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Jazz Classics #1: THE MILES DAVIS QUINTET
 

EIN VÖLLIG SUBJEKTIVER BLICK AUF DIE KLASSIKER DES JAZZ

Ich mache mich der Kanonbildung schuldig? Mag sein, aber man sollte doch unterscheiden zwischen einem persönlichen und einem aufoktroyierten Kanon. Von letzterem distanziere ich mich deutlich. Wer andere Meinungen hat, gerne, sie sind auch willkommen doch das hier ist meine Meinung. Ausschließlich.

Eine der zweifellos besten Bands des Jazz ist das erste MILES DAVIS QUINTET.
Mit Trane am Tenor und Red Garland (p), Paul Chambers (b) sowie Philly Joe Jones (dr) hat diese Gruppe zumindest fünf unverzichtbare Alben aufgenommen:

COOKIN WITH THE MILES DAVIS QUINTET
WORKIN WITH THE MILES DAVIS QUINTET
RELAXIN WITH...
STEAMIN WITH... alle Prestige/ZYX Vertrieb
sowie ROUND ABOUT MIDNIGHT (Columbia/Sony)

Alle liegen in Remaster-Ausgaben vor, was nicht unwichtig ist.

Die ersten vier der Alben wurden an zwei Dates im Mai und Oktober 1956 in NYC bzw. Hackensack, NJ aufgenommen und stellen den Kern des Quintet-Werks dar.
Circa 25 Selections, die in etwa das Standard-Repertoire der Band bei Konzerten widerspiegeln. Darunter befinden sich großartige bis definitive Versionen von Nummern wie "My Funny Valentine", "Oleo", "Well, You Needn't", "Woody N'You" oder "Airegin".
Der Sound der Gruppe ist unverkennbar, wie auch die Solisten stilprägend waren. Grund für die Massenveröffentlichungen jener Zeit waren zu erfüllende Verträge, weil Davis seit Ende 1955 mit seiner Band bei Columbia unter Vertrag war, diese jedoch das ungefähr zur selben Zeit wie die anderen Platten entstandene "Round About Midnight" erst nachdem Davis und seine Leute von Prestige frei waren veröffentlichen konnten.

Auf jener ersten Columbia Platte von Miles Davis finden sich die wahrlich klassischen und wahrscheinlich besten Aufnahmen von "Round Midnight", dem Thelonious Monk Song und auch "Bye Bye Blackbird", einem meiner persönlichen Favorites.

Es ist beinahe müßig, über die Qualität der Aufnahmen zu sprechen, weil die Soli und Ensemble-Teile jeden Rahmen sprengen. Ist Jazz auch oft "nur" improvisierte Musik, die oftmaligem Hören nicht eben solide stand hält, finden sich hier Soli, die jedem Klassischen Komponisten an Form und Perfektion ebenbürtig scheinen. Nicht umsonst hatte Miles Davis schon in jenen Tagen den Ruf eines der großartigsten Musiker aller Zeiten.

Doch auch die anderen Musiker stehen ihm oft nicht nach. Vor allem John Coltrane spielt alle anderen Saxophonisten an die Wand, einschließlich dem damals bekanntesten, Sonny Rollins. Coltrane wurde zur Legende, bevor er überhaupt seine wegweisenden und brillianten Soloalben wie "Giant Steps" oder "A Love Supreme" veröffentlicht hatte.

Natürlich ist der ganze Hype heute nicht mehr ganz nachzuvollziehen, vor allem, nachdem man weiß, was noch kommen sollte.

Wenn ich jetzt die eine oder andere Platte aus dem Werk des MDQ empfehlen müsste wäre es wahrscheinlich "Steamin'" oder "Round About Midnight", an einem anderen Tag zweifellos "Workin'" und an wieder einem anderen "Cookin'"...

Ich fühle mich beinahe schuldig, nichts schwaches auf den Platten zu finden, zu sehr würde es mich reizen, spannende neue Dinge aufzuzeigen und lange für großartig gehaltene Aufnahmen mit wenigen Worten als Schwachsinn zu deklarieren. Nichts da. Es ist nach wie vor tolle Musik, manchen vielleicht etwas zu brav, mag sein, aber von einer Schönheit die wahrlich ihresgleichen sucht.
Deshalb schließe ich gleich an mit

JAZZ CLASSICS #2:

THE DAVE BRUBECK QUARTET: TIME OUT

Ein waschechter Verriss diesmal.
Die Zeit respektive Fernsehfilme, Dokumentationen, Werbespots und Abendessen bei befreundeten Ehepaaren waren nicht gerade gnädig zu diesem "Klassiker". Deshalb wäre es interessant, das Album damals in den späten 50er gehört zu haben. Dem ist nun nicht so und deshalb kann ich nur sagen, wer auch weiterhin Privatvideos von Geburtstagsfeiern mit leichtem Jazz unterlegen will, wer stilvolle Hintergrundmusik für Abendessen braucht etc. soll zu "Time Out" greifen. Auch zu "Time Further Out", dem hier unkommentierten Nachfolger.
"Time Out" ist im wesentlichen eine versteinerte Ansammlung von netten Klassikern wie "Kathy's Waltz", "Blue Rondo A La Turk" oder dem unvermeidlichen "Take Five", alle mehr oder weniger (deshalb der Titel) in ungeraden Taktarten gespielt. Das ganze ohne peinlich berührt zu sein anhören zu können grenzt schon an Genie. Oder an endlos viel guten Willen. Wie gesagt, es ist nicht möglich, zu eruieren ob die Aufnahmen von vornherein fürchterlich waren, oder ob sie es mit der Zeit wurden. Darüber hinaus ist Dave Brubeck als Pianist maßlos überschätzt (ob es daran liegt, daß die Amerikaner einen weißen Jazz-Star brauchten oder nicht sei dahingestellt). Dass Paul Desmond (alto sax) der bessere Solist ist, ist auch nicht wirklich bedeutsam.

Interessant scheint es mir da eher, dass die Soliteile jeweils in 4/4 abgehalten werden, was ja nicht mehr unbedingt experimentell (wie die Plattenhülle wirbt) ist...
Jedenfalls, man sieht, es macht mehr Freude und Sinn, Platten nicht zu mögen, als sie in soundsovielen Wörten zu loben. Und wer jetzt losgehen will und sich "Time Out" aus Trotz besorgt: umso besser. Vielleicht kommen jene ja auf den Geschmack und hören dann in der Folge wirklich gute Platten.
Ähnlich zugänglich (denn das kann man dem guten Dave ja nicht absprechen) ist "Kind Of Blue" eines gewissen vielleicht irgendwann schon erwähnten Miles Davis.
Ich finde das hier auf jeden Fall langweilig und darüber hinaus überschätzt und abgedroschen. Aber das habe ich schon gesagt, nicht wahr? Jaja. Überschätzt und abgedroschen. Überschätzt und abgedroschen. Überschätzt und abgedroschen.

DANIEL SYROVY (Morddrohungen oder Zusprüche bitte an die Redaktion von musikansich.de)

 

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