Uriah Heep

Equator (Review-Serie, Folge 11)


Info
Musikrichtung: Rock/Pop/AOR

VÖ: 1985

(Portrait Records / CBS)

Gesamtspielzeit: 46:20

Internet:

http://www.uriah-heep.com



50 Jahre Uriah Heep – Reviews zum Jubiläum; Folge 11: Equator


Mit Equator erreichen wir wieder einmal das Ende einer Ära in der History von Uriah Heep. Diese Mal ist es die Ära von Sänger Peter Goalby und Keyboarder John Sinclair. Das Ende stand unter keinem guten Stern. Ihm vorausgegangen war die Pleite des Labels Bronze, auf dem seit Look at yourself alle Heep-Alben erschienen waren. Es war 1971 vom Band-Manager Gerry Bron eigens gegründet worden, um die Alben von Heep zu veröffentlichen, auch wenn im Lauf der Jahre u.a. Alben von Motörhead, Manfred Mann’s Earth Band und Mike Oldfields Schwester Sally dort erschienen sind. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte stand die Band ohne Plattenvertrag da - bis Portrait Records quasi als One-Night-Stand für dieses eine Album zur neuen Heimat wurden.

Jürgen hat es übernommen im Rahmen unserer Würdigung des 50. Jubiläums der Band einen Blick auf dieses Album zu werfen - ein Blick, der zu einer Art Ehrenrettung eines der umstrittensten Alben der Band wurde.



Man kann Alben auch schlechtreden... Equator ist wohl bis heute - neben Different World (völlig zu Recht) und Conquest (vielleicht zu Unrecht) - eine der meistgehassten Veröffentlichungen von Uriah Heep. Warum eigentlich? Ich verstehe dies bis heute nicht wirklich, vor allem, wenn man das Album im zeitlichen Zusammenhang oder auch im schwierigen Rahmen der damaligen Bandgeschichte sieht.

Die Ausgangssituation des Albums: Wir schreiben das Jahr 1985. Mick Box hat nach dem Ausstieg von Mastermind Ken Hensley (war Ken das zum Ende eigentlich wirklich noch?) und der Absage von Sänger David Byron 1982 einen Neuanfang mit neuer Besetzung gewagt. Mit Sänger Pete Goalby, Keyborder John Sinclair, Bassist Bob Daisley und dem Rückkehrer Lee Kerslake am Schlagzeug ließ man es mit Abominog (1982) und Head First (1983) recht rockig krachen. Gute Alben mit viel Anerkennung seinerzeit, auch wenn man sich mit vielen Fremdkompositionen (aufgrund eigener Defizite oder Zeitnot?) über die Runden helfen lassen musste.

Doch dann kam 1985 Equator, eine Rückkehr vom Heavy-Rock der beiden vorherigen Alben zum eher mainstreamorientierten Rock/Pop. Ein Stilbruch, der wohl auch mit der Pleite von Bronze-Records zu erklären ist; man musste sich ja eine neue Plattenfirma suchen und sich anpassen. Die Richtung ging im Rahmen der damaligen Zeit halt eher in Richtung Foreigner, der britische Stahl der Vorgängeralben wurde stark abgestumpft.

Doch dieser AOR-„Sündenfall“ ist im Nachhinein doch deutlich kleiner als der, der sich 1977 mit Innocent Victim und Fallen Angel vollzog. Man mag als Uriah Heep-Fan Equator vielleicht nicht mögen, aber dem Disco-Pop-Zeitgeist der damaligen Lawton-Ära geschuldete Totalausfälle gibt es hier nicht. Ja, Equator mag nicht der absolute Bringer sein, es ist kein Demon and Wizards, hat aber doch durchaus Charakter und ist besser als sein Ruf.

So gibt es im Gegensatz zu den Vorgängern ausschließlich Eigenkompositionen und Peter Goalby macht seine Sache auf dem dritten und letzten Album seiner Heep-Karriere (und seiner Sänger-Karriere überhaupt) wieder sehr gut. Er passte meiner Meinung nach stimmlich sehr gut zu Uriah Heep und sein Weggang war ein Verlust. Zurück an Bord war zudem wieder Trevor Bolder, der Bob Daisley ersetzte und bis zu seinem Tod 2013 in der Band blieb.

Das Cover wurde leider sehr abschreckend gewählt (wohl das schlechteste der Heep-Geschichte). Blöd war auch der Albumtitel, der keinen Bezug zum Album hatte. Und Teile des eigentlich gar nicht so schlechten Eröffnungsstücks “Rockarama“ („G-G-G-Give me Rock'n Roll“) waren selbst im Zeitkontext sehr, sehr gruselig. Also der erste Eindruck muss für Heep-Fans damals tatsächlich grausam gewesen sein... Aber ansonsten geht das Album in Ordnung und Heep-Fans sollten seinen Frieden mit ihm schließen.

Zum Teil ist das, was hier abgeliefert wird zwar belanglos (“Angel“, “Party Time“), aber es sind doch einige passable Sachen zu entdecken: “Poor Little Rich Girl“ ist so ziemlich das letzte vernünftige letzte längere Bombast-Rock-Stück der Uriah Heep-Geschichte. “Bad Blood“ und “Night of the Wolf“ sind ganz anständige Rocknummern und ein paar Ohrwürmer (“Holding On“, “Lost One Love“) sind auch zu finden. Unterm Strich kein gutes und kein schlechtes Album – aber jeder Song hat Wiedererkennungswert, was man heutigen Heep-Alben seit der Jahrtausendwende leider nicht mehr attestieren kann... (Na Na!; Red.)

Das Album floppte trotz einiger PR-Maßnahmen (sogar in der deutschen Bravo fanden Uriah Heep mal wieder Erwähnung), wurde völlig vergessen und erst extrem spät als CD nachveröffentlicht. (Weil es das einzige Heep-Album war, dessen Rechte zusammen mit dem Label Portrait im Sony-Konzern gelandet waren; Red.) Danach kam es wieder einmal zu einem Neuanfang: John Sinclair und Peter Goalby verließen die Band, und der nächste, richtig gute Studionachfolger (Raging Silence) ließ die mittelmäßige Episode Equator Geschichte werden lassen.



Jürgen Weber



Trackliste
1Rockarama4:20
2Bad Blood3:33
3Lost One Love4:40
4Angel4:47
5Holding On4:20
6Party Time4:20
7Poor Little Rich Girl6:25
8Skools Burnin'4:25
9Heartache City4:59
10Night Of The Wolf4:31
Besetzung

Peter Goalby - vocals
Mick Box - guitar, vocals
John Sinclair - keyboards, vocals
Trevor Bolder - bass, vocals
Lee Kerslake - drums


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