Musik an sich


Artikel
Lingua Loca - die HipHop-Elf aus dem schwäbischen Tübingen




Info
Gesprächspartner: Lingua Loca

Zeit: ..........

Interview: E-Mail

Stil: HipHop, Funk, Jazz

Internet:
http://www.myspace.com/lingualoca
http://www.lingualoca.com

Nach der sehr guten EP Alles in Bewegung und einem Live-Album erschien im März das erste vollständige Studioalbum der Tübinger HipHop-Formation Lingua Loca, das noch einen Ticken besser ausgefallen ist, als die Debüt-EP. Grund genug ein paar Fragen an die elf (!) Mitglieder der Band zu richten.

Hallo zusammen! Da man Lingua Loca bisher wahrscheinlich kaum kennt wäre es zunächst einmal schön, wenn Ihr uns etwas über Euren Werdegang erzählen und Euch etwas näher vorstellen könntet.

Ja moin! Hm, das wichtigste zu Lingua Loca: Wir machen organischen HipHop mit allem drum und dran: Eine obertighte Rhythmusgruppe, eine mit allen Wassern gewaschene Horn Section und zwei begnadete Rapper. In dieser Kombination spielen wir jetzt seit knapp zwei Jahren zusammen. Der Weg dorthin war ein langer und ziemlich verrückter. 2003 hat sich zum ersten Mal ein Kollektiv dieses Namens zusammengefunden, die ersten kleinen Erfolge, z.B. bei Bandcontests kamen schnell. Zunächst waren wir nur sehr lokal unterwegs, das änderte sich dann Schritt für Schritt hin zu überregionalen und auch internationalen Gigs sowie Theaterauftritten. Zunächst war Lingua Loca eine reine Liveband, was wir 2008 auf unserem Livealbum festhielten, aber wir arbeiten daran, unsere Musik klarer zu definieren und zu differenzieren und auch studiomäßig voll steil zu gehen. Die Einrichtung unseres eigenen Studios und die erste Studioplatte „ELF“ ist ein großer Schritt in die richtige Richtung.

Wie habt ihr zusammengefunden? War es eine bewusste Entscheidung, mit ‚echten‘ Musikern und einer ungewöhnlich großen Bandbesetzung HipHop zu spielen?

Wie bereits erwähnt war Lingua Loca am Anfang ein wilder Haufen von vielen, vielen MCs und DJs. Über die Jahre hinweg haben sich dann mehr und mehr Rapper verabschiedet und wurden durch echte Musiker ersetzt. Unsere Überzeugung ist es, dass mindestens elf Leute nötig sind, um richtig guten Hip Hop mit Seele zu machen.

Wie schafft ihr es, so viele Bandmitglieder unter einen Hut zu bringen? Könnt ihr da überhaupt regelmäßig miteinander proben und spielen?

Das ist tatsächlich ein Problem, das mit dem Proben. Wir sind mittlerweile über ganz Süddeutschland verteilt und am Studieren und/oder Arbeiten. Da fällt es natürlich schwer, regelmäßig zum Proben zusammenzukommen, es kommen eigentlich nur die Wochenenden in Frage. Und grade im Sommer spielen wir an den Wochenenden meistens und es ist dann wiederum schwer, noch eine Probe einzuschieben. Es klappt aber dennoch ganz gut, wir treffen uns alle paar Wochen zu einem Probewochenende zusammen und feilen an neuem Material.

Eure Songs sind gemeinsam entstanden. Gibt es da irgendwelche Arbeitsteilungen bezüglich der Musik, Arrangements und Texte oder hat jedes Bandmitglied in allen Punkten Mitspracherecht? Besonders bei den Texten dürften doch Tobi und Ari als Sänger/Rapper eine tragende Rolle spielen.

Grundsätzlich sind wir eine basisdemokratische Band, jeder hat überall Mitspracherecht. Realpolitisch sind es einige wenige, die den musikalischen Grundinput bringen, der dann gemeinsam bearbeitet und veredelt wird. Es gibt einen musikalischen Leiter, unser Bassist. Der hat bei den Proben die Fäden in der Hand und gibt dem ganzen Procedere Struktur. Aber wir können mit Fug und Recht behaupten, dass die Songs aus unserer aller Feder stammen. Für die Texte sind natürlich Ari und Tobi verantwortlich, ich glaube gegen welchen Ghostwriter auch immer würden sie sich doch sehr sträuben.

Eure Texte haben ja teilweise lokale Bezüge. Wie kommen diese in anderen Regionen Deutschlands an? Passt ihr die evtl. auch für die jeweilige Stadt an, denn es dürfte ja nicht jeder z.B. den Oberbürgermeister Tübingens (Boris Palmer) kennen?

Nein, wir passen die Texte nicht an. Wir sind stolz auf unser Tübinger Erbe und wollen unser Heimatgefühl beispielsweise auch im Ruhrpott an den Mann bringen. Dann wissen die Oberhausener wenigstens, dass in Tübingen schon mal ein Fahrrad in den Neckar geschmissen wird. Sooo viele Lokalbezüge sind es ja auch wieder nicht. Der Großteil der Texte ist schon auch für Magdeburger nicht weniger verständlich als für einen Urschwaben.

Ihr habt ein eigenes Plattenlabel – ELF Records. Habt ihr früher auch versucht, bei einem anderen Label unterzukommen?

