Musik an sich


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Mashayeki – Chong – Tian u. a. (Ensemble Integrales)

Traces of Asia


Info
Musikrichtung: Neue Musik Ensemble

VÖ: 01.04.2007

Coviello / Note 1
CD (AD DDD 2006) Best. Nr. COV 60706


Gesamtspielzeit: 60:38

Internet:

Ensemble Integrales



FRISCH UND UNVERBRAUCHT: NEUE MUSIK AUS ASIEN

Traces of Asia lautet der Titel dieser Produktion des in Hamburg ansässigen Ensemble Integrales. Dahinter verbirgt sich keine weltmusikalisch abgeschmeckte Wohlfühlklassik, sondern Neue Musik junger asiatischer Komponisten, die unüberhörbar in der zeitgenössischen westlichen Musik verortet ist. Was nicht heißt, dass die aus Iran, Japan, Malaysia, Mongolei, Kasachstan und China stammenden Komponist/innen ihre heimatlichen musikalischen Wurzeln gänzlich verleugnen würden.

Der Iraner Alireza Mashayeki konfrontiert orientalisch anmutende Klänge mit der Musik des 21. Jahrhunderts, die in agressiven Schlagzeugausbrüchen kumuliert. Dagegen entlockt die japanische Komponistin Misato Mochizuki in ihrem kraftvollen, düster-grundierten Intermezzi I der europäischen Querflöte Shakuhatschi-artige Klänge und lässt mit dem Fahrradschlauch geriebene Klavierseiten wie eine metallische Sho, eine japanische Mundorgel, tönen. Ein bei aller Abstraktion und Verknappung der Mittel sehr ausdrucksvolles Stück.
Metamorphosis IV von Kee-Yong-Chong wiederum ist eine zerklüftete Collage für zwei Streichinstrumente und eine CD mit Bruchstücken chinesischer und malaysischer Poesie sowie traditioneller Musik.
Am entspanntesten kommen die schlicht mit I, II übertitelten, eigenwillig melodischen Stücke des Mongolen Soren Soronzonbold herüber. Sie klingen wie eine kaum entwirrbare Fusion westlicher und östlichern Stile, von Debussy, Stravinsky, Klezmer und mongolischer Musik, wobei das Saxophon besonders hervortritt.
Wie gekonnt improvisiert wirkt das aus kurzen, unwirklichen Phrasen und ausgesprochen heterogenen Abschnitten zusammengesetzte sfiorasi der Kasachin Jamilia Jahylbekova. Ganz anders die rasiermesserscharfe Faktur von Ensemble Integrales, einer Komposition der Chinesin Leilei Tian. Dieses ausgesprochen spannende, uhrwerkartig präzise, mal mit harten und pointierten Gesten, dann wieder oszillierenden Klanggirlanden aufwartende Stück ist (wie übrigens drei weitere) den Interpreten der Aufnahme gewidmet und auf die hochvirtuosen Finger, Lippen und Instrumente geschrieben.

Neben den präsenten und technisch makellosen Interpretationen besticht die unverbrauchte, frische Wirkung der Mehrzahl der hier eingespielten Werke. Persönlich haben mir die Kompositionen Misato Mochizukis und Leilei Tians am besten gefallen. Der Klang ist sehr gut, das Beiheft informiert ausführlich.



Georg Henkel



Besetzung

Ensemble Integrales


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