Musik an sich


Reviews
Streetmark

Dry


Info
Musikrichtung: Krautrock

VÖ: 24.04.2015 (1979)

(Sky / Sireena)

Gesamtspielzeit: 37:23


Streetmark hatten im Bereich des Krautrocks durchaus etwas mehr als die berühmten fünf Minuten des Ruhms. Sie hatten mit dem überragenden „Lovers“ sogar einen veritablen Szene-Hit, der sie für den einen oder anderen wohl zum One Hit Wonder gemacht hat. Dennoch ist der Name Streetmark heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Ich kann mich nicht erinnern, ihn in den letzten Jahren irgendwo gehört, oder gelesen zu haben. Umso verdienstvoller, dass Sireena Records jetzt das Album Dry mit dem Hit „Lovers“ neu veröffentlicht haben.

Dass „Lovers“ beim Betrachten von Streetmark so weit nach vorne geschoben wird, ist berechtigt. Es ist eine fantastisch dynamische Nummer, die ganz harmlos, wie ein Wolf im Schafspelz beginnt. Der Gesang startet ganz ruhig und baut dabei eine immer größer werdende Spannung auf. Die wird vom einsetzenden Schlagzeug weiter vorangetrieben, um dann in einem tollen Synthie-Solo zu explodieren. Fantastisch: 1000 Punkte für den John Miles Hit des Krautrock!

Klar, dass das Album dieses Niveau nicht durchgehend halten kann. Es ist aber besser, als ich befürchtet hatte. Ich kannte von dem dort enthaltenen Material bislang nur das, was auf der Super Sound Single enthalten war.

(Zur Erklärung: Die Super Sound Single war Ende der 70er / Anfang der 80er ein besonderes neues Format. Es war eine Single in 12“ LP-Größe. Sie bot also das Material einer Single in der Größe einer LP. Da die Schallplattenrille dabei nicht so eng gearbeitet werden musste, wie bei einer normalen 7“ Single oder einer 12“ LP, war der Klang deutlich besser, als bei den anderen Formaten. Ursprünglich waren die Super Sound Singles nur für den Gebrauch von Disc Jockeys gedacht, eroberten dann aber für einige Jahre auch die privaten Käuferschichten.)

Die Super Sound Single schien das Urteil des One Hit Wonders zu bestärken. Neben „Lovers“ waren dort „Watch out“ und „Disco dry” enthalten. Letzteres fällt im Rahmen der LP völlig aus dem Rahmen. Es ist wirklich echte Disco-Mucke, aber mit den Trompeten nachahmenden Synthies hat das Stück durchaus was. „Watch out“ ist dagegen, auch wenn man gelegentlich an Scrifis gemahnende Sounds hört, eine eher schwache Synthie Pop Nummer.

Das Album hat insgesamt mehr zu bieten als die Single. Zwar ist hier mit „Sunny Queen“ ein weiter Schwachpunkt am Start. Aber mit „Welcome“ und „Drifting“ sorgen zwei „kleine Brüder“ von „Lovers“ für das hohe Niveau von Dry. „Drifting“ hält sich erst ruhig zurück, steigert sich zum Ende hin aber zu dem druckvollen Streetmark-Sound.

Bei „Welcome“ lösen sich powernder Rock und elektronische Synthie-Passagen ab. Es taucht der hohe Gesang von Dorothea Raukes ebenso auf, wie bluesige Solo-Parts und Immer wieder kernig zugreifende Gitarren-Riffs. Das „Intro“ lässt erst einmal kurz vermuten, man befände sich mit Dry im Electronica- Bereich des Krautrocks.

Dry stellt so etwas wie Scharnier da, zwischen den beiden "krautigeren" Frühwerken Nordland (1975) und Eileen, sowie dem deutlich in die 80er schielenden, glatter und synthiemäßiger produziertem Album Sky Racer von 1980.

Ein Schmuckstück – wenn auch mit blinden Flecken!



Norbert von Fransecky



Trackliste
1Intro 5:21
2 Welcome 6:23
3 Sunny Queen 7:28
4 Lovers 5:10
5 Drifting 4:55
6 Disco dry 3:42
7 Watch out 4:13
Besetzung

Dorothea Raukes (Keys, Voc)
Thomas Schreiber (Git, Voc)
Bogdan Skowronek (Dr, Perc)

Gast:
Jürgen Pluta (B)



 << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>