Terzi, G. A. (Marie, F.)

Lautenmusik


Info
Musikrichtung: Renaissance Laute

VÖ: 03.06.2022

(Carpe Diem / Note 1 / CD / DDD / 2021 / Best. Nr. CD-16327)

Gesamtspielzeit: 71:49



EPOCHENSCHWELLEN

Zwei neue Aufnahmen mit Lautenmusik treffen sich sozusagen in der Mitte, an der Grenze zweier Epochen: Giovanni Antonio Terzi, der im Jahr 1600 mit gerade zwanzig Jahren verstorbene Lautenist und Komponist, führt in seinem Werk die französischen und italienischen Strömungen des späten 16. Jahrhunderts zusammen.
Tänzerisch schwingende Eleganz und filigran gesponnene, dabei ausdrucksvolle Virtuosität kennzeichnen die versammelten Stücke, die Florent Marie auf einer wohlklingenden achtchörigen Renaissance-Laute auf ebenso subtile wie geschmeidige Weise interpretiert. Nicht nur die obligatorischen Tänze wie die Gagliarda, Branle oder die Courante gibt es da zu hören. Wie viele seiner Zeitgenossen hat auch Terzi Vokalkompositionen für die Laute eingerichtet. Er erweist sich dabei als ausgesprochen sensibler Interpret der Originale, deren Gestimmtheit bzw. Ausdruck er auch in der neuen rein instrumentalen Fassung bewahrt und mit seinen Mitteln weiter ausdeutet. Diese klangschönen, feinsinnigen Übersetzungen erfahren nicht minder überzeugende Darstellung durch Florent Marie.

Ganz anders wirken die Stücke, die Bor Zuljan auf seinem Album „Il Liuto des Principe“ versammelt hat: Sie stammen von verschiedenen Schöpfern, die im frühen 17. Jahrhundert am „barocken Wendepunkt“ die wohlbalancierte, modal grundierte Harmonik der späten Renaissance erweitern, vor allem durch gewagte chromatische Operationen. Das klingt durchweg dramatischer, ja „ver-rückter“ als bei Terzi.
Alessandro Piccini, J. H. Kapsberger, Claudo Saracini und andere arbeiten zudem gerne auch mit großen Gesten, ausgreifenden Intervallsprüngen und spannungsvollen Pausen. Affekte und Effekte, die noch heute gewagt und aufregend klingen, zumal auf dem verwendeten Instrument, einer vierzehnchörigen „liuto attirobato“ mit verlängertem Hals, die außerdem einen Ton tiefer gestimmt ist als die „normale“ Laute. Die Bässe orgeln mit eindrucksvoller Resonanz.
Der Programmtitel „Gesualdo – Il Liuto del Principe“ suggeriert, dass es sich um das Repertoire des berühmt-berüchtigten Fürsten von Venosa handelt, der selbst mit drei Stücken – Bearbeitungen – vertreten ist. Glaubt man den Berichten seiner Zeitgenossen, war er ein begnadeter Lautenist und seine gewagten späten Madrigale dürften ebenfalls mit diesem Instrument in der Hand von ihm komponiert worden sein. Zuljans Versionen seiner Stücke klingen denn auch frappierend nach 20. Jahrhundert – sie könnten in Teilen auch von Hans Werner Henze stammen. Man gewinnt im Ganzen einen guten Eindruck von dem avantgardistischen frühbarocken Umfeld, im dem Gesualdo komponierte.

In ihrer Gegensätzlichkeit ergänzen sich die beiden Album perfekt und eröffnen einen weiten Horizont mit entlegenem, selten gespielten Repertoire für die Laute.



Georg Henkel



Trackliste
Toccate dell’Autore I & II; Caro dolce ben mio a 5 (di A. Gabrieli); Courante francese; Preludio de l’Autore; Saltarello; Gagliarda; Candide perle del Bicci nel medesimo Libro; Ballo Tedesco e Francese; Il Saltarello del prescritto Ballo; Fantasia Terza dell’Autore; Gagliarda 12 del S. Agostino Vertoa da Bergamo composta; Preambulo de l’Autore; Branle simple Francese; Corrente Quarto; Volta Seconda Francese; Canzone Settima del Mascara; Passamezzo per b quadro in tre modi; La sua Gagliarda; Veni in hortum meum a 5 (di O. Lasso); Padoana; Balli Alemano II & VII; Volta quarta Francese; Ahi chi mi rompe il sonno a 5 Filip. de Monte; Di ch’ella mosta: 2a parte; Pass’e mezo último; Gagliarda del Pass’e mezo

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