WarKings

Revenge


Info
Musikrichtung: Power Metal

VÖ: 31.07.2020

(Napalm)

Gesamtspielzeit: 44:11


Nach dem Release ihres Debütalbums Revenge anno 2018 spielten die WarKings etliche Shows und wuchsen damit auch als Band noch ein Stück weiter zusammen, jedenfalls in diesem Kontext (bis auf den Sänger haben alle ja auch schon in anderen Formationen gemeinsam agiert). Napalm Records hatten promotechnisch einen guten Job erledigt, die Verkaufszahlen lagen offensichtlich nicht ganz schlecht. und so stand einem Albumnachfolger nichts im Wege, der am Grundkonzept natürlich nichts ändert, in der Detailbetrachtung allerdings gegenüber dem Debüt knapp den kürzeren zieht.
Analysieren wir mal, warum. Zum einen ist natürlich der Überraschungseffekt beim Hörer weg und einer gewissen Erwartungshaltung gewichen. Zum zweiten haben es die wenigsten Bands geschafft, die Frische und Unbekümmertheit ihres Debütalbums auf den Zweitling hinüberzuretten – manchmal gelang es, diesen Aspekt anderweitig zu kompensieren, oft aber auch nicht. Zum dritten laufen die Songs zum überwiegenden Teil hinter denen vom Debüt ein, was Aspekte wie Eingängigkeit und Konsequenz angeht. Zum vierten aber findet sich auf dem Zweitling auch eine Peinlichkeit wie „Fight In The Shade“. Der Titel ist ein berühmtes Zitat aus der Schlacht bei den Thermopylen, im Song geht es aber um die Aufreibung der Varus-Legion im Teutoburger Wald anno 9 n.Chr., und da passen Aufforderungen wie „Raise your hammer – fight, fight“ nun ganz und gar nicht ins geschichtliche Bild, da man beim Guerillakampf mit einem Kriegshammer permanent irgendwo im Gebüsch hängenbleibt. Ob die Archäologen etwas Gegenteiliges nachgewiesen haben, hat der Rezensent aktuell nicht auf dem Schirm, aber es erscheint ihm doch recht unwahrscheinlich, und ein Historiker wie Georg Neuhauser aka The Tribun, der auch auf diesem Album für die textlichen Konzepte verantwortlich zeichnen dürfte, sollte da schon etwas genauer ans Werk gehen. Aber selbst wenn das wirklich stimmt, sind die mehrfach eingesetzten „Schlachtung“-Mantras an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten – sowas hätten selbst metallische Grobmotoriker sonst eher vermieden. Das ist schade, weil die WarKings trotz ihres martialischen Konzepts musikalisch durchaus durchdacht zu Werke gehen und auch auf dem Zweitling einige interessante Ideen eingebaut haben, wobei sich vor allem der Crusader gitarrenmäßig noch etwas mehr traut, einige interessante Soli spielt und in „Odin’s Sons“ mit einem doppelstimmigen Riff mal kurz Amon Amarth zitiert, damit auch musikalisch eine Brücke zum inhaltlichen Sujet schlagend, auf dem die Queen Of The Damned aka Melissa Bonny dahergesegelt kommt und in bewährter Aufteilung ein Duett mit Neuhauser singt, also sie growlend und er mit seiner typischen Klarstimme, die ihn trotz der Anonymität eindeutig identifizierbar macht. Der Opener „Freedom“ wiederum bringt das Kunststück fertig, die schottische Geschichte zu behandeln, Gitarre und Schlagzeug direkt im Lulis-/Arnold-Modus einzusetzen, „Freedom“-Shouts einzubauen und in der Gesamtbetrachtung doch weit genug entfernt von Grave Digger zu landen, dass der Hörer nicht von einer Kopie sprechen muß. Der Harmoniewechsel im Refrain bildet zudem den überraschendsten Moment in den gesamten 44 Minuten und sorgt dafür, dass man diesen als erstes im Ohr behält, zusammen mit den oben erwähnten „Schlachtung“-Mantras, auch wenn man letztere am liebsten ganz schnell wieder vergessen würde. Auch ansonsten sind die WarKings natürlich abermals nicht die Bohne originell, sieht man von den Growlparts ab, die man im Power Metal sonst eher selten findet – aber auf Originalität kommt es in diesem Fall halt auch nicht an.
