Musik an sich


Reviews
Colin Stetson

New History Warfare Vol. 3: To See More Light


Info
Musikrichtung: Avantgarde-Jazz

VÖ: 26.4.2013

(Constellation Records)

Gesamtspielzeit: 51:38

Internet:

http://colinstetson.com/


Der in Ann Arbor, Michigan geborene Künstler hat nun Teil Drei seiner Serie veröffentlicht, nach New History Warfare Vol.2: Judges, das ich hier auch schon vorgestellt hatte.
To See More Light heißt es nun. Warum wir nun mehr Licht sehen werden, erschließt sich mir nicht, war die Musik auf dem Vorläufer doch gar so düster und dunkel nicht.
Begleitet wird Stetson nun von Justin Vernon, der als Sänger fungiert, gleich beim ersten Song, wo er seine Stimme gleich als Chor einsetzt, im Gegensatz zum Saxofon wird hier also mit Overdubs gearbeitet. Gleich vier Mal ist er mit dabei. Nach dem kurzen Einstieg dann der erste Instrumentaltitel, die Töne klingen allesamt sehr verzerrt, und das wirkt dann doch ein wenig störend und verstörend, nun ja, Hunted heißt das Stück, fühlt der Saxer sich hier gejagt?

Die einzelnen Spielzeiten sind nicht angegeben, so dass ich an dieser Stelle auf den Titeltrack hinweisen muss, der mit etwa fünfzehn Minuten Länge das Kernstück dieser Platte darstellt, glänzt es doch mit Abwechslung und Ideenreichtum, der Musiker hat hier die Zeit, sich langsam aufzubauen und zu entwickeln. Nach wie aus der Tierwelt stammenden Rufen startet langsam die stets wieder auftauchende Schleife von Tönen, durchgehend und stur wie ein Sequenzer. Interessant wäre die Umsetzung meines nun gerade entstehenden Gedankens, nämlich eine Zusammenarbeit von Stetson mit dem Elektroniker Klaus Schulze. Das stelle ich mir sehr spannend und gegenseitig befruchtend vor!
Inmitten des Songs finden kleine Ausbrüche statt, kurzen Schreien gleich gesetzt und gelegentliche Stimmungs- und Tempowechsel, dazu etwa bei 8:30, perkussionsähnliche Klänge, fast an eine Tabla erinnernd, und drohnenhafter Gesang, durchs Horn gejagt.

Im Wesentlichen gleicht die Musik jener des Vorgängers, gespeist aus verschiedenen musikalischen Elementen, Aufmerksamkeit und auch Verständnis vom Hörer fordernd.
Und diese ständigen Loops könnten so manchen Zeitgenossen nerven, andere wiederum in eine Art Trance versetzen, hier kommt es also auf das Ohr des Betrachters an.
Es ist erstaunlich, mit welcher Technik Stetson arbeitet, man höre sich einmal bewusst den Titel In Mirrors an und mag nicht glauben, dass hier allein Saxofone am Werk sind. Das scheinen Klänge wie aus einer anderen Dimension zu sein, ein Soundtrack für einen Science Fiction Film.

Als sehr angenehm empfinde ich die ‘Unterbrechungen‘ durch Vernon, zum Beispiel auf dem dahinjagenden Song Brute, einem der außergewöhnlichen Titel dieser Scheibe! Vernon scheint hier als Heavy Metal-Shouter fungieren zu wollen, bei Titel Nummer Neun hört man ihn jedoch wieder im Chor, fast nach Gospel klingt es dort.
Auf Dauer empfinde ich die ständigen Loops des Saxofons jedoch überstrapaziert, so dass sich Stetson für seine nächste Platte ein anderes Konzept ausdenken sollte oder um Erweiterung bemüht sein sollte , denn im Laufe der Platte ermüdet dieser ständige durch die Zirkularatmung erzeugte Effekt dann doch.



Wolfgang Giese



Trackliste
1. And In Truth
2. Hunted
3. High Above A Grey Green Sea
4. In Mirrors
5. Brute
6. Among The Sef
7. Who the Waves Are Roaring For
8. To See More Light
9. What Are They Doing In Heaven Today
10. This Bed Of Shattered Bone
11. Part Of Me Apart From You
Besetzung

Colin Stetson (Alto, Tenor and Bass Saxophones)
Justin Vernon (Vocals on #1, 5, 7, 9)



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