Janáček, L. – Suk, J. – Dvořák, A. u. a. (Kay, F.)

Things lived and dreamt


Info
Musikrichtung: Romantik / Klavier

VÖ: 05.01.2023

(Analekta / Note 1 / CD / DDD / 2022 / AN 2 9004)

Gesamtspielzeit: 73:00



TSCHECHISCHER KLAVIERDIGEST

Dieser Querschnitt durch die tschechische Klaviermusik des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts vereinigt illustre und weniger bekannte Namen mit exemplarischen Werken zu einem ausgesprochen gelungenen Digest. Im Zentrum der Auswahl von Pianistin Francine Kay steht der Zyklus „Things lived and dreamt“ von Joseph Suk aus dem Jahr 1909. Ein selten zu hörendes und faszinierend janusgesichtiges Werk, das im melancholischen Rückblick auf das 19. Jahrhundert sich zugleich der Moderne öffnet: Gleich der 1. Satz von Suks Miniaturen hat mit seinen verstolperten Polka-Akzenten eine fast satineske Ironie, parodiert aber irgendwie auch Liszts virtuose Pianisten-Pranke. Wie verwehendes Herbstlaub dagegen die Nr. 2, bei der sinierenden Nr. 3 denkt man ebenfalls an Debussys flüchtige Texturen. Im Pointilismus der Nr. 4 mit den launigen „Zitaten“ wird die Tradition spielerisch dekonstruiert. Und dann gibt es da noch pikante Ragtime-artige Rhythmen (Nr. 8) oder an Olivier Messiaen gemahnende statische Harmonien (Nr. 10).

Allein wegen der schönen Aufführung dieses vielschichtigen Werks lohnt sich diese Platte, auf der Kay aber noch andere Register zieht, u. a. Janáčeks „Sonata 1.X.1905“. Diese Reflexion über den tragischen Tod eines tschechischen Arbeiters, der während einer Demonstration in Brünn vom Militär erschossen wurde, wird von ihr mit engagiertem Ernst, aber ohne überzogenes Pathos dargeboten. Zum Ausgleich bildet in Ausschnitt mit drei Bearbeitungen von Dvořáks „Humoresquen“ eine entspannte Insel, Dank konzentriert schlichter Darbietung bleibt diese frei von Plüsch und Sentimentalität.
In Vítězslava Kaprálová April-Etüden wiederum folgt die Pianistin den Wechseln der Witterung wach und klangsensibel. Sie verabschiedet die Zuhörenden mit Smetanas A-Moll-Polka, ein nuancierter und pointiert präsentierter Kehraus.



Georg Henkel



Trackliste
Leos Janacek: Klaviersonate 1.X. 1905
Josef Suk: Jaro op. 22a; Zivotem a snem (Things Lived and Dreamt) op. 30
Antonin Dvorak: Humoresken op. 101 (Nr. 4, 7, 8)
Vitezslava Kapralova: Dubnova Preludia (April Preludes) op. 13
Bedrich Smetana: Polka Nr. 2 aus "Czech Dances"
Besetzung

Francine Kay, Klavier


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