Das Musical The Band zeigt wie Musik das Leben verändern kann




Info
Künstler: The Band – Das Musical

Zeit: 04.05.2019

Ort: Theater des Westens, Berlin

Veranstalter: Stage Entertainment

Fotograf: Norbert von Fransecky

Internet:
http://www.stage-entertainment.de

Ein Musical mit der Musik von Take That? Norbert wäre nicht im Traum auf die Idee gekommen sich so etwas anzusehen. Und er hätte ebenso wenig vermutet, dass seine Frau sich dafür interessieren könnte. In ihr Beuteschema gehören eher musikalische Bereiche zwischen Alter Musik, Klassik und Jazz, gerne auch mal eine Händel-Oper, zumal ihr die Musik von Take That völlig unvertraut war. Aber sie hatte wohl eine interessante Besprechung gehört und da Norberts musikalische Grenzen bekanntlich weit gesteckt sind, hat er ihrer Bitte „Schreib doch mal was über das Musical.“ entsprochen. Gelegentlich schreibt er ja auch gerne mal einen lustvollen Verriss. Als die beiden dann nur drei Wochen nach der Premiere an einem Samstag(!) in einem nur halbvollen Theatersaal saßen, wetzte er schon die Tastatur.


Teil 1: Mein Verhältnis zu Take That
Eigentlich hätte ich „Nein“ sagen müssen. Take that sind für mich völlig bedeutungslos. Ich habe nicht einmal eine Abneigung gegen die Band. Ich weiß, dass ich den einen oder anderen Song mal gehört habe – netter bedeutungsloser Boy Group Pop. Aber ich hätte vor dem Abend keinen konkreten Titel nennen können, und wenn, dann wäre ich mir völlig unsicher gewesen, ob das Stück von Take That, den Backstreet Boys oder irgendeiner anderen Boy Group gewesen wäre. Eine blasse Erinnerung daran, dass Robbie Williams zu der Truppe gehört hat, kam mir erst nach dem Blick in den Wikipedia-Artikel wieder.

Vor diesem Hintergrund kann ich mit voller Überzeugung sagen, dass man das Musical The Band, das im April im Berliner Theater des Westens angelaufen ist, in vollen Zügen genießen kann, auch wenn man die Musik von Take That nicht liebt, oder gar nicht kennt.


Teil 2: Eine kurze Inhaltsangabe
Die Hauptpersonen sind fünf hingebungsvolle Take That-Fans – selbstverständlich weiblich. Eine von ihnen gewinnt 25 Jahre danach Tickets für eine Reunion-Show der Band in Prag. Sie entschließt sich den lange erloschenen Kontakt zu den anderen neu aufzunehmen und mit ihnen nach Prag zu fliegen.
Die fünf Teenager: Rachel, Debbie, Claire, Zoe, Heather

Der erste Teil dient im Wesentlichen der Rückblende und zeigt die fünf Mädchen, für die die fünf „Jungs“ der Mittelpunkt der Welt sind. Die Liebe zu ihnen bindet die unterschiedlichen Mädchen zusammen. Da gibt es die brave Musterschülerin Zoe, die alleine bei dem Gedanken ihre Eltern zu belügen, blass wird. Es gibt Claire, die Leistungssportlerin, die vom Sieg bei Olympia träumt, und die frühreife Heather mit bereits reichlich „Erfahrung“. Die Gewinnerin Rachel will damals noch alle fünf „Jungs“ heiraten. Debbie soll ihr dabei als Brautjungfer zur Seite stehen.

Nach einem gemeinsam erlebten Konzert kommt es zur Katastrophe. Auf der Rückfahrt hat Debbie nach der Trennung von den anderen einen tödlichen Unfall. Die Gruppe zerbricht. Der Treueschwur, ewig zusammenzubleiben, der über den Konzertbändchen geleistet wurde, gerät in Vergessenheit.

Der zweite Teil nach der Pause spielt 25 Jahre später. Zoe, Claire, Heather und Rachel treffen sich auf dem Flughafen wieder, um gemeinsam nach Prag zu fliegen. Während ihrer turbulenten Erlebnisse in der tschechischen Hauptstadt stellen sie sehr schnell fest, dass keine von ihnen das geworden ist, was zu erwarten war – und irgendwie hat sich bis auf Heather jede von ihnen in eine Sackgasse manövriert.


Teil 3: Das Musical
Während sich der Saal langsam (halb) füllt, laufen auf einem Videoscreen Teletext-Seiten, die in das Jahr 1993 versetzen. Eine Seite vom 9. September berichtet, dass in Maastricht die Verträge zur Gründung der EU und der Einführung des Euro unterzeichnet wurden. Aber keine Angst. Politik spielt in dem Musical keine Rolle. Es geht auch nicht um Take That. Es geht um fünf Teenager, deren Lebensgefühl durch das Flair einer besonderen Musik eine unglaubliche Steigerung erfährt. Das Leben strahlt und leuchtet plötzlich.
Die Boyband


Unglaubliches scheint möglich. Die Luft prickelt, als sei sie mit Champagner erfüllt. Und die fünf Mädchen machen diese Lebenssteigerung unmittelbar erfahrbar – gemeinsam mit der Boyband, die ständig anwesend ist, auch wenn es nie zur direkten Interaktion, oder gar zum Gespräch zwischen Band und Fans kommt. Die Band ist einfach ständig anwesend, genau wie sie im Denken und Fühlen der fünf Mädchen ständig anwesend ist. Zwischendurch gehört die Bühne auch einmal der Boyband alleine, um einen Take That–Song in voller Schönheit zu performen.

Herrlich zu erleben ist im zweiten Teil nach der Pause, wie die Champagner-Wirkung der Erinnerungen den teils frustrierten Frauen langsam das Leben wieder gibt. Am Ende heiratet Rachel tatsächlich (natürlich keinen aus der Boy Band, sondern ihren langjährigen Lebensgefährten, den ziemlich spiessigen Jeff) und die mittlerweile vierfache Mutter Zoe geht das Studium, das sie als Babymother bereits nach dem ersten Semester abgebrochen hatte, doch noch wieder an.

Das Musical von Tim Firth lässt erlebbar werden, wie Musik das Leben tatsächlich verändern kann, ohne auch nur eine Sekunde im Kitsch zu versinken. Großartig!


Teil 4: Die Inszenierung:
Den Bühnenbauern und –planern ist höchstes Lob zu zollen; ebenso wie den Ausstattern und den Choreographen. Ständig klappt etwas neu auf, verwandelt sich ein Teil der Bühne in etwas anderes. Grandios wie perfekt das klappt. Dabei werden die ständig präsenten fünf Jungs der Boyband sehr geschickt gleich auch noch als Bühnenarbeiter eingesetzt, die die Dekoration ab-, um- und aufbauen. Dabei gelingt es ihnen noch – zum Teil in Sekundenschnelle – die Garderobe zu wechseln. Und all das gelingt mit einer scheinbar völlig spielerischen Leichtigkeit.


Teil 5: Die Darsteller
Maria Arnold (Rachel, 1993)
Silke Geerts (Rachel, 2018)
Ruth Lauer (Debbie, 1993)
Jara Buczynski (Heather, 1993)
Laura Leyh (Heather, 2018)
Franziska Trunte (Zoe,1993)
Heike Kloss (Zoe, 2018)
Isabel Waltsgott (Claire, 1993)
Yvonne Köstler (Claire, 2018)
Das gesamte Ensemble – im Vordergrund dabei Jeff (3.v.l) und Dave (3.v.r)

Die Boyband:
Prince Damien
Eric Hallengren
Taddeo Pellegrini
Sonny Grieveson
Sario Solomon

Tilman Hadaus (Jeff , Rachels Mann)
Daniel Rossneisel (alle Daves, d.h. Personen, die durch’s Programm führen, oder Sonderrollen haben - Busfahrer, tschechische Polizei etc.)

Die Band:
Andreas Birnbaum
Alexander Hötzinger
Dirk Schmigotzki
Robert Paul
Greg Dinunzi

Dominik Franke (Dirigent)


Teil 6: Grenzen der Bewertung
Ich glaube, dass ich das, was ich an diesem Abend gesehen habe, gar nicht in seiner Gänze wertschätzen kann. Take That waren in einer Zeit erfolgreich, in der Musikvideos unverzichtbar waren, und ich bin mir aufgrund der Publikumsreaktion sicher, dass die Show in Dekoration und Kostümierung immer wieder auf Take That Videos anspielt. Das kann ich gar nicht bewerten.


Die Mädchen v.l.n.r.: Claire 2018, Zoe 1993, Rachel 2018, Heather 1993, Rachel 1993, Heather 2018, außerdem 2 „Jungs“ und Jeff (3.v.r.)

Teil 7: Die Bilder
Die Qualität der Bilder in diesem Artikel ist begrenzt. Das verlangt nach einer Erklärung. Das Fotografieren war bei der Aufführung natürlich verboten. Auch die bei Konzerten für die Presse übliche Möglichkeit „die ersten drei Stücke – ohne Blitz“ war nicht gegeben. Dafür stellt Stage Entertainment professionell aufgenommenes Bildmaterial zur Verfügung.

Ich habe auf die Nutzung dieses Materials verzichtet. Denn nach dem eigentlichen Musical präsentierten sich noch einmal alle Mitwirkenden auf der Bühne – begleitet natürlich von der Musik Take Thats. Und in dieser Phase wurde das Fotografierverbot nicht nur aufgehoben. Dave forderte das Publikum sogar ausdrücklich auf, Bilder zu machen und sie zu teilen, um für das Musical zu werben. Ein verständlicher Wunsch der Veranstalter, wenn schon so kurz nach der Premiere das Haus an einem Samstag nur halb gefüllt ist.

Da ich mit dieser Freigabe nicht gerechnet hatte, hatte ich meine Spiegelreflexkamera nicht dabei, sondern nur eine kleine Digitalkamera, mit der aus der siebten Reihe heraus nur bedingt gute Aufnahmen realisierbar sind. Aber ich bin der Meinung, Fotos von dem Tag, von dem man berichtet, sind allen anderen Top-Produkten vorzuziehen.


Norbert von Fransecky



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