Das Problem besteht nun darin, dass sich gleich etliche Songs finden, die durchs Raster fallen. „Mirror, Mirror“ beginnt ebenfalls Grave-Digger-artig und bewegt sich dann von deren Sound weg, um allerdings im völlig Orientierungslosen zu landen, während „Banner High“ eine passable HammerFall-Single-B-Seite abgegeben hätte und „Warriors“ ein Grundproblem offenbart: Die Nummer hebt mit dem schnellsten und vorwärtsdrängendsten Part der ganzen Scheibe an, der einen richtigen Knallersong erhoffen läßt, aber schon in der Strophe ausgebremst wird und im Wechselspiel diverser Tempi und Dynamiken letztlich austauschbar wird. Eigentlich machen die WarKings genau die Sorte Musik, in der man eine (in Ziffern: 1) Songidee auch zu einem (in Ziffern abermals: 1) Song ausarbeiten kann und nicht das Wort Songwriting so buchstabieren muß, dass man eine große Zahl Ideen nacheinander spielt und das als Song bezeichnet. Manchmal halten sie sich auch an die gute alte Songwritertugend, aber hier und da schießen sie klar übers Ziel hinaus, etwa im doomigen „Azrael“, das etliche Durchläufe braucht, um sich zu erschließen, aber dem im Hauptsolo ein völlig unpassender treibender Part eingeklebt wurde. „Battle Of Marathon“ sieht Neuhauser etwas rauher vokalisieren, aber da ist ein Refrain der Marke „Magnum in Metal übersetzt“ drin, und schon paßt das Ganze wieder nicht zusammen, obwohl die temposeitig geschickt eingesetzten „Run“-Textteile eigentlich das Grundkorsett auf vielversprechende Weise zu bauen begonnen haben – dass es sich trotz des Sujets um den mit Abstand kürzesten neuen Song handelt, geht als Kuriosum durch. Das mit hörspielartigen Passagen ausstaffierte „Warking“ könnte live besser funktionieren als in der überambitioniert wirkenden Albumversion, prägt sich refrainseitig aber auch schneller ein, als manchem lieb sein wird, und von den zehn regulären Songs wurde bisher nur „Maximus“ noch nicht erwähnt, das einen der besseren Refrains in einen auch eher unauffälligen Song baut.
Wie das Debütalbum enthält auch Revenge einen als Bonustrack gekennzeichneten Song, ohne dass klar wird, welche Pressung diesen denn nicht enthält. Dabei handelt es sich um „Sparta“ in der Audiofassung der Videoversion – auf dem Debüt hatte dieser Song bekanntlich noch mit Growls von Thomas „Debauchery“ Gurrath gestanden, während in der Videoversion die Queen Of The Damned aka Melissa Bonny sang und spielte, wobei ihre etwas höher angelegte Stimme besser ins Gesamtbild paßt. Am bereits im Review zum Debüt angesprochenen Problem, dass der storyimmanente musikalische Stillstand im Hauptsolo dem Song selbst nicht wirklich gut tut, hat sich prinzipiell nichts geändert, aber trotzdem ist das ein weiterer Part der Scheibe, dem der Einzug ins Langzeitgedächtnis zuzutrauen ist, nicht zuletzt aufgrund der bereits viel längeren Erschließungszeit und der wirkungsvollen Refrainkonstruktion, die man auch mit dreieinhalb Promille noch korrekt mitbrüllen kann. Das Einnisten ins Langzeitgedächtnis muß man hier nicht bereuen und das des „Freedom“-Refrains auch nicht – zum peinlichen „Schlachtung“-Mantra ist oben bereits alles Wesentliche gesagt. Revenge bietet in der Gesamtbetrachtung wenig Gründe, es über Reborn zu stellen – wer das Debüt mochte, macht mit einem Blindkauf zumindest stilistisch nichts falsch, und vielleicht finden einzelne Songs ja auch noch ihre Liebhaber. Trotzdem zeigt bei kritischer Betrachtung das Konzept bereits erste Abnutzungserscheinungen.



Roland Ludwig



Trackliste
1Freedom4:20
2Maximus4:12
3Warriors3:52
4Fight In The Shade3:58
5Odin’s Sons4:29
6Banners High4:21
7Mirror, Mirror3:45
8Azrael4:13
9Battle Of Marathon3:14
10Warking4:16
11Sparta3:27
Besetzung

The Tribune (Voc)
The Crusader (Git)
The Viking (B)
The Spartan (Dr)



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