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25 Years after - Mein Leben mit der CD; Folge 62: Yes - Union





Der Romantiker Ken Hensely und der Rocker David Byron galten in der (ersten) Hochzeit von Uriah Heep als die kreativen Köpfe des Hard Rock Urgesteins. 1976 verlies Byron, 1980 Ken Hensley die Band. War das, was danach kam, überhaupt noch Uriah Heep? Die ungebrochene, konkurrenzlose Kontinuität, die bis zum heutigen Tag anhält, macht ein Ja möglich, obwohl nur Gitarrist Mick Box von Anfang an dabei ist.

Ganz anders ist die Situation bei Yes. Der Erfolg, den die Band nach dem Einstieg der beiden Boggles-Musiker Geoff Downes und Trevor Rabin mit „Owner of a lonely Heart“ hatte, verschob die „Machtverhältnisse“ innerhalb der Band derart, dass Jon Anderson die mit Big Generator immer poppiger werdende Band verlies. Nun war kein einziges Gründungsmitglied mehr an Bord.

Noch verwirrender wurde die Situation, als Jon Anderson dann mit Rick Wakeman, Steve Howe und Bill Bruford eine neue Band zusammenstellte, die von den Bandmitgliedern her gesehen, eigentlich viel mehr Recht auf den Namen Yes gehabt hätte, als die Band, die mit Rechteinhaber Chris Squire damals als Yes unterwegs war. Das neue Quartett musste sein Album aus rechtlichen Gründen unter dem Namen Anderson Bruford Wakeman Howe an den Start bringen.

So auf die Spitze gerieben wie in dieser Situation bei Yes artet die Frage „Wer darf sich wie nennen?“ selten aus. Aber Saxon, Queensryche, Barclay James Harvest, Sweet, Jane oder Ten Years after sind nicht die einzigen Bands, die doppelt oder gar dreifach existieren und sich oft unerbittlich um das Recht streiten den Bandnamen benutzen zu dürfen. Und Überlegungen und Versuche Queen, Led Zeppelin oder die Doors mit neuen Frontmännern wieder zu beleben, sind wenig überzeugend geblieben.

Bei Yes machte die Geschichte nach Anderson Bruford Wakeman Howe dann auch noch einen doppelten Salto. Beide Anfang der 90er Jahre aktiven Formationen hatten sich daran gemacht neues Material zu schreiben, als ein Burgfrieden geschlossen wurde. Ende April 1991 erschien dann unter dem bezeichnenden Titel Union ein Album, an dem alle acht Musiker beider Formationen beteiligt waren – allerdings nicht in der Form einer Art Prog Big Band. Die Stücke waren schön ordentlich jeweils mit Yes bzw. ABWH bezeichnet. Damit war so viel Material zusammengekommen, dass das Album, das ich vor 25 Jahren erworben habe, auch heute noch zu den zehn CDs mit den längsten Spielzeiten gehört, die ich in meiner Sammlung stehen habe.

Verbindendes Glied war Jon Anderson, der den Sängerposten bei Yes wieder eingenommen hatte und so auf allen Stücken von Union zu hören war. Mit einer Ausnahme: dem Instrumental „Masquerade“, einem Solo-Stück von Stewe Howe auf der Akustikgitarre.

Wer nun glaubt mit Union wäre Ruhe in das Besetzungskarussell gekommen, könnte nicht falscher liegen. Das Bäumchen wechsle Dich-Spiel gehört zu den verlässlichsten Eigenheiten der Prog-Ikone. Das Line up wechselte permanent. 25 Jahre nach Union sind Yes weiter auf Tour – mit einem Programm, das die aus sehr unterschiedlichen Bandphasen stammenden Alben Fragíle und Drama komplett präsentiert. Jon Anderson und Rick Wakeman, für viele Fans unverzichtbare Aushängeschilde der Band, sind allerdings schon lange wieder ausgestiegen. Chris Squire ist mittlerweile verstorben. Und es existieren neben der aktuell aktiven Yes Formation weiterhin genügend ehemalige Bandmitglieder, um eine zweite Band aufzustellen. Selbst eine erneute Aktivität von Anderson Bruford Wakeman Howe wäre denkbar.

Mal sehen, was in weiteren 25 Jahren zu erzählen ist.


Norbert von Fransecky



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