Ein in allen Belangen heißes Konzert: The Hooters live im Nürnberger Hirsch




Info
Künstler: The Hooters

Zeit: 19.07.2018

Ort: Nürnberg - Hirsch


Sommerzeit bedeutet: Die Hooters sind wieder unterwegs! Schon seit einigen Jahren touren die fleißigen Amis regelmäßig im Sommer durch Deutschland, um in Clubs und auf diversen Open-Air-Bühnen für gute Stimmung zu sorgen.

Das Konzert ist seit Wochen ausverkauft – das verspricht ein sehr heißer Abend zu werden. Bereits vor dem Einlass stehen lange Schlangen vor dem Hirsch, später ist es selbst im Biergarten davor brechend voll. Als Vorprogramm fungiert heute ein Alleinunterhalter, der mit Akustik-Klampfe diverse Rock-Klassiker unters Volk bringt. Den schenken wir uns heute, die Hitze im Hirsch ist bereits jetzt brutal.

Es ist Donnerstagabend, das Publikum ist in bester Stimmung und empfängt seine Helden mit einem donnernden Applaus. Die Hooters kommen um 20.30 Uhr auf die Bühne und fackeln nicht lange. Bei bestem Sound legen die Amis von Beginn an eine richtig ordentliche Schlagzahl vor. Zwischen den Songs gibt es wie bei einem Punk-Konzert keine großen Ansagen oder Pausen, es donnert sofort das nächste Stück aus den Boxen. Die Hitze scheint den Musikern zunächst nicht viel auszumachen. Im Laufe des Abends wird die Kleidung jedoch sichtlich „luftiger“.

Eric Bazilian bedankt sich beim Publikum, dass es wieder einmal den Hirsch „ausgekauft“ hat. Rob Hyman verbessert ihn und teilt ihm mit, dass man das „ausverkauft“ nennt. Die Musiker sind allesamt bestens gelaunt und schaffen es problemlos, ihre Songs entsprechend spielfreudig zu präsentieren. Dabei benötigen sie keine Showelemente oder übertriebenen Gimmicks – es ist die Musik, die hier den Ton angibt.

Das Konzert schlittert wie ein Wirbelwind an mir vorbei, ein Highlight jagt das nächste. Die schnellen Stücke und die Klassiker verbreiten erwartungsgemäß am meisten Stimmung. Das Publikum feiert das Sextett während der kompletten Spieldauer, klatscht und singt dabei, was das Zeug hält. Hyman betont mehrmals, dass sie immer sehr gerne in den Hirsch nach Nürnberg kommen und die Stimmung hier jedes Mal besonders genießen.

Die Vielseitigkeit der Musiker ist ihre große Stärke. Allen voran Bazilian und Hyman – welches Instrument können die denn nicht spielen? Wenn Bazilian seine Mundharmonika auspackt, sieht das alles ganz einfach aus. Der Kerl hat eine Pferdelunge und malträtiert das Instrument richtig nach alter Blues-Tradition. Er und Hyman bilden mit seiner Ziehharmonika das Rückgrat dieser Band und nehmen beide sehr viel Kontakt zum Publikum auf. „Boys Of Summer“ zeigt, wie gut die Truppe eingespielt ist. Ein langsamer Beginn mit perfektem Gesang lässt allmählich die komplette Band in den Song einsteigen – besser kann man’s definitiv nicht bringen. „All You Zombies“ katapultiert den Hirsch in kürzester Zeit mitten in die 80er und verbreitet eine richtig mystische Stimmung.

Was nach „Karla With A K“ im Hirsch abgeht, ist wirklich phänomenal. Die Songauswahl ist perfekt, hier bleibt die Stimmung regelrecht auf dem Siedepunkt. „Satellite“, ein herausragendes „Johnny B.“ und das fulminante „And We Danced“ lässt das Publikum im Kollektiv ausrasten, das Kondenswasser tropft von der Decke des Clubs. Etliche Konzertbesucher nehmen eine kurze Auszeit und verziehen sich wieder in den Biergarten, um kurz darauf mit einem neuen Getränk wieder zurückzukommen. Auch bei den Musikern sieht man die Auswirkungen der Hitze. Vor allem dem wackeren Bassist Fran Smith Jr. und dem fulminanten Schlagzeuger David Uosikkinen läuft das Wasser in Strömen herunter, der Rest der Band stellt sich geschickt hinter einige Ventilatoren, die am Bühnenrand postiert sind. John Lilley ist der Ruhepol der Band und wirkt wie immer ein kleines bisschen abwesend.

