Musik an sich


Artikel
„Wir sind Italiener. Aber erzähl das keinem!" – Matinèe sind hoffnugsvolle Newcomer aus den Abruzzen



Info
Gesprächspartner: Alf (Bass, Synth, voc)

Zeit: April 2009

Ort: Berlin – Pescara, Italien

Interview: E-Mail

Stil: Postrock

Internet:
http://www.darkofthematinee.it

Da flattert uns vor kurzem eine EP in die Redaktion, die aussieht, als ob sie auf Oma’s Sofa aufgenommen wurde. Als Information gab’s dazu den Hinweis, dass Matinèe mal als Franz Ferdinand Tribut Band begonnen haben. Da Norbert noch nie was von Franz Ferdinand gehört hat (behauptet er jedenfalls), greift er sofort zu, um diese Bildungslücke auf dem Matinèe-Umweg zu schließen. Die EP gefällt ihm und er klingelt in Italien an (direkt im Erdbebengebiet der Abruzzen – wie sich herausstellt), um festzustellen, dass der zweite Bildungsweg seine Tücken hat.
Matinèe machen mittlerweile ihre eigene Musik und Norbert kratzt sich seitdem verzweifelt am Kopf, wo die Frage bohrt, ob er jetzt überhaupt (zumindest in etwa) weiß, wie Franz Ferdinand klingen. Aber das ist sein Problem!
Da wohl kaum jemand in unseren Landen Matinèe bereits kennt, hat Norbert erst einmal um eine kurze allgemeine Vorstellung gebeten.


Alf: Matinèe wurden 2003 mit der Absicht aus der Taufe gehoben Indie Rock Music zu machen. Wir leben in Italien, nicht weit von Rom, aber wir haben uns schon immer an der britischen Musik und Kultur orientiert.
Es ist jetzt drei Jahre her, seit wir begonnen haben unsere Musik in ganz Italien zu spielen und dabei unter anderem an den größten nationalen Venues teilzunehmen. Unser Projekt basiert auf einer Mischung von independent „Folk“ Musik und Disco. Wir unterscheiden uns total vom Rest der italienischen Bands, weil wir über die italienische Bühne hinaus denken und ein internationales Phänomen werden wollen.

MAS: Im Promo-Zettel steht, dass Ihr als Franz Ferdinand Tribute Band begonnen habt.

Alf: Ja, das ist richtig! Wir waren die offizielle Franz Ferdinand Tribute Band in Italien.
Kapranos und Co haben uns beim Traffic Festival in Turin im Juli 2004 in den Backstagebereich eingeladen. Wir haben den gesamten Tag gemeinsam verbracht und stehen noch heute in Kontakt mit ihnen. Es sind wirklich nette Kerle, die uns immer wie Freunde behandelt haben.
Später hatten wir das Bedürfnis unsere eigene Musik zu machen. Wir haben angefangen in den größeren Clubs Italiens zu spielen und so haben wir das Tribute Band Projekt verlassen.

MAS: Wer hat Euch sonst beeinflusst?

Alf: Weißt Du, wir sind vier unterschiedliche Persönlichkeiten. Jos zum Beispiel liebt Pink Floyd, Matt Oasis und Genesis. Ich bin ist in The Who und alles aus den 80ern verliebt und Luigi steht auf die Stone Roses genauso wie auf Shed 7.
Aber wir alle mögen auch die moderne Musik. Zurzeit gehören zu unseren Lieblingsbands Franz Ferdinand, The Killers, The Cinematcis, Jupiter One, 1990's, The Futureheads, The Paddingtons und noch einige mehr.

MAS: Der Promo-Zettel schlägt vor Matinèe unter “Postrock” einzuordnen. Was bedeutet “Postrock”, wenn man von Matinèe spricht?

Alf: Die “Medien” kleben ihre Etiketten auf alles drauf. Ehrlich gesagt, haben wir auch keine Ahnung was "Postrock" bedeutet. Der Begriff macht uns sogar ein wenig Angst. Denn er klingt so, als wäre der Rock’n’Roll tot und jetzt wäre da irgendwas anderes in der Welt. Aber Rock’n’Roll wird nie sterben. Also ist es falsch von Prä- oder Postrock zu sprechen. Meinst Du nicht auch?

