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Musik an sich
 
Das Bang Your Head in Balingen
 

Ende Juni lockte das Bang your Head-Festival wieder einmal die truesten "Metal-Warriors" aus Deutschland und Europa in das schwäbische Balingen um ihre persönlichen Heroen abzufeiern. Das Billing war so gut wie schon lange nicht mehr, der Regengott verschonte die Fans grosszügig und so stand der riesigen Metal Party nichts mehr im Wege.

Freitag 28.Juni:

Die erste Band die wir beäugten waren Italiener, die ihren Stil offiziell "Symphonic Epic Hollywood Metal" schimpfen. Spätestens jetzt weiss jedes Herzchen aus Stahl das es sich um RHAPSODY handeln muss. Völlig unverständlich daher in meinen Augen die sehr frühe Billing-position, da die Show und Bühnenaufbauten wirklich Headlinerverdächtig waren. Vor der einer Ritterburg nachempfundenen Stage konnte man um diese mittägliche Zeit in den letzten Festivals selten so eine Menschenmasse begutachten. Rhapsody merkte man die gewonnene Bühnenerfahrung mittlerweile an, die Band agierte souverän und auch von Playback und Samples war, ausser bei den Chören, nichts zu hören. Am besten griffen die Songs der "Dawn of Victory"-Scheibe und es war einfach eine Freude, dem flinken Gitarrenspiels eines Herrn Turilli`s zuzusehen. Schade nur um die bei hellen Tageslicht leicht deplaziert wirkenden Pyros, sonst aber ein genialer Auftakt der ersten UEFA-CUP-würdigen Band des BYH`s 2002.

Als nächstes wurde es Zeit für die Amis von JAG PANZER aus Colorado und wieder einmal bewies Harry Conklin das er von vielen nicht unberechtigt als Gesangsgott tituliert wird, auch wenn er wieder mal so rüberkam wie der Bankkaufmann von nebenan, dem man unfreiwillig ein Metaloutfit verpasst hat. Auch der instrumentale Teil des Fünfers gab sich keine Blösse und präsentierte straighten Power-Metal, der genau so war wie Power Metal sein muss. Netter Auftritt ohne nenneswerte Schwachpunkte also und wieder mal der Beweis, wer die stärkste Shakespeare-Vertonung in der Hinterhand hat.

Viele Fans staunten nicht schlecht als sie statt den amerikanischen Prog-Metallern Symphony X plötzlich die lustigen Franken von BONFIRE auf der Bühne sahen. Der Grund hierfür ist auf keinen Fall so komplex wie die Musik der Amis, den Sänger Russel Allen litt an inneren Blutungen im Darmbereich und deswegen sprang die deutsche Hardrockinstitution in die Bresche, was vielen Fans, wie man an der Stimmung ablesen konnte, gar nicht so ungelegen kam.

Die als Balladenband verrufenen Franken verzichtet komplett auf ihre angedichtete Stärke und bewiesen eindrucksvoll das sie noch richtig rocken können. Die routinierten Ansagen von Claus Lessmann und die Spielfreude der Band tat ein übriges zum Gelingen der Rockparty.

Für mich einer der Höhepunkte des Events, auch wenn ich nicht verstehe was bei so einem kurzen Festivalabstecher ein Schlagzeugsolo verloren hat.

Leider wirbelte der Ausfall OVERKILLs, der mit einem Schlaganfall des Sängers Bobby Ellsworth zusammenhing, die Spielzeiten ein wenig durcheinander und so konnten wir nur noch den letzten paar Songs von Gamma Ray beiwohnen. Gute Besserung aber auf jeden Fall von dieser Seite Blizz !

Was man von GAMMA RAY aber hören und sehen konnte (Eagle, Valley of the Kings, Somewhere out in space ...) war ohne Makel und das sie vor unserem Eintreffen auch nicht viel falsch gemacht haben konnten, merkte man an den euphorischen Publikumsreaktionen auf den Auftritt von Kai Hansen und seiner Bang-your-Head-Stammband.

Genauso unverständlich wie die schlechte Billingposition Rhapsody`s war für mich die hohe Dotierung von FOZZY. Catcher die ein paar durchschnittliche eigene Songs zocken, das Ganze mit blasphemischen Coverversionen von z.B. AC/DC`s "T.N.T" und Accept`s "Balls to the Wall" garnieren und dazu behaupten, sie wären "Huge Rockstars" wie auf ihren Merchandisingartikeln zu lesen war, hätten mir im Alter von 10 Jahren sicher auch gefallen, aber so blieb mir der tiefere Sinn leider verborgen.