Die Band nimmt ein wenig den Fuß vom Gaspedal und lässt schon wie bei der Tour 2016 ein kleines Akustikset vom Stapel. Ich habe das Gefühl, mitten in einer Bandprobe der Hooters zu stehen. So sieht pure Spielfreude aus! Am besten gefällt mir hier die Steve-Miller-Nummer „Fly Like An Eagle“ und das mit einer gehörigen Portion Ironie ausgestattet „Pissing In The Rhine“, bei dem man in dieser Akustik-Version auch den deutschen Text viel besser versteht.

Ein völlig belangloses Gitarrensolo von dem ansonsten gesanglich und spielerisch bärenstarken Tommy Williams läutet nach über zwei Stunden Spielzeit den Zugabenteil ein. „Give The Music Back“ nimmt etwas das Tempo raus, worüber in dem Dampfkessel momentan keiner böse ist. Das genau macht die Hooters auch aus – eine gute Mischung aus Partykrachern und melancholischen Songs mit Tiefgang und Texten zum Nachdenken. „Give The Music Back“ ist ein Stück der zweiten Kategorie, der mir sehr gut gefällt. „One Of Us“, bei dem Bazilian wieder einen Großteil auf Deutsch singt und das kolossale „Time After Time“ macht die Band wieder zu ihren eigenen Stücken. Beide Lieder zeigen eindrucksvoll, welche Songwriter-Qualitäten in Bazilian und Hyman stecken. Vor allem „Time After Time“ ist ein Signatur-Song von Cindy Lauper und ein Kult-Hit aus den 80er-Jahren.

Band und Publikum geben bei dem urigen „Major Tom“ noch einmal alles. Hier wird lauthals mitgesungen, geklatscht und gefeiert. Die Stimmung hier ist magisch und das genau ist der Grund, warum ich so gerne auf Live-Konzerte gehe. Was hier abgeht, kann man nur schwer auf DVD oder auf CD bannen. Schade, dass das einige Trottel nicht kapieren und immer wieder zwischendurch ihre Smartphones zücken, um teilweise ganze Lieder mitzuschneiden. Aber ich muss auch wieder eine Lanze für das Nürnberger Publikum brechen: Diese paar „Einzelfälle“ heute Abend gehen durchaus in Ordnung!

Normalerweise ist jetzt Schluss, aber die Fans wollen ihre Lieblinge einfach noch nicht aufhören lassen. Die Hooters lassen sich nicht lange bitten und bringen mit „Beat Up Guitar“ ein Stück, dass sie normalerweise nur in Amerika spielen. Das Stück funktioniert im Hirsch genauso gut und setzt einen selten gespielten Schlusspunkt unter ein denkwürdiges Konzert, das mit zwei Stunden und 45 Minuten Spielzeit mehr als ausgiebig ausgefallen ist.

Keine 20 Minuten später sitzt die komplette Band am Merchandising-Stand. So, als ob sie heute noch gar nicht auf der Bühne gestanden wären machen die Musiker einen frischen und gut gelaunten Eindruck. Es wird gescherzt, Fotos gemacht und Autogramme geschrieben. Die Musiker sind hinter der Bühne genauso wie während dem Konzert: natürlich, gut gelaunt, authentisch und sehr sympathisch. Die Preise der Merchandising-Artikel sind mehr als fair und so verwundert es nicht, wenn die Band einen Großteil ihrer Ware nach der Tour sicher verkauft hat.

Wir sind völlig platt, das Konzert war der Hammer! Es ist für mich immer wieder erstaunlich, mit welcher Begeisterung die Hooters immer noch auf der Bühne stehen. Konzert des Jahres? Definitiv ein heißer Anwärter auf diesen Titel. Wem die Songs gefallen und wer die Band noch nicht gesehen hat: Unbedingt mal live testen!


Setlist:
1. You Never Know Who Your Friends Are
2. I'm Alive
3. Hanging on a Heartbeat
4. Day by Day
5. All You Zombies
6. The Boys of Summer
7. Graveyard Waltz
8. 500 Miles
9. Silver Lining
10. Lucy in the Sky With Diamonds
11. Where Do the Children Go
12. Karla With a K
13. Twenty-Five Hours a Day / Jigs
14. Satellite
15. Johnny B
16. And We Danced
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17. Come All Ye
18. Nervous Night
19. Until I Find You Again
20. Fly Like an Eagle
21. Pissing in the Rhine
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22. Guitar Solo Tommy Williams
23. Give the Music Back
24. Time Stand Still
25. Boys Will Be Boys
26. One of Us
27. Time After Time
28. Major Tom (Völlig losgelöst)
29. Beat Up Guitar



Stefan Graßl



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