MAS: Was waren denn die bisherigen Highlights Eurer Karriere?

Alf: Es war ein aufregendes Erlebnis das Video zu unserer ersten Single „If you're gone" im regelmäßigen Programm einiger italienischer Fernsehsender, wie „Rock TV“, „All Music“ und anderen, zu sehen. Dann aber auch die Möglichkeit als Opener für einige berühmte britische Bands, wie The Futureheads, The Paddingtons und Pete and the Pirates aufzutreten.

Diskografie
The modern EPness (2009)
MAS: Die Fünf-Track EP `The moden EPness´ ist Eure erste Veröffentlichung. Wann wird es ein vollständiges Album geben?

Alf: Im Juni erscheint eine neue Single namens „Chain Reaction". Sie soll den Boden für eine spätere LP bereiten. Aber es ist noch nicht klar, wann die erscheinen wird. Wir hoffen Anfang kommenden Jahres. Wir werden sehen.

MAS: Eure Texte entführen uns in die Welt von Teenagern. Wie alt seid Ihr?

Alf: Hahahahah! Wir sind alle über 26! Vielleicht liegt es daran, dass wir im Herzen noch Teenager sind.

MAS: Was macht Ihr, wenn Ihr keine Musik macht? In die Schule geht Ihr dann ja wohl nicht mehr.

Alf: Jos studiert Jura, ich bin Landvermesser, Matt Graphik Designer und Luigi hat ein Reisebüro. Die Schulzeit liegt weit hinter uns.

MAS: Ihr seid eine italienische Band. Woher kommt Ihr genau? Und glaubt Ihr, dass es etwas spezifisch „Italienisches“ in Eurer Musik gibt?

Alf: Wie bereits gesagt, leben wir nicht weit von Rom in den Abruzzen, die aufgrund des Erdbebens in den letzten Tagen ins Zentrum der Weltnachrichten gerückt sind. Diese Region liegt in Mittelitalien und die Stadt, aus der wir kommen, heißt Pescara.
Es mag sein, dass es da etwas besonders „Italienisches“ in unseren Stücken gibt. Aber das dürfte sich auf die Texte beschränken, die unsere Leben, das wir an diesem Ort verbracht haben, und alle möglichen Lebenssituationen, die wir hinter uns gebracht haben, zusammenfassen. Ansonsten unterscheiden wir uns total von der italienischen Musik. Sie soll da bleiben, wo sie jetzt ist. Wir wollen anderswo hin. Danke!

MAS: Warum versteckt Ihr „... Il Tempo che”, den einzigen Titel in italienischer Sprache, als hidden Track am Ende der EP?

Alf: Es ist als würden wir sagen „Hey, wir sind Italiener. ... Aber erzähl das keinem.“ Hahahahah!

MAS: Wird es in der Zukunft mehr italienische Sachen geben?

Alf: Ich glaube eher nicht.

MAS: Was für Pläne habt Ihr für die Zukunft?

Alf: Erst einmal wollen wir soviel wie möglich in ganz Europa spielen – und auch darüber hinaus. Wir möchten, dass die Menschen uns und unsere Musik kennen lernen und wir hoffen, dass sich unsere nächste CD als Fahrkarte zu etwas noch Größerem entpuppt. Wir wissen, dass das kein einfacher Weg ist, aber wir hoffen, dass wir das packen.

MAS: Gibt es Pläne für Gigs in Deutschland?

Alf: Wir haben letztes Jahr in einigen Clubs in Singen gespielt und mögen das deutsche Publikum sehr. Also hoffen wir natürlich, möglichst bald wieder nach Deutschland zu kommen. Tatsache aber ist, dass wir dort zurzeit keinen Tourveranstalter haben. Aber wir wollen die Möglichkeit in Zukunft wieder zu kommen auf keinen Fall ausschließen.

MAS: Ich danke für das Gespräch.

Alf: Danke zurück.


Norbert von Fransecky



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