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Musik an sich
 
Theatre of Tragedy + Entwine + RAM-ZET live
 

(05.05.2002, Geodrom Gerolzhofen)

Alles neu macht der Mai ? Naja, auf jeden Fall wollten, wen man gutmütig alle Hühneraugen zudrückt, nur etwa gut 100 vorwiegend schwarzgekleidete Wesen den hauptsächlich düsteren, melancholischen Klängen der drei Bands lauschen. Schade eigentlich, denn so sinken die Chancen im Geodrom in Zukunft wieder mal ein ähnliches Event zu erleben. Eine wirklich nette Location und das nicht nur weil man von der Pilsbar ohne Probleme das Geschehen auf der Bühne verfolgen kann. (und auch nicht wegen der vielen Kunstbäume!! )

Den Reigen der traurigen Klänge eröffnete RAM-ZET und das im wahrsten Sinne des Wortes. So abenteuerlich wie das Bühnenoutfit des Bassisten (barfüssig, mit Rock & nackten Oberkörper), kann man wohl auch die Musik von Ram-Zet definieren. Gothiksounds der härteren Sorte, gepaart mit Powermetal in komplexen Songstrukturen untergebracht, die mit exotischen Instrumenten wie Flöte bzw. Geige und mit altbackenen Männlein-Weiblein-Wechselgesang dargeboten wurden. Ich habe definitiv nichts gegen orginelle, progressive Musik und auf CD hört sich das Ganze bestimmt auch toll an, doch wer so einen Schrattersound (Gitarre !!!) an den Tag legt und die Übergänge in den Stücken dermassen verhunzt, hat einfach kein gutes Live-Zeugnis verdient, auch wenn es auch positive Aspekte, wie das technisch gute, kraftvolle Spiel des Schlagzeugers und einige nette Songansätze gab. So klaute Ram-Zet das Tourmotto der nachfolgenden Entwine (Tour of despair) und die Weltuntergangsstimmung war nach einer dreiviertel Stunde auch wieder vorbei.

Elchalarm im Frankenland ! Als nächstes durften die Finnen von ENTWINE auf die Bühne und ich traute meinen Ohren kaum. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern präsentierten die Jungs und Mädel ihre Gothikrock-Perlen in einem glasklaren Soundgewand, das jedes auf den Punkt gespielte Instrument problemlos darin erkennen lies. Auch spülte die Band spätestens mit ihrem LiveSound und Performance alle him(m)lischen Vorurteile weg, nur ein Klon ihrer berühmtberüchtigten Landsmänner zu sein. Wer also dachte das die Setlist von Entwine wegen ihrem neuen, etwas ruhigeren Longplayer "Time of despair" nur aus Balladen bestehen würde, der täuschte sich gewaltig.

Neben den Stücken "Losing the ground", "Snow white suicide", "New dawn" und "Thru the darkness" vom Erfolgsalbum "Gone", pickte man von der neuen Scheiblette hauptsächlich die rockigeren Tracks wie z.B. "The pit" oder "Stream of Life" heraus und die knallten, auch dank der zwei Gitarren, richtig fett durch die Lautsprecher.

Jede Menge Punkte sammelte auch Aksu Hanttu, seines Zeichens Schlagwerker der Gruppe, der mit seinen durch ein Headset vorgetragenen Backingvocals, Ozzy-Zwilling Mika Tauriainen vorzüglich gesanglich unterstützte und welches männliche Wesen mit der Musik des Sextetts gar nichts anzufangen wusste, konnte sich immerhin an den Koitusähnlichen Tanzstil der Keyboarderin Riitta Heikkonen ergötzen.

Leider bekamen auch Entwine nur 45 Minuten Spielzeit, was neben dem zurückhaltenden Publikum meiner Meinung nach das einzigste Manko dieses gelungenen Auftritts war, der mit dem Titeltrack des aktuellen Outputs endete.

Das die offiziell 80 zahlenden Gäste wegen dem Headliner das schöne Gerolzhofen aufgesucht haben, merkte man spätestens daran, das zu den ersten Takten von THEATER OF TRAGEDY eine Mini-Völkerwanderung vor die Bühne stattfand.

Gothikpuristen waren bei der Show sicherlich fehl am Platz, den seit dem vorletzten Album "Musique" kann man die Musik der Norweger am ehesten mit Pop bzw. Discomusik angereichert mit "rammsteinartig" gespielten Gitarrenläufen beschreiben. Ohne das Powerakkordriffing der Axtabteilung wäre fast jeder neue Song der Band ein Fall für die Viva-Charts und genauso verhielten sich die sexy bekleidete Sängern Liv Kristine und ihr männlicher Gegenpart Raymond, der nur selten aus dem monotonen Sprechgesangschema ausbrechen konnte. Schade, das auch alte Hits wie das zum Beispiel das düstere "Aede" in das neue Soundgewand bzw. Stil gezwängt worden sind und so der Spirit ein wenig verloren ging. Unterhaltsam war der Auftritt aber auf jeden Fall schon allein wegen dem hitverdächtigen Songmaterial und der bombastischen, sehr gut auf die jeweiligen Songs abgestimmte Lightshow. Einen Basser suchte man auf der Bühne jedoch leider vergeblich, da diese Arbeitsstelle wohl bei T.O.T wegrationalisiert und durch eingespielte Samples ersetzt worden ist. Aber wieso soll es in solch einer schweren Zeit einer Band anders gehen als vielen Betrieben in unserer Marktwirtschaft.

Neue Wege ging man auch mit der Auswahl der Zugaben, den auf das traditionelle letzte Stück "Tanz der Schatten" wartete man vergeblich, aber ich glaube so richtig traute sich keiner der Hardcorefans vorzustellen, wie dieses T.O.T-Kultrelikt im neuen Soundkleid klingen würde.

Ein netter Auftritt also, mit einer engagierten Band, die ihren Weg geht und somit auch keinen der neueren Fans enttäuscht haben wird.

Manuel Liebler

Internet:
www.theatreoftragedy.com
entwine.cjb.net

 

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