Drei Kontinente, ein Sound: Danny Plett und seine international besetzte Band auf Deutschlandtour



Info
Künstler: Danny Plett

Zeit: 17.05.2017

Ort: Geithain, Nikolaikirche

Internet:
http://www.danny-plett.de
http://www.kirche-geithain.de

Nach 23 Jahren in Deutschland hat der aus Kanada stammende Musiker Danny Plett anno 2013 seine Zelte hierzulande abgebrochen und ist in sein Heimatland zurückgekehrt, um ebendort als Pfarrer und Kirchenmusiker zu arbeiten. Das hindert ihn aber nicht daran, auch weiterhin die alten Kontakte weiter zu pflegen, er veröffentlicht seine CDs beim deutschen Label Gerth Medien und geht gelegentlich auch auf Tour. Im Mai 2017 ergibt sich wieder einmal so eine Gelegenheit, und da einer der alten Kontakte zu Johannes Möller, seines Zeichens Pfarrer im Kirchspiel Geithain, führt und Plett in dem sächsischen Städtchen schon etliche Male gespielt hat, steht der Ort auch diesmal wieder auf dem Tourplan.

Außergewöhnlich ist allerdings diesmal die Band, mit der Plett unterwegs ist. Seine Person eingerechnet, stehen insgesamt elf Personen auf der Bühne, und von denen stammen zwei aus Deutschland und sechs aus Kanada – eine solche Kombination konnte man ja noch logisch ergründen. Aber Keyboarder Carlos, Drummer Rodrigo und eine der Backingsängerinnen namens Ana kommen original aus Paraguay, was selbst im Zeitalter der musikalischen Globalisierung doch etwas außergewöhnlich anmutet und, wie der kanadische Bassist Derek nach dem Gig dem Rezensenten erzählt, auf eine Paraguay-Tour Pletts zurückgeht, die gleichfalls Kontakte hinterlassen hat. Die deutschen Mitglieder sind Violinist/Mandolinist Björn sowie Angelika, die andere der Backingsängerinnen. Aus Kanada kommen neben Plett selbst und dem erwähnten Bassisten Derek noch Kayla, die nicht musikalisch aktiv ist, sondern einige der Songs mit Ausdruckstanz untermalt (wozu sich der Rezensent, der von dieser Kunstform keinerlei Ahnung hat, jedweden Kommentars enthält), sowie gleich drei Gitarristen, von denen Jason und Nathan die Elektrischen bedienen, während Mike eine Akustikgitarre umhängen hat und sich als der (nach Kayla natürlich) Bühnenaktivste entpuppt, der immer wieder wild durch die Reihen springt und mit seinen Mitmusikern interagiert. Eine derart große Besetzung ist unter den nicht einfachen akustischen Bedingungen der Nikolaikirche (eine spätgotische Hallhallhallenkirche) alles andere als einfach abzumischen – aber Heinrich Reisich, ein alter Weggefährte Pletts, holt ein sehr gutes Ergebnis heraus, lediglich die Backingsängerinnen beginnt man erst gegen Konzertende deutlicher durchzuhören, was diversen Satzgesängen ein wenig die Wirkung raubt, und Carlos‘ Tasten landen manchmal auch ein wenig im klanglichen Abseits. Aber angesichts der zu schulternden Herkulesaufgabe sind diese kleinen Probleme eher vernachlässigbar, zumal man Pletts Leadvocals stets gut durchhört und sie sicherheitshalber zudem auch noch auf eine Leinwand links neben der im vorderen Bereich des Altarraumes plazierten Musiker projiziert werden.

Tanz durch den Sturm heißt Pletts neuestes Album, und niemand dürfte überrascht gewesen sein, Dass dessen Material das Rückgrat der Setlist bilden würde. Dass aber alle zwölf (!) Songs gespielt würden, das ist dann doch außergewöhnlich. Dazu kommen einige Songs, die Plett solo singt und am Klavier begleitet, teils aber auch hier ergänzt durch einzelne seiner Mitmusiker, etwa in „That’s My King“, wo er mit seinen Backingsängerinnen eine Art von Akustik-Rock’n’Roll erzeugt. In voller Bandbesetzung ergibt sich stilistisch meist eine Art von Poprock, mal eher poplastig, mal Bombastrockgefilde aufsuchend wie gleich im Opener „Wir fall’n vor dir nieder“, der sofort eine positive Stimmung in die Kirche zaubert, obwohl gerade sein Refrain ein paar Merkwürdigkeiten enthält, die ihn eigentlich nicht unbedingt als Konzertopener prädestinieren würden (er steht auch auf der CD nicht vorn). Dass Plett ein geschicktes Händchen für wirkungsvolle dynamische Steigerungen besitzt, wird in etlichen der Songs deutlich, beispielsweise im zweitplazierten „Du bist da“, das klassische AOR-Gefilde beackert, und auch die beiden Sets selbst (unterbrochen von 20 Minuten Pause) sind von der Stimmungskurve her sehr geschickt arrangiert, die erwähnten Solonummern jeweils mittig eingebettet und mit jeweils recht flotten Außenteilen des Rahmens, etwa dem Albumopener „Ein großes Halleluja“ als letzter Song vor der Pause, der mit seinen Hammondklängen einen gewissen Seventies-Rock-Touch besitzt und in einem Grande Finale mündet, oder dem auch sehr treibenden „Alles, was Atem hat“ gleich nach der Pause. Mit „So glorreich und herrlich“ streift Plett sogar zurückhaltende Prog-Gefilde (markantes Violinthema), aber, so kurios es anmuten mag, der beste Song des Abends stammt nicht von ihm: Mike und Jason haben eine eigene Band namens The Boy And The Sea, die auch schon eine EP namens Frail am Start hat, und von dieser Truppe steht das von Mike gesungene „Bring Me Your Heart“ im Set – ziemlich druckvoller und sehr gekonnt arrangierter Melodic Rock, der in Kanada auch schon zu Radioairplay gekommen sein soll, was im deutschen Formatradio natürlich undenkbar (wenngleich wünschenswert) wäre. So ist, wie sich in der Nachbetrachtung herausstellt, der Höhepunkt schon recht früh erreicht, wenngleich wie beschrieben auch sonst viel gute Musik geboten wird. Nur gegen Ende geht Plett ein wenig die Luft aus: Die Ballade „Mein Zuhaus“ als Closer des zweiten Sets wäre durchaus expressiver gegangen, und nach der wieder hochklassigen ersten Zugabe „Du siehst die Wunder“, eingeleitet vom Chef am Klavier und dann schrittweise alle Mitmusiker integrierend (Carlos übernimmt die Tastenarbeit während des Spiels!) und in eine große Hymne mündend, folgt als zweite eine Nummer namens „Wiesen und Berge“, die gemäß der Ansage paraguayisches Kolorit einbringen soll, allerdings leider eher klingt wie eine endlose Savanne am Rio Paraguay. Da hätte man vielleicht doch lieber einen alten Kracher von Pletts Ex-Bandprojekt One Accord revitalisieren sollen. Trotzdem bleibt ein sehr positiver Gesamteindruck zurück, und man wünscht sich und Danny Plett, Dass er noch oft Gelegenheit hat, über den Großen Teich zu jetten und hierzulande zu spielen.


Roland Ludwig



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