Nach diesem musikalischen Griff ins Klo freute man sich tierisch auf die finnische Verschmelzung von Metal und Oper: NIGHTWISH.

Vollends den hohen Erwartungen konnte die Truppe um die Ausnahmesängerin Tarja Turunen nicht gerecht werden, da man sehr viel Material von dem zwar genialen, aber zu diesem Zeitpunkt in Deutschland erst seit nichtmal einer Woche offiziell erhältlichen Album "Century Child" im Gepäck hatte. So waren die Aktionen der Fans zum grössten Teil auf mitklatschen beschränkt, da sie mit den neuen Stücken gar nicht oder nur wenig vertraut waren. Man spürte richtig wie dem Publikum ein Stein bei bekannten Stücken wie z.B. "Wishmaster" vom Herzen fiel, die dementsprechend gewürdigt wurden. Gerade wegen dieses kleinen Mankos konnte sich Neuzugang Marco Hietala am meisten profilieren und erledigte seinen Job als Co-Sänger und Bassist, den er seit dem neuen Output der Finnen innehat, mit Bravour.

Musikalisch gesehen war die Show Nightwish`s ein starker Auftritt, bei dem man bewundern konnte was für kompetente Musiker da doch am Werk waren. Einzig Schlagwerker Jukka Nevalainen fiel an diesem Tag ein wenig durch sein brachialisches Bass-Drum-Spiel ab, das teilweise das epische Flair einiger Songs etwas zunichte machte.

Nach einer ewigen Umbaupause wurde es dann Zeit für den Headliner des heutigen Tages. Spätestens bei den ersten Tönen von SAXON bemerkte auch der Fan im letzten Eck des Festivalgeländes, das sich das Warten gelohnt hat. Die Bühne des BYH-Festivals wurde zu "Castle Saxon" mit einer begehbaren Burgmauer umfunktioniert und über allem thronte der altbekannte, riesige, mit Lichtern ausgestattete Metaladler, der bei "The eagle has landed" und den Zugaben seinen Einsatz hatte und zur Landung auf der Bühne ansetzte. Einfach phantastisch ! Mit einem so reichhaltigen Fundus Hits im Gepäck hatte man natürlich leichtes Spiel und als der gut aufgelegte Biff Byford die Fans immer wieder fragte, ob sie einen neuen oder alten Song hören wollen, kann sich wohl jeder die Antwort denken. Also gab es eine Best-of Show, bei der grösstenteils auf das Material des aktuellen Longplayers "Killing Ground" verzichtet wurde. Herausgehoben muss Basser Nick Carter, der über die Bühne sauste als ginge es um sein Leben und den Eindruck erweckte, das es nichts schöneres auf dieser Welt gäbe als bei den Metalveteranen spielen zu dürfen. Die Fans standen wie ein sechster Mann hinter den "Sachsen" und sogar ein Pogopit(!) konnte bestaunt werden.

An Bands wie Saxon sollten sich mal Truppen wie der letztjährige Headliner Judas Priest in Sachen Glaubwürdigkeit, Agilität und Eigenständigkeit ein Beispiel nehmen.Ein geniales Konzert, das allein schon den Eintritt des Festival gerechtfertigt hat und für feuchte Heavy-Metal-Träume nach der Aftershow-Party sorgte.

Samstag 29.Juni:

Die erste Band die wir am zweiten Tag des Festivals beäugten, war Deutschlands Prog-Metal-Band Nr.1 VANDEN PLAS.

Die Truppe hatte wohl den klarsten Sound des gesamten Events und was um nicht mal High-Noon auf dem Gelände schon los war könnt ihr am besten an dem Foto bestaunen. Für mich haben die Jungs ihre Vorbilder Dream Theater schon lange geschluckt, den hier steht die Musik im Vordergrund und nicht das Einzelkönnen der Musiker, obwohl dies ja fraglos mehr als vorhanden ist.

Ausserplanmässig enterten nun die Schweizer Hardrocker von SHAKRA die Bühne, da der Gig von Iron Saviour wegen Anreiseproblemen nach hinten verlegt wurde. Naja, ein gewisser bitterer Nebengeschmack bleibt natürlich immer bei solchen Aktionen, aber egal lassen wir uns den Spass an der geilen Hardrockmusik der Eidgenossen nicht dadurch verderben.

