Trilok Gurtu

Mirror

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Zuletzt stellte ich vom Perkussionisten aus Bombay, Trilok Gurtu, seine 2023er-Veröffentlichung One Thought Away vor. Hier wies ich auf seine Absicht, indische Musik und westliche Klänge miteinander zu kombinieren und seine eigene musikalische Herkunft mit einzubringen, hin.
Mit seinem aktuellen Album, Mirror, spiegelt er sozusagen erneut klassische indische Musik gemeinsam mit Elementen aus Jazz, Funk sowie weiteren internationalen Einflüssen aus Afrika, dem Balkan und Brasilien. Hierbei wird er unterstützt vom Arkè String Quartet, dass sich jedoch nicht im Rahmen üblicher typischer String-Quartets präsentiert, denn Stefano Dall'Ora bedient neben dem akustischen Bass auch das elektrische Instrument. Die reinen Streicherelemente verbleiben somit meist den anderen drei Mitstreitern, aber auch anderweitig, als Soloinstrumente werden diese vereinzelt eingesetzt.
"Peace Is Not Peaceful", ein Start nach Mass, denn genau hier spielt die Violine eine wichtige Rolle. Ein Hauch des Mahavishnu Orchestras durchzieht die Stimmung, wie sie einst Jerry Goodman mit der Violine verbreitete. Dazu kommt diese besondere Eigenart des Konnokol-Gesanges hinzu, noch ein wenig mehr in Richtung Indien verschiebt sich die Fusion. Der knurrende Bass, gemeinsam mit den Polyrhythmen von Gurtu, ist die Basis für diese besondere Art der Fusion. Gurtu erweist sich als ideenreicher und sehr individuell gestaltender Schlagzeuger, mit viel Perkussion ist dann der nachfolgende Song, "Settembrino", unterfüttert, hier spürt man vibrierendes Leben im Rhythmus, herrlich, diese Vielfalt, die geboten wird, alles schwingt, alles ist im Fluss, immer in Bewegung, und darüber, quasi wie ein Gegenpol wirkend, agieren die Streicher in einer Mischung aus europäischen und indischen Elementen, alles in Allem entfaltet das eine stark hypnotisch anmutende Wirkung.
Dieses nimmt noch dann an Tiefe Gestalt an, wenn sich solche ruhigen Songs wie "Folded Arms" in mein Gehör schleichen. Lausche ich dann "The Cathedral", dann fühle ich mich mit einer Art "Greensleeves-Stimmung" in das keltische Mittelalter mit einem barocken Anstrich versetzt, ein sehr romantisch-melancholischer Song, und der Meister umrahmt mit seiner Perkussion das Ganze geschickt und schickt den Song nach Indien..... Ja, diese Musik überwindet schwerelos alle Genregrenzen und integriert wie selbstverständlich Klänge aus aller Welt. Im Lineup ist bei Gurtu zwar lediglich "Perkussion" aufgeführt, doch fächert sich diese im Laufe der Spielzeit sehr stark auf, man stößt hierbei auf vielerlei musikalische Geräuscherzeuger wie Congas, Djembe, Woodblocks, Cowbells, Becken, Rasseln und viele mehr, allein er bedient ein wahres Rhythmusorchester.
Dabei bemerkt man, wie stark doch der Anteil der improvisierten Elemente ist, ein kurzes Thema der jeweiligen Komposition, und dann wird bereits spontan gestaltet, das sind halt auch die gewissen Jazz-Elemente in der Musik, obgleich man von der indischen Musik auch diese Art von Improvisation kennt. Dadurch strahlt diese ständige Lebendigkeit, diese Spielfreude, in die man sich wunderbar fallen lassen und dahinschweben kann, steckt man erst einmal tief in dieser Stimmung, so möchte man gar nicht mehr loslassen. Mithin, diese Kombination zwischen Gurtu und dem Arkè String Quartet ist atemberaubend schön und stimmungsvoll, zärtlich und kraftvoll, melancholisch und mitfühlend, etwas Positives in sich tragend und, mit Aussenwirkung ausgekleidet, ausstrahlend mit einer dicken Portion von Menschlichkeit.


Wolfgang Giese


Trackliste |
1 Peace Is Not Peaceful (4:55)
2 Settembrino (5:11)
3 Folded Arms (7:10)
4 I Am Your Mirror (6:13)
5 Five Illusions (4:56)
6 The Cathedral (3:43)
7 Whirlwind (4:56)
8 Tornavento (6:31)
9 Scirocco (7:04)
10 After The Storm (5:12)
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Besetzung |
 Trilok Gurtu (drums, percussion, vocals)
Arkè String Quartet:
Carlo Cantini (violin, melodica)
Valentino Corvino (violin)
Sandro di Paolo (viola)
Stefano Dall’Ora (double bass and electric bass)

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