafte Themen werden in „Gerhard und Frank“ (Sterbehilfe) und dem sehr emotionalen „Der Vater und das Kind“ angeschnitten, das ein behindertes Kind mit seinem Vater bei einem Konzertbesuch beobachtet.

Der alte Mey ist in seiner Selbstinszenierung aber jung geblieben, so jung, wie er auch früher einmal war. Denn das Pubertäre, Provokante oder Rebellische ist nie sein Ding gewesen. Neben Comedians wie Frank Zander, Bonvivants wie Konstantin Wecker, Spöttern wie Hans Scheibner, Politbarden wie Degenhardt oder Hannes Wader, wirkte Reinhard Mey immer bieder, etwas manieriert, spießig sogar. Das ist geblieben. Auf eine sympathische Art ist er der Mann von Nebenan geblieben, aber eben nicht der aus Kreuzberg, Charlottenburg, Dahlem oder Schöneberg, sondern eher aus Tegel, Lankwitz oder Reinickendorf.

Zwei Dinge von früher fehlen weitgehend. Zum einen sind das echte Melodien und Refrains. Heute sind die Texte das einzig Entscheidende. Die Musik ist die Tapete, vor der sie vorgetragen werden. Darum nenne ich Mey hier auch nicht Liedermacher, sondern Textschreiber. Das ist so tragisch nicht.

Bedauerlicher ist, dass der Humor, der viele große Mey-Klassiker vom Kalten Buffet über den Gärtner, den Klempner bis hin zum Mann aus Alemania ausgemacht hat, auf Sparflamme gestellt wurde. Ein wenig kommt er bei „Ich liebe es unter Menschen zu sein“ und „Menschen, die Eis essen“ zum Tragen. Aber da hätte ich gerne mehr von.

Das Haus an der Ampel ist eine Doppel-CD. Auf beiden CDs befinden sich dieselben Songs, einmal von einer Band begleitet, einmal von Reinhard Mey solo vorgetragen. Mir hätte eine der beiden CDs genügt, vor allem da die Band nun nicht so üppig antritt, dass es einen großen Unterschied ausmacht. Einige Stücke sind im Band-Arrangement etwas länger, so dass CD 1 etwa 6 Minuten länger ist.

Fazit: Ein angenehmes unspektakuläres Vergnügen!



Norbert von Fransecky



Trackliste
CD 1: Das Album
1 Im Hotel zum ewigen Gang der Gezeiten (4:32)
2 An meinen Bleistift (3:30)
3 Das Haus an der Ampel (8:15)
4 Der Vater und das Kind (4:31)
5 In Wien (5:45)
6 Bleib bei mir (4:21)
7 Häng Dein Herz nicht an einen Hund (3:19)
8 Glück ist, wenn Du Freunde hast (4:20)
9 Menschen, die Eis essen (5:24)
10 Ich liebe es, unter Menschen zu sein (4:19)
11 Gerhard und Frank (4:37)
12 Wiegenlied (3:26)
13 Wir haben jedem Kind ein Haus gegeben (4:39)
14 Zimmer mit Aussicht (5:09)
15 Was will ich mehr (3:43)
16 Scarlet Ribbons (3:53)

CD 2: Das Skizzenbuch
1 Im Hotel zum ewigen Gang der Gezeiten (4:25)
2 An meinen Bleistift (3:04)
3 Das Haus an der Ampel (7:42)
4 Der Vater und das Kind (3:53)
5 In Wien (5:46)
6 Bleib bei mir (3:43)
7 Häng Dein Herz nicht an einen Hund (3:24)
8 Glück ist, wenn Du Freunde hast (4:03)
9 Menschen, die Eis essen (5:07)
10 Ich liebe es, unter Menschen zu sein (4:21)
11 Gerhard und Frank (4:27)
12 Wiegenlied (2:41)
13 Wir haben jedem Kind ein Haus gegeben (4:28)
14 Zimmer mit Aussicht (4:21)
15 Was will ich mehr (3:32)
16 Scarlet Ribbons (2:44)

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