Ja, und das auch mit Erfolg. Sowohl unsere EP Lingua Loca (2007) als auch unser Livealbum (2008) erschienen auf dem CHAOS-Label der Bauer Studios in Ludwigsburg. Wir haben uns nun aber entschieden, vorerst unseren eigenen Weg zu gehen.

Nehmt ihr auch andere Künstler unter Vertrag?

Potentiell jederzeit. Bis jetzt sind nur wir bei uns gesignt, aber das kann sich natürlich ändern, wenn uns Künstler über den Weg laufen, die wir gut finden und die zu uns kommen wollen. Und die nicht all zu hohe Vorschüsse haben wollen.

Ihr habt zum ersten Mal im eigenen ‚ELF-Studio‘ aufgenommen. Hat sich dadurch eure Arbeitsweise verändert?

Natürlich ist ein eigenes Studio schon komfortabler als sich irgendwo einzumieten. Man hat keinen Zeitdruck, kann tun und lassen was man will. Technisch läuft dann nicht immer alles sofort rund, soo viel Erfahrung haben wir damit natürlich auch noch nicht, aber das wird. Und wie die neue Platte zeigt, kann sich das Ergebnis durchaus hören lassen. Viel hängt dann aber auch an der Mischung und dem Mastering, das wir in den Bauer Studios gemacht haben.

Wie ist das Studio ausgestattet?

Ich will mich jetzt nicht in allzu vielen langweiligen technischen Details ergehen. Das Studio ist relativ klein, in Tübingen sind die Mieten ja hoch. Es gibt einen Mini-Regieraum und einen Aufnahmeraum. Eine Kabine für die Bläser und die Rapper haben wir uns selber zusammengebastelt. Außerdem haben wir eine Kaffeemaschine.

Habt Ihr irgendwelche Vorbilder und welche Bands und Musiker sind Eure wichtigsten Einflüsse?

Richtige Vorbilder, denen wir nacheifern würden, haben wir keine, aber schon sehr viele Einflüsse. Um da mal ein paar zu nennen: Hocus Pocus, The Roots, The Cat Empire, Seeed, Max Raabe und Robert Glasper.

Was bedeutet der Bandname „Lingua Loca“? Soll er etwas Spezielles aussagen?

Nein, der bedeutet eigentlich nichts, wie so oft bei Bandnamen. Viele Bands scheitern schon an dem Anspruch, einen wohlklingenden Namen zu wählen, wir haben uns damit dann zufrieden gegeben.

Wie sind die bisherigen Reaktionen auf ELF? Seid Ihr damit zufrieden?

Wir haben von vielen Seiten gutes Feedback geerntet, viel Konstruktives kam von unseren Musikerkollegen. Außerdem waren wir einige Tage mit ELF bei iTunes auf der Startseite gefeatured. Das hilft natürlich enorm, und auch im Internet finden sich einige wohlwollende Rezensionen (danke an dieser Stelle! ;-)). Mit „In den Club“ sind wir derzeit auf Platz eins der Das DING Netzparade. Es läuft also gut, wir sind durchaus froh mit der Resonanz!

Wie sieht es mit Live-Shows aus? Ihr habt ein paar Konzerte im März gespielt. Wie sind die gelaufen? Sind da noch mehr in Planung?

Ja, im März war unsere Releasetour quer durch die Lande. Die Konzerte im Süden waren alle ein großer Erfolg, wir haben aber gemerkt, dass ein bisschen Promotion im höheren Norden aber wohl doch noch gut tun würde. Wir arbeiten daran! Der Sommer ist jedenfalls bereits vollgestopft mit dicken Konzerten, bald geht es schon richtig in die Vollen. Das kann man alles auf unserer Homepage www.lingualoca.com nachlesen!

Könnt Ihr von der Musik leben oder müsst Ihr neben der Musik noch einer ‚geregelten‘ Arbeit nachgehen?

Nun, bisher hat keiner der Musiker effektiv etwas mit der Musik verdient. Sämtliche Einnahmen die wir durch Konzerte und den CD Verkauf erzielen konnten, flossen direkt in die Bandkasse und dienten als Investitionsgrundlage für anstehende, meist kostspielige aber dennoch wichtige Meilensteine auf dem Weg bis ins hier und jetzt. Ob das nun ein neues Album war oder Bandkleidung - das alles kostet Geld. Und bei einer 11 Mann Band, eben ein wenig mehr als bei kleineren Formationen. Mittlerweile und somit nach einer doch recht langen Zeit, finanziert sich die Band aber selbst. Durch Bandeinnahmen können daher Ausgaben getätigt werden, ohne dass jemand privat Kohle vorschießen muss. Der nächste Schritt muss jetzt aber dann auch der sein, den Musikern die Leistung und den Zeiteinsatz zu vergüten. Wir arbeiten dran! Bis dahin heißt es aber noch ein bisschen Regale einräumen im Kaufland oder selber Unterricht geben.

Habt Ihr noch etwas, das Ihr loswerden möchtet?

Na klar: Kommt zu einem unserer Konzerte und feiert mit uns die Musik und das Leben ab! Und danke für das Interview!!

Diskografie
Elf (2011)
Alles in Bewegung (2009)
Live (2008)


Ingo Andruschkewitsch



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