Abacaxi

Same


Info
Musikrichtung: Avantgarde-Rock/Noise Rock

VÖ: 25.04.2025

(b.records)

Gesamtspielzeit: 55:35

Internet:

https://www.juliendesprez.com/project
https://wildkatpr.com/


Zitat Pressetext: "Das französische Trio Abacaxi hat sich als eine der aufregendsten Formationen der experimentellen Musikszene etabliert." Und weiter: "Ihr Sound ist explosiv, vielschichtig und kaum kategorisierbar." So wird hervorgehoben, dass es sich bei den drei Musikern um Klangarchitekten handelt, die mit Mustern und Strukturen spielen, um eine Musik zu erschaffen, die gleichzeitig experimentell, tanzbar und zugänglich ist.

Ja, nun bin ich natürlich ein wenig voreingenommen, will ich das einfach so stehen lassen, bevor ich mich daran halte, was ich höre. "Tanzbar und zugänglich", das kann ich irgendwie nicht kritiklos so stehen lassen. Wer sich zum Auftaktsong "Licasso" tanzend bewegen möchte, dürfte eine lustige Darbietung abliefern, vielleicht mit Knoten in den Beinen. Und das Thema "zugänglich" halte ich für völlig verfehlt. Denn diesen Begriff sollte man schon darauf eingrenzen, welche Musikstrukturen in der allgemein zugänglichen Popularmusik vorherrschen, und ich nenne es mal "die Masse", wird sich mit der Musik der Band wohl kaum anfreunden können.

Für wen mag sie dann wohl zugänglich sein? Ich hole mal weit aus, um ein breites Spektrum abzudecken, ohne dass ich direkte Vergleiche heranziehen möchte. Frank Zappa, Captain Beefheart, ganz frühe Gong oder Soft Machine, ein wenig Sonny Sharrock, Arto Lindsay oder die Bands Krakatau und Capillary Action. Ganz heftig wird es dann zum Beispiel, wenn sich ein stetiger Strom breitflächig ausgebreiteter Gitarrenwände durch heftiges Drumming bewegt, z.B. bei "Quetzal part. II". Ja, dann komme ich nicht umhin, ganz spontan mit den Klangwänden der Band Sunn O))) zu assoziieren, die aber einen Tick "brutaler" damit umgeht.

Rock mag die Basis sein, aber das Wort Experiment steht klar im Vordergrund. Und besonders Gitarrist Desprez ist es, der sehr umfangreich das Spektrum seines Instruments ausnutzt. So meine ich zum Beispiel bei "Licasso" ein Saxofon zu hören, und entsprechend weitere Sounds erzeugt er durch Effektpedale. "Quetzal", diese dreiteilige Suite, ist ja wohl Dreh- und Angelpunkt der Platte. Im ersten Teil vernehme ich eine rhythmische Hinwendung zu Afrika, hypnotisch angelegt, entsteht hier doch tatsächlich die oben erwähnte "Tanzbarkeit". Bezüglich des zweiten Teils verweise ich auf meine Ausführung im vorherigen Absatz, und mit Teil 3 wird das Wort Freiheit praktiziert, Elemente frei fließender Musik, ohne gleich Free Jazz zu sein, werden Grenzen aufgezeigt und wieder aufgehoben, weg von allen "normalen" Strukturen.

Ja, Gitarre, Bass, Schlagzeug, eine eigentlich klassische Formation, doch klassisch ist hier nichts, hier wird kräftig "gelärmt" auf der Basis von scheinbar sich spontan entwickelnden Ideen, voller blitzender Energie mit Hochspannung, Musik, die sehr unbequem für so manche Hörer*innen sein dürfte. Irgendwie steht sie auch zwischen den Stühlen, denn für Liebhaber der reinen Avantgarde mag es hier bisweilen zu rockig sein, für Free Jazz-Liebhaber ist es nicht frei fließend genug, und, wie es anfänglich erwähnt wurde, kaum kategorisierbar! So schleicht sich bei "Churros" ganz leicht das Element Funk ein, und irgendwie scheint Desprez zu trompeten mit der Gitarre, oder höre ich hier Elefanten? Funky wird es dann erst recht, und auch hier wieder kann das durchaus zum Tanz auffordern, mit dem längsten Song, dem fast vierzehnminütigen "Mainstream Desire", und hier freunde ich mich dann auch ein wenig mit dem Begriff der Zugänglichkeit an!

Es muss ja auch nicht sein, stets in gewohnten Kategorien zu denken, Musik einordnen zu müssen, doch als Basis kann man bei Abacaxi am ehesten an eine experimentelle Rockband denken, ist das nun Noise Rock? Das möge Jede/r für sich selbst entscheiden, eindeutig ist es außergewöhnlich ungewöhnlich! Im Übrigen, und das spricht auch für das Ungewöhnliche, sind diese sechs Songs live entstanden, anläßlich eines Konzerts vom 24.Januar 2024 in Lyon!



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Licasso (9:31)
2 Quetzal part. I (4:33)
3 Quetzal part. II (8:15)
4 Quetzal part. III (9:18)
5 Churros (10:12)
6 Mainstream Desire (13:43)
Besetzung

Julien Desprez (guitare, composition)
Jean-François Riffaud (basse)
Francesco Pastacaldi (batterie)



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