Conjuring Fate

Valley Of Shadows


Info
Musikrichtung: Metal

VÖ: 09.06.2017

(Pure Steel / Soulfood)

Gesamtspielzeit: 58:29

Internet:

http://www.puresteel-records.com
http://www.conjuringfate.com


„Est. 2005“ prangt im Bandsignet auf der Bookletrückseite, aber Conjuring Fate ließen sich dann neun Jahre Zeit, bis sie ihre Debüt-EP House On Haunted Hill veröffentlichten – heutzutage eine Seltenheit, wo Bands üblicherweise bereits drei Tage nach Gründung ins Studio marschieren und eine Woche später ihre erste Scheibe fertig haben. Anno 2016 spielten sie die drei EP-Songs dann nochmal ein, ergänzten sie um acht neue Songs und brachten Valley Of Shadows, wie sie das Gesamtwerk nannten, zunächst in Eigenregie heraus, bevor Pure Steel Records zugriffen und dem Album eine reguläre Veröffentlichung spendierten, wobei zumindest in dieser vorliegenden Variante die drei Neueinspielungen am Ende als Bonustracks gekennzeichnet sind – die Encyclopedia Metallum sagt aber, dass sie auch schon auf der Eigenproduzierten Version vertreten gewesen, also kein exklusiver Zusatz für die Pure-Steel-Variante seien, was der Rezensent mangels Besitzes der Eigenproduktion weder bestätigen noch dementieren kann. Fest steht aber, dass Valley Of Shadows mittlerweile bereits einen Nachfolger namens Curse Of The Fallen bekommen hat, der allerdings noch nicht in den heiligen Hallen des Rezensenten aufgetaucht ist.
Konzentrieren wir uns also erstmal auf das Debütalbum. Die vier Nordiren und ihr dem Namen nach polnischstämmiger Drummer (übrigens schon mindestens der vierte Schlagwerker seit Bandgründung – Spinal Tap lassen grüßen) spielen darauf Metal klassischer Prägung, wie er klassischer geprägt kaum sein kann. Als Band dieser Stilistik gehört es zum guten Ton, von Iron Maiden beeinflußt zu sein, und siehe da, gleich im Opener „Our Darkest Days“ findet sich im Hauptsolo eine ausgedehnte Passage, die in ähnlicher Form auch Steve Harris erdacht haben könnte. Hier und da gehen Conjuring Fate allerdings etwas kerniger zu Werke als die Jungfrauen selbst zu ihren härtesten Zeiten – sie richten manche Riffs stärker an kräftigerem Power Metal aus, und feiste Doublebassattacken wie in „Dr Frankenstein“ wird man von Nicko McBrain in diesem Leben wohl auch nicht mehr zu hören bekommen. Aber wenn man sich mal die in weiten Einzeltonmelodien schwingenden Gitarrenpassagen oder deren zweistimmige Ausprägung näher anhört, wird schnell klar, wo hier der Hase die Irische See überquert. Freilich müssen Conjuring Fate noch am treffsicheren Arrangieren üben – der ansatzlose Übergang in einen Doompart in „Land Of The Damned“ etwa wirkt etwas bemüht, und in manchen Gitarrenharmonien ist man auch nach dem dritten Hören noch so erschrocken wie nach dem ersten, weil man nach der klassischen Harmonielehre eigentlich etwas anderes erwartet hatte, das real zu hörende Ergebnis aber auch nicht so weit entfernt vom Erwarteten liegt, dass man an einen bewußten Dekonstruktivismus glauben mag. „The Marching Dead“ gibt eines der markantesten Beispiele für dieses Phänomen ab, die einleitende halbballadeske Melodie in „Chasing Shadows“ ein weiteres, während der Umstand, dass die auf selbige folgende längere Übergangspassage in den harten Hauptteil mit „helikopterartigen“ Gitarreneffekten ausgestattet ist, wie man sie aus gewissen Songs von Monster Magnet, allen voran dem Hit „Negasonic Teenage Warhead“, her kennt, purer Zufall sein dürfte: Mit modernerem Metal haben Conjuring Fate prinzipiell gar nichts am Hut, wenngleich sie kurioserweise in „Trust No One“ als Gast für einen Spoken-Word-Part Scott Holderby dabei haben – richtig, der einstige Vokalist der Funk-Thrasher Mordred. Keine Ahnung, wie sich diese Verbindung ergeben hat, aber zu diesem Song wurde sogar ein Video abgedreht, und zwar in einem alten Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg, der eine zwar nicht ganz historisch passende, aber doch stimmungsvolle Kulisse abgibt (der Song selbst verarbeitet den Film „Das unheimliche Ding aus einer anderen Welt“, und der spielt