Scandinavian Art Ensemble With Tomasz Stanko

The Copenhagen Session Vol. 1


Info
Musikrichtung: Modern Jazz

VÖ: 16.05.2025

(April Records)

Gesamtspielzeit: 43:26

Internet:

https://aprilrecords.com/
https://jazzfuel.com/


"Recorded at The Village Recordings, Copenhagen, Denmark, February 19th 2016", genau, dann und dort fanden diese angeblich verschollenen Aufnahmesessions mit dänischen und polnischen Jazzmusikern statt. Entscheidend für deren Bedeutung soll wohl sein, dass der polnische Trompetenstar Tomasz Stańko dabei war. Stańko starb übrigens 2018.

Nun ist das erste von zwei Alben erschienen, The Copenhagen Session Vol. 1. Der polnische Trompeter war seinerzeit eingeladen, bei der jährlichen Sommersession von JazzDanmark zu unterrichten. Und so fand sich letztlich das Scandinavian Art Ensemble With Tomasz Stanko zusammen.

Die bis auf einen Song langen Spielzeiten lassen auf die Atmosphäre einer Jam-Session schließen, und der Charakter dieser live eingespielten Aufnahmen beinhaltet das auch, denn man geht spielerisch miteinander um, diese Freiheit abseits einer möglichen Eingeengtheit durch Studioaufnahmen spürt man in jedem der fünf Songs.

Die Teilnehmer*innen aus mehreren Staaten tragen dazu bei, dass jeweils individuelle Spielarten Einzug fanden und dieses gemeinschaftlich unter einen Hut brachten, weil man das Gefühl hat, dass sie im Rahmen der jeweiligen Freiheiten, quasi die Solisten vorweg, aufeinander hörten und dieses Miteinander schufen. Dazu zählt natürlich auch eine professionelle Rhythm Section, gerade dazu, die individuellen Ausdrücke Einzelner aufzugreifen und pointiert zu untermalen. Richard Andersson aus Dänemark und Radek Wośko beherrschen dieses perfekt, dabei bekommen auch sie reichlich Spielraum für ihre eigenen stilistischen Ausprägungen. Die Solisten stammen aus Polen (Tomasz Dąbrowski, Artur Tuźnik und Tomasz Stańko), aus Island (Snorri Sigurðarson) und Dänemark (Thomas Hass, Martin Fabricius), sowie als Sängerin trat Johanna Elina Sulkunen aus Finnland auf.

Viele junge Musiker*innen trafen auf den erfahrenen Tomasz Stańko, und so inspirierte man sich gegenseitig, und zusätzlich verband man damit die Eigenarten der Jazzszene des jeweiligen Ursprungslandes vortrefflich. So ist zu lesen, dass sich Trompeter Tomasz Dąbrowski erinnert, dass Stańko nicht nur ein Mentor war – "er war ein Gleichgestellter, getrieben von Neugier und dem Wunsch, Grenzen zu überschreiten. Er wollte unsere Musik spielen. Er hörte immer zu, war immer auf der Suche.“ Und Bassist Richard Andersson drückte es so aus: "Er bündelt die Energien und lässt uns alle besser spielen als sonst.“ Welch glücklicher Umstand, dass daraus dieses vortreffliche Konzert enstand.

Stańko selbst komponierte das längste Stück der Aufnahmen, "Dark Eyes of Martha Hirsch", wo er sein speziell ausgeprägtes Trompetenspiel voller Lyrik ausfahren konnte. Für die übrigen Songs sind Snorri Sigurðarson (#1), Martin Fabricius (#2), Johanna Elina Sulkunen (#3) und Richard Andersson (#5) verantwortlich. So werden die jeweiligen Urheber auch speziell in diesen Kompositionen gefeatured. So präsentiert sich Johanna Elina Sulkunen mit einer ganz besonderen Art des Gesanges, mit avantgardistischer Ausprägung, "Circles" ist ohnehin ein recht freies Stück. Doch als Höhepunkt sehe ich tatsächlich "Dark Eyes of Martha Hirsch", weil es ein breites Spielfeld bietet und Raum zur Entfaltung und Gestaltung, dieser Jazz klingt dermaßen zeitlos, dass ich ständig Passagen entdecke, die auch in den Sechzigern und Siebzigern so hätten entstehen können. Und darüber hinaus klingt es nach Hier und Jetzt, sozusagen ein brillanter Brückenschlag!



Wolfgang Giese



Trackliste
1 One o’clock Junk (S. Sigurðarson) (9:06)
2 Before the Rain (M. Fabricius) (8:04)
3 Circles (J. E. Sulkunen) (5:38)
4 Dark Eyes of Martha Hirsch (T. Stańko) (12:22)
5 The Bridge That Broke on a Blue Monday (Richard Andersson) (8:15)
Besetzung

Johanna Elina Sulkunen (vocal)
Tomasz Dąbrowski (trumpet)
Snorri Sigurðarson (trumpet)
Thomas Hass (saxophone)
Martin Fabricius (vibraphone)
Artur Tuźnik (piano)
Richard Andersson (double bass)
Radek Wośko (drums)
Tomasz Stańko (trumpet)



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