Das Hauptaugenmerk bei der Performance von Shakra war natürlich auf Mark Fox, den neuen jungen Sänger des Fünfers gerichtet. Klar kam der 23jährige Jungspund noch ein wenig unsicher rüber, denoch ein augenscheinlich guter Fang für die Schweizer, da seine Stimme ziemlich nah an den aus gesundheitlichen Gründen ausgeschiedenen Ex-Sänger Pete Wiedmer rankam.

Insgesamt ein toller Gig, der mit reichlich Applaus und einer abfeiernden Menge belohnt wurde.

Über die nun folgenden Schweden TITAN FORCE verliere ich lieber keine Worte. Ich muss zugeben ich kannte die Band vorher nicht und nach dem Auftritt wünschte ich mir dieser Zustand würde weiter anhalten. Erstaunlich jedoch wie die Menge bei dem etwas körperlich ausser Form geratenen Hohepriester in Mönchskutte abging, aber auch diverse Ergebnisse bei der Fussball-WM haben mich ja gewundert.

So, nun waren IRON SAVIOUR also komplett, es konnte endlich losgehen und alles blieb beim alten. Nüchtern betrachtet (aber wer war das schon auf dem BYH ?!?) ist die Truppe um Piet Sielck noch ziemlich weit von der ersten Liga des deutschen Powermetals entfernt und dieser Eindruck bestätigte sich auch leider live. Ob dies an den zu offensichtlichen Einflüssen in der Musik der Jungs oder der schwächelnden Austrahlung bzw Performance liegt, kann jeder für sich selbst entscheiden. Ganz nett also als Samstagsnachmittag-Beschallung geeignet, aber zu mehr leider (noch) nicht.

Zweifel die im Vorfeld an der hohen Plazierung von RAWHEAD REXX aufkamen, fegten die Schwaben bei ihrem Heimspiel rücksichtslos beiseite. Die Jungs rockten wie die Hölle und der vielschichtige Powermetal kam nicht nur bei ihren Landsleuten super an, die die Band mit "Rawhead Rexx"-Sprechchören noch mehr aufputschten.

Auch optisch wurde den Fans was geboten, den neben den obligatorischen Pyros spazierte bei der Bandhymne "Rawhead Rexx" das überdimensionale Maskottchen der Truppe mit dem seltsamen Namen über die Stage, um bei der Party teil zu haben. Starker Auftritt einer bis an die Haarspitzen motivierten Band und bei solchen Leistungen hoffen wir mal das die Dinos noch lange weiterleben.

Der heimliche Headliner für viele Besucher waren wohl die Amis von NEVERMORE wie man an den vielen Shirts der Fans ablesen konnte und diese wurden nicht enttäuscht. Frontpsycho Warrel Dane präsentierte sich in allerbester Laune, machte Fotos von den Fans(!) und lies mit den zahlreichen Stagedivern seine Mähne kreisen.

Die dargebotenen Songs fixierten sich hauptsächlich auf das aktuelle Erfolgsalbum "Dead heart, in a dead world", aber auch ein brandneuer Song feierte in Balingen seine Weltpremiere, was den Appetit auf den neuen Longplayer fast ins Endlose steigerte. Spätestens als der Sänger den Fans verklickerte, das sie keiner hindert wenn sie den Power-Metallern auf der Bühne ein wenig Gesellschaft leisten, brachen alle Dämme und auf den Brettern die die Welt bedeuten startete eine unglaubliche Party.

Einfach nur genial wenn man bei einer so ernsten, komplexen Musik so natürlich und ungestellt rüberkommt. Nevermore in allen Belangen in Höchstform !

Relaxen konnte man nun bei DORO, die für Magnum ins Billing gerutscht war, da deren Gitarrist nach dem Sweden Rock Festival einen Herzinfarkt erlitten hatte.

Bei der German First Lady of Metal konnte man nicht viel falsch machen, den diese Frau versteht es das Publikum um den Finger zu wickeln. Ein bekanntes Lied reihte sich fast ans nächste, wobei sicherlich den Höhepunkt wie immer "All we are" darstellte. Aber auch die neuen Stücke kamen gut an und so geht der Daumen für Doro auch Richtung Metalgott.

Da wir die Headliner des zweiten Tags HALFORD und SLAYER auch auf dem With Full Force eine Woche später bewundern werden und hoffentlich auch drüber berichten können, gings schnurstrack ab ins Partyzelt um dieses geniale Festival noch würdig abzuschliessen. Mein Fazit des Events konnte man auf dem offiziellen Festivalshirt ablesen und fast so stehenlassen: Best days of my life ... and you missed them !!!!

MANUEL LIEBLER

 

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