bekanntlich auf einer antarktischen Station). Ansonsten fällt der Song stilistisch nicht sonderlich aus dem Rahmen: Conjuring Fate sind Midtempoanhänger, und sie variieren das durchaus geschickt, von eher schleppenden Anklängen bis hin zu galoppierendem Vorwärtskommen. Nur in „A Primal Desire“ wechselt Bogdan Walczak mal für längere Strecken in ein etwas flotteres Stakkato, aber auch diese Passagen werden von klassischem Midtempo, partiell doublebassunterstützt, flankiert. Lediglich „Apocalypse“, Closer der acht neuen Songs, lagert durchgehend in einem Ufta-Ufta-Speed, wie er klassischer nicht sein könnte. Prinzipiell gute Ideen haben die drei am Songwriting beteiligten Bandmitglieder durchaus, und ein solides Gesamtresultat kommt dabei auch raus, wenn man mal von den erwähnten eigentümlichen Harmonien absieht. Nur haut einen das Ergebnis andererseits auch nicht vom Hocker, zumal es da noch ein anderes Problem gibt, nämlich die Gesangslinien von Tommy Daly. Auf die trifft nämlich Ähnliches zu wie auf die Gitarrenharmonien: Nicht immer wirkt die Abstimmung zwischen Gesang und instrumentalem Unterbau richtig logisch, und auch für diese Feststellung genügt bereits das Hören des Openers, wobei dieses Phänomen sich in unterschiedlicher Intensität durch gute Teile des Albums zieht, zwar keine Stärke wie in Insanias Fear-Scheibe erreichend (immer noch das Paradebeispiel für das derartige Phänomen, wenn es um klassischen Melodic/Power Metal geht), aber doch so ausgeprägt, dass sich einem abermals die Nackenhaare aufstellen, und zwar nicht vor freudiger Erregung. Die recht hohe Stimme des Sängers ist keineswegs schlecht, im Gegenteil – nur sind Conjuring Fate noch nicht so weit, dass sie dieses Mittel auch treffsicher einsetzen können. Bisweilen beißen sich in zweistimmigen Gesangsparts die Linien gleichfalls. Vielleicht handelt es sich hier auch um Reste irgendwelcher alter gälischer Skalen, die dem heutigen Mitteleuropäer ähnlich fremd sind wie indonesische Gamelan-Musik – vielleicht würde nach dem zehnten oder zwanzigsten Hören auch ein Gewöhnungseffekt eintreten. Aber so viel Zeit hat der Rezensent nicht. Zwar ist Conjuring Fates Haupttrumpf die Spielfreudigkeit der beiden Gitarristen Phil Horner und Karl Gibson, aber eine Flankierung durch eine starke Gesangsleistung wäre trotzdem wünschenswert. Vielleicht gibt es die auf dem neuen Album ja auch schon.
Die drei Bonustracks verdeutlichen, dass sich die grundsätzliche stilistische Linie des Quintetts in den letzten Jahren nicht verändert hat. „Backwoods Witch“ fällt indes noch durch einen strukturellen Umstand auf: Schon die EP-Version hatte ein Gastsolo von Steve Moore, der bei den stilverwandten Stormzone agiert, und die Neufassung behält nicht nur dieses Gastsolo bei, sondern fügt noch ein weiteres hinzu, in diesem Fall von Neil Fraser, den mancher von Rage Of Angels (nicht den legendären gottesfürchtigen Amis natürlich!) kennen könnte. Hier wird der erwähnte Haupttrumpf also nochmal gesteigert, spielen sich die Gitarristen gekonnt die Bälle zu und zaubern auf ihren Instrumenten, so dass Fans dieses Instruments, die sich nicht mit klassischen Satriani-Scheiben begnügen wollen, hier einen lohnenden Gegenstand der Beschäftigung finden könnten. Aber irgendwie reißt auch dieser Umstand Valley Of Shadows nicht aus einer gewissen grundsätzlichen Mittelmäßigkeit. Wer grundsoliden altbritischen melodischen Metal mit wirklich starken Gitarren haben möchte, macht mit der knapp einstündigen CD nichts falsch, aber ein richtiges Highlight ist’s unterm Strich dann doch nicht.



Roland Ludwig



Trackliste
1Our Darkest Days6:52
2 The Marching Dead4:29
3 Dr Frankenstein5:14
4 Land Of The Damned6:23
5 Chasing Shadows6:48
6 A Primal Desire4:22
7 Trust No One4:32
8 Apocalypse4:26
9 House On Haunted Hill (2016 version)4:01
10 Mirror Mirror (2016 version)5:55
11 Backwoods Witch (2016 version)5:20
Besetzung

Tommy Daly (Voc)
Phil Horner (Git)
Karl Gibson (Git)
Steven Legear (B)
Bogdan Walczak (Dr)



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