Beethoven, L. v. – Scarlatti, D. – Scriabin, A. (Gigashvili, G.)

Meeting my Shadow


Info
Musikrichtung: Klavier / Barock bis Moderne

VÖ: 05.05.2023

(Alpha / Note 1 / CD / DDD / 2022 / Alpha 930)

Gesamtspielzeit: 73:12



VIEL LICHT

Es sei die Liebe in all ihren Erscheinungsweisen, die ihn zu diesem Programm inspiriert habe und welche die sehr verschiedenen Stücke unter der Oberfläche miteinander verbinde. So assoziiere er Beethovens „Eroica-Variationen“ mit der komplizierten Liebe, die Sonaten Domenico Scarlattis mit der mütterlichen Liebe, während es bei Scriabins 9. Klaviersonate um eine Art postmortale Liebe gehe, bei Olivier Messiaens Klavierstück „Le baiser de l’enfant-Jésus“ (Der Kuss des Jesus-Kindes) stehe hingegen die mystische Liebe im Zentrum.
So wird der 21 Jahre junge georgische Pianist Giorgi Gigagshvili im Booklettext seines Albums „Meeting my Shadow“ zitiert. Welchem titelgebenden Schatten er dabei begegnet ist, bleibt allerdings unerklärt.
Und das macht auch nichts – denn Gigagshvilis Spiel kann für sich selbst stehen und relativiert alle Versuche, im Rahmen des „Piano-Stories“-Serie des Alpha-Labels ein schlüssiges Promo-Konzept zu konstruieren.

Die manchmal schon sarkastisch-ironischen Verrenkungen und dann wieder sanft poetischen Innehalte, mit denen Beethoven das bekannte heroische Thema seiner 3. Sinfonie verwandelt, finden in ihm einen idealen Interpreten: Die Anschlagspalette ist farblich und dynamisch vielfältig gestuft, sie reicht vom hintergründig flüsternden Pianissimo bis zum brillant aufstrahlenden doppelten Forte. Die strukturelle Disposition erlebt man so klar, dass der Zyklus – wie auch das ganze Album – aus einem Guss ist.
Gigagshvilis Spiel kennt Zartheit, Biss und Attacke. Dabei ist es frei von allen Säusel- oder Knalleffekten, die beispielsweise bei Messiaen oder Scricabin schnell zur übererregten oder gar kitschigen Manier werden könnte. Bewegend hingegen die alterweise Ruhe, die der Pianist Brahms‘ drei späten Intermezzi entbirgt, das hat viel authentische Empfindung und wenig „Gemachtes“. Man staunt und freut sich über das reife, charaktervolle Spiel des Georgiers.

Sicher hat der vom Tontechniker Stephan Cahen hervorragend eingefangene Klavierklang im Saal des Bayer Erholungshauses einen bedeutenden Anteil an der einnehmenden Gesamtwirkung: So sorgfältig betreut, kann jede Feinheit von Gigagshvilis Spiel auch die Ohren der Zuhörenden erreichen.

Fazit: Auf diesem Album gibt es vor allem eins: viel Licht und sicherlich auch viel Liebe zur Musik – gerne mehr davon!



Georg Henkel



Trackliste
Ludwig van Beethoven: Eroica-Variationen op. 35
Domenico Scarlatti: Klaviersonaten K. 29 & 487
Alexander Scriabin: Klaviersonate Nr. 9; Walzer Nr. 4
Olivier Messiaen: Le Baiser de l'Enfant-Jesus aus "Vingt regards sur l'Enfant-Jesus"
Johannes Brahms: 3 Intermezzi op. 117
Besetzung

Giorgi Gigagshvili, Klavier


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