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MARTIN TURNER’S WISHBONE ASH - Die "anderen" Ash live in Rothenburg




Info
Künstler: Martin Turnern's Wishbone Ash

Zeit: 08.05.2009

Ort: Rothenburg ob der Tauber (Schrannenscheune)

Besucher: ca. 300

Internet:
http://www.wishboneash.co.uk

Bei Wishbone Ash muss der Fan momentan ein bisschen aufpassen, da es zwei verschiedene Varianten dieser Band gibt. Einmal mit die Version mit Andy Powell, der nahezu jedes Jahr mit seiner spielstarken Truppe durch die Lande zieht und auch gute neue Alben veröffentlicht. In diesem Jahr ist mir zum ersten Mal Martin Turner’s Wishbone Ash aufgefallen. Der langjährige Bassist und Co-Sänger der Band hat bei den wichtigsten Alben der Band eine große Rolle gespielt und wurde vor allem durch seinen unnachahmlichen Bassstil sehr bekannt. Da ich die Variante mit Andy Powell schon zweimal gesehen habe war es umso interessanter, nun die Band von Martin Turner live zu begutachten. Vielleicht um mehr Fans anzulocken wurde diese Tour speziell als die Argus-Tour, dem wohl wichtigsten und bekanntesten Album von Wishbone Ash überhaupt, bezeichnet. Beworben wurde sie ebenfalls mit dem Cover der Argus-Scheibe, was nicht nur mir sofort ins Auge gefallen ist.

Die Schrannenscheune in Rothenburg befindet sich direkt in der schönen Rothenburger Altstadt, umhüllt von originellen Kneipen und mittelalterlichen Häusern und hat so gar nichts mit irgendwelchen Clubs in abgelegenen Industriegebieten gemeinsam. Außerdem sind die Preise für Essen, Cocktails und sonstige Getränke wirklich sehr günstig und alles sehr lecker. Schön übersichtlich (ca. 300 Fans tummeln sich in dem alten Gebäude) und sehr urig ausgestattet freut man sich, mal eine Konzerthalle der alternativen Art zu bestaunen. Das Publikum befindet sich im gesicherten Mittelfeld, von 20 bis 55 ist bestimmt alles vertreten.

Als Vorband wurden die Lokalmatadoren der Band TIME OUT verpflichtet. Der Name ist bei dieser Band Programm, man kommt sich vor wie auf einer Zeitreise. Sie spielen sehr knackige Versionen von Altmeistern wie Cream („Sunshine Of Your Love“), Jimi Hendrix („Purple Haze“) oder Gary Moore. Der beste Song des Abends den sie spielen ist in meinen Augen ganz klar „White Room“, ebenfalls von Cream. Man merkt den Musikern an, dass sie mit Leib und Seele dabei sind. Vor allem der urige Sänger und Bassist ist auch vom Outfit her tief mit der Musik verwurzelt, die Band ein gut eingespieltes Team. Daumen hoch für Time out, deren Musiker nicht nur sehr gut spielen, sondern auch noch sehr sympathisch sind.

Nach einer kurzen Umbaupause kommt dann MARTIN TURNER und seine Mannschaft auf die Bühne und leget richtig fetzig mit „Why Don’t We“ los. Sehr erstaunlich ist die Basstechnik, mit der Mr. Turner auftrumpft und dabei noch alle Texte singt. Ausgestattet mit einem klassischen Gibson Thunderbird-Bass spielt er sich traumwandlerisch sicher durch die selbst schwierigsten Songs. Im ersten Teil spielt er die größten Klassiker von Wishbone Ash, die nicht auf dem Argus-Album stehen, wie beispielsweise „Blind Eye“, „Rest In Peace“ oder „Persephone“. Sehr geil ist natürlich „The Pilgrim“, das überragende „Lady Jay“ oder das unsterbliche „Phoenix“, bei dem die beiden Gitarristen eine mehr als überragende Leistung abliefern. Der Sound ist absolut klasse, das Publikum auch und die Band spielt wirklich phantastisch. Im Vergleich zu Andy Powell ist Martin Turner zwar der bessere Sänger, Andy Powell jedoch eindeutig der bessere Entertainer. Martin Turner ist ein wahnsinnig guter Musiker, aber er schafft es selten, das Publikum vollends mitzureißen. Macht aber nix. Es ist wirklich ein Genuss, diese alten Songs wieder einmal live zu hören. Wenn man sich die Solos der Gitarristen etwas genauer anhört kann man gut nachvollziehen, dass Wishbone Ash großen Einfluss auf Bands wie Iron Maiden, Thin Lizzy oder Judas Priest gehabt haben.

Nach einer etwas zu langen Pause kommt die Band wieder zurück und es beginnt das, worauf ein Großteil der Fans gewartet hat: Das Argus wird in voller Länge präsentiert. Los geht’s mit dem fetzigen „Time Was“, dem man anmerkt, dass die Fans diesen Song gut kennen und mögen. „Sometime World“ brilliert mit einem tollen Einstieg und bereitet den Weg für den wohl besten Song überhaupt von Wishbone Ash: „The King Will Come“. Dieser Song ist einfach unglaublich und es stellen sich mir nur bei dem Intro schon sämtliche Nackenhaare. „Leaf And Stream“, zu dem laut Mr. Turner der damalige Schlagzeuger Steve Upton den Text beigesteuert hat, bringt ein bisschen Ruhe in die Setlist. Mit dem fulminanten „Warrior“ und dem abschließenden „Throw Down The Sword“ findet das Überalbum seinen Abschluss. Die Band bekommt großen Applaus, und dies völlig zu Recht. Das Zusammenspiel dieser Truppe ist absolut klasse und braucht den Vergleich zu den „anderen“ Wishbone Ash in keinster Weise zu scheuen. Mr. Turner fragt ob denn das Publikum noch einen Song vermisst, und das tut es: Als kleiner Gag wurde der auf dem Album auf Position 3 stehende Song „Blowin’ Free“ an den Schluss gelegt, eine sehr gute Idee. Dann geht die Band von der Bühne, doch das Rothenburger Publikum bleibt hart und peitscht die Jungs noch zu zwei Zugaben an: „Living Proof“, der Song der mir heute Abend am besten gefällt, und natürlich das unnachahmliche „Jailbait“ bilden den Abschluss dieses Klasse-Konzertes. Es gibt noch einmal viel Applaus, bevor der Auftritt nach fast zwei Stunden zu Ende geht. Vielen geht es wie mir: Man hätte noch stundenlang zuhören können.

Alles in allem wäre es nun natürlich interessant, wenn sich Andy Powell und Martin Turner wieder wie früher zu einer Band zusammenschließen würden um die Stärken dieser zurzeit fast gleichzeitig tourenden Bands in einer zu vereinen. In einem Interview im „Rocks“ ist dieses Thema sehr gut beschrieben. An sich wäre es nicht sonderlich kompliziert, allerdings verhindern die Egos der Hauptakteure eine solche Reunion, was an sich sehr schade ist.

Setlist:
Why Don’t We
Blind Eye
Rest in Peace
The Pilgrim
Persephone
Phoenix
You See red
Time Was
Sometime World
The King Will Come
Leaf And Stream
Warrior
Throw Down The Sword
Blowin’ Free
Living Proof
Jailbait.



Stefan Graßl



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