Musik an sich


Reviews
Miles Davis

San Francisco 1970, The Classic Radio Broadcast


Info
Musikrichtung: Jazz-Rock, Fusion

VÖ: 19.06.2015

(Inakustik)

Gesamtspielzeit: 63:52

Internet:

http://www.milesdavis.com/
http://www.in-akustik.com/


1965 bis 1968 waren die wesentlichen Jahre, in denen der Trompeter mit seinem zweiten großen Quintett großartige Musik einspielte. Zwischen 1968 und 1970 entwickelte sich nach und nach die nächste Phase, der Jazz Rock entstand, Fusion war angesagt. Der Jazz wurde elektrisch, und so entstanden unter anderem neben den gängigen Platten, allen voran natürlich Bitches Brew aus 1970 viele Liveaufnahmen, die erst posthum erhältlich waren, oder auf diversen Bootlegs kursierten. So auch diese Live-Radio-Übertragung aus dem Jahre 1970, aufgenommen in San Francisco, im April des Jahres.

Davis spielte als Vorgruppe zu Grateful Dead und konnte somit viele Rockfans und Deadheads ins Boot holen, Bitches Brew war veröffentlicht und man wusste im Prinzip, was einen live erwarten konnte. Das Publikum soll wohl schon recht stark dem Einfluss von Drogen ausgesetzt gewesen sein, und dürfte für diesen neuen Jazz Rock sicher offener gewesen sein.
Nur zwei Musiker des soeben genannten Albums waren jedoch live zugegen, zumal Davis in jenen Tagen auf sehr viele junge aufstrebende Talente des Genres zurückgreifen konnte. So wählte er für dieses Konzert aus der Album-Besetzung lediglich Jack DeJohnette und Airto Moreira, aber waren die übrigen Musiker allesamt Könner und Vollblutmusiker, die später alle auf ihre Weise ihren Weg gehen sollten, allen voran sicher der auch außerhalb Jazz-Kreisen bekannte Keith Jarrett.

Nach einem wilden und recht ungestümen Einstieg mit Honky Tonk verdichtet sich die Musik zu einem funkenden und rockenden Sound auf What I Say, hier hören wir noch Vokalbeiträge einer nicht gelisteten Dame, möglicherweise kann das aber auch Teil der Radioübertragung gewesen sein.
Die Solisten sind allesamt mit bewegenden und engagierten Solobeiträgen zu hören, sehr gut kommt der Saxer Bartz aus sich heraus, später habe ich ihn wesentlich kontrollierter agieren hören, dieses Umfeld scheint ihm gut zu stehen. Die beiden Perkussionisten umrahmen die Musik perfekt, und Jarrett lässt so manch ein furioses Solo vom Stapel. Nur Henderson am Bass fällt durch stoische Ruhe auf, er spielt unbeirrt seine repetitiven Läufe, nur in einigen Passagen verlässt er diese Linie, und der Drummer vermischt Jazz- und Rockelemente leichtgängig und mühelos.

Neben den meist zupackenden Songs hat sich das meditativ schwebende und recht kurze Sanctuary gemischt, ansonsten scheint der elektrische Miles bereits seinen weiteren Weg eingeläutet zu haben, der sich ferner zunächst über Jack Johnson über Live-Evil zu On The Corner erstreckte, ja, damals schien eine ständige Entwicklung stattzufinden, und dieses scheint mir auf dieser auch klangtechnisch zufrieden stellenden Einspielung dokumentiert.
Interessant ist unter anderem, dass beim letzten Titel, Funky Tonk, die Eingangssequenz thematisch einen ganz klaren Hinweis auf einen Musiker gab, den Davis seinerzeit verehrte, Jimi Hendrix, dessen Einspielung von Power Of Love hier eindeutig zitiert wird!



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Honky Tonk (12:49)
2 What I Say (11:07)
3 Sanctuary (3:21)
4 Yesternow (14:12)
5 Bitches Brew (8:47)
6 Funky Tonk (13:32)
Besetzung

Miles Davis (trumpet)
Gary Bartz (soprano sax, alto sax)
Keith Jarrett (electric piano, organ)
Michael Henderson (electric bass)
Jack De Johnette (drums)
Airto Moreira (percussion)
Jumma Santos (